Über dem Radar
Nach Dirk Nowitzki spielen mehr starke deutsche Basketballer in der NBA als je zuvor
RAVENSBURG - Die 75. NBA-Saison beginnt am Dienstag – mit dabei: fünf talentierte Deutsche. Woher sie kommen und wohin es geht.
Dennis Schröder
Der gebürtige Braunschweiger erzielte vergangene Saison fast 19 Punkte pro Partie für die Oklahoma City Thunder – als Einwechselspieler. Fans und Experten sahen den Nationalspieler schon als Gewinner der durchaus prestigeträchtigen Trophäe des besten Bankspielers der Saison – bekommen hat diese aber ein anderer, was eine kleine Welle der Empörung auslöste. Und nicht nur dabei wurde der 27-Jährige ausgeklammert – Schröder wurde im Zuge der totalen Verjüngungskur der Thunder ausgemustert.
Dies ist aber nur die Vorgeschichte des wohl größten Wechsels eines deutschen NBA-Profis überhaupt. Denn Schröder spielt nun für die Los Angeles Lakers – den amtierenden Meister. Das passt: In Dennis Schröder hat sich Coach Frank Vogel einen der schnellsten Aufbauspieler der Liga geholt. Die Spieleröffnung war das bisher größte Defizit der Lakers – der Deutsche könnte zur Nummer drei neben den Superstars Anthony Davis und LeBron James werden. „Er steht auf jeden Fall für die Startformation zur Debatte und ich weiß, dass er einer unserer wichtigsten Spieler und einer mit vielen Minuten sein wird“, sagte Vogel. Vieles spricht dafür, dass Schröder im Sommer
der zweite Deutsche neben Dirk Nowitzki wird, der einen NBA-Meisterring am Finger trägt.
Daniel Theis
Der Center Daniel Theis erreichte vergangene Saison mit seinen Boston Celtics das Halbfinale der Playoffs, spielte die meiste Zeit in der Startformation und erregte Aufsehen mit seinen Dunks und Blocks. Der 28-Jährige, der zwei Jahre für Ratiopharm Ulm spielte, hat es beim traditionsreichsten Club der NBA aber nicht leicht. Viele Journalisten betonen immer wieder, dass die Celtics einen besseren Center brauchen, um endlich wieder die NBA-Finals zu erreichen. Während sich die Reporter über Theis’ Schwächen auslassen, ist der Deutsche bei den Celtics-Fans beliebt. Gerade weil er neben den Topstars Jayson Tatum und Kemba Walker manchmal etwas hölzern wirkt, seine Schwächen aber mit Kampfgeist ausgleicht. Außerdem macht Theis seine Teamkollegen besser, indem er ihnen den Weg zum Korb freiblockt – das macht er so gut wie kaum ein anderer in der NBA.
Allerdings: Mit Tristan Thompson haben sich die Celtics auf der Center-Position verstärkt. Der verzichtet sogar auf das bessere Gehalt seines Ex-Clubs, um für Boston aufzulaufen. Thompson will in den Play-offs spielen – und in der Rotation vor Daniel Theis stehen.
Maximilian Kleber
Bei den Dallas Mavericks ging es in der vergangenen Saison nur um einen – nein, nicht um Maxi Kleber, sondern um Luka Doncic. Viele sehen im Slowenen bereits den besten Spieler der neuen Saison. Und Kleber? Der etabliert sich im Windschatten Doncics zu einem soliden NBA-Starter. In der vergangenen Saison spielte Kleber durchschnittlich vier Minuten länger als im Jahr zuvor. Er erzielte mehr Punkte, sorgte für Highlight-Dunks und war maßgeblich daran beteiligt, dass die Mavericks nach drei erfolglosen Jahren wieder die Play-offs erreichten.
Diese fanden auf dem abgeriegelten „Disney-World“-Gelände in Florida statt. Während sich im ganzen Land Pandemie, Wahlen und BlackLives-Matter-Bewegung zu einer einmaligen Krise zusammenbrauten, nutzten die NBA-Profis die Bühne – mit Friedensbotschaften auf den Trikots, Spielboykotts und öffentlicher Kritik an Donald Trump. Mit dabei: Maxi Kleber. Auffällig häufig äußerte sich der Würzburger in Interviews mit deutschen Medien über die Situation in den USA. Einige afroamerikanische Teamkollegen hätten Angst, bei einer Polizeikontrolle das Auto zu verlassen, erzählte Kleber beispielsweise. Dass ausgerechnet Kleber Stellung bezieht, liegt wohl auch am Teambesitzer der Dallas Mavericks. Marc Cuban ist bekennender Trump-Gegner.
Moritz Wagner & Isaac Bonga
Die Karrieren von Moritz Wagner und Isaac Bonga sind unweigerlich miteinander verbunden. Sie starteten 2018 ihre NBA-Karriere bei den
Los Angeles Lakers und wurden beide zur Saison 2019/20 nach Washington verscherbelt. Dort haben Wagner und Bonga ihre Rollen ausgefüllt, müssen aber weiterhin um ihre Minuten kämpfen.
Dabei sind die Voraussetzungen der beiden ganz unterschiedlich. Moritz Wagner ist der Schillernde, er hat seine eigene Doku und fällt durch seine aufsässige Art auf. 2018 spielte Wagner im großen Finale des UniBasketballs, war Leistungsträger und Publikumsliebling am Michigan College. Im NBA-Draft wurde er an 25. Stelle verpflichtet. Und Isaac Bonga? Der besuchte kein ruhmreiches College, wurde 2018 spät in der zweiten Runde aus Frankfurt in die NBA gedraftet. Der 21-Jährige taucht in der Statistik kaum auf – seine Stärke ist die Verteidigung. Vergangene Saison hatten beide ähnlich viel Einsatzzeit – für Bonga, der keine Erwartungen zu erfüllen hat, war es ein erfolgreiches Jahr. Wagner hinkt derweil den Ansprüchen hinterher, die um ihn herum aufgebaut wurden.
Die Wizards haben sich nun mit der offensiven Allzweckwaffe Russell Westbrook verstärkt – Sorgen bereitet die Defense. Bonga kann als verlässlicher Verteidiger mit einer festen Rolle rechnen – von Wagner muss ein Entwicklungsschritt kommen.
Nicht berücksichtigt: Isaiah Hartenstein kam in Houston nur zu Kurzeinsätzen, versucht sich jetzt in Denver zu beweisen.