Jubiläumsglocke läutet zum ersten Mal
Heilige Katharina ist Schutzpatronin und zeigt Parallelen zu anderen schweren Zeiten auf
In Emmingen-Liptingen hat sie ihren Platz in der Kirche St. Silvester gefunden.
EMMINGEN-LIPTINGEN - Das Emminger Jubiläumsjahr geht zu Ende. Es ist anders gelaufen als geplant. Statt großer Feierlichkeiten sind viele Veranstaltungen entweder komplett ausgefallen oder wurden im kleineren Rahmen abgehalten. Ein Beispiel dafür war die Weihe der Jubiläumsglocke. Inzwischen ist sie, ganz ohne öffentliche Beteiligung, an ihren Platz im Turm gehängt worden. An Silvester soll sie nun das erste Mal läuten und das Jahr 2020 beschließen.
Lange stand die Jubiläumsglocke in der katholischen Kirche St. Silvester und konnte von den Kirchenbesuchern begutachtet werden. Grün schmückte sowohl die in diesem Jahr gegossene Glocke als auch das Holzkonstrukt, das sie hielt. Vor ihr waren Kerzen aufgebaut. Nun hängt sie neben der alten Sebastiansglocke im Kirchturm.
Bei der Turmsanierung vor einigen Jahren zeigte sich, dass noch eine weitere Glocke Platz im Glockenturm finden kann. Damals bekam die größte der Glocken, die Christ-König-Glocke, einen eigenen Glockenstuhl und wurde im Zuge dessen ein Stockwerk weiter nach oben gehängt. Die Marien-, Silvester- sowie beiden Sebastians-Glocken wurden neu angeordnet und so blieb Raum für eine weitere Glocke. Die Idee für die Jubiläumsglocke war geboren. Vor 1200 Jahren ist Emmingen das erste Mal urkundlich erwähnt worden. Anlässlich des Jubiläums wurde dann in diesem Jahr die Jubiläumsglocke gegossen.
Im September wurde sie schließlich von Erzbischof Stephan Burger geweiht. Ein emotionaler Moment für Pfarrer Ewald Billharz und die Gläubigen. „Wer erlebt denn noch eine Glockenweihe? Das ist inzwischen ein sehr seltenes Fest geworden“, erklärt Billharz. Außerdem komme hinzu, dass die Glocke – die Kosten liegen bei etwa 10 000 Euro – durch Spenden finanziert worden sei. „Das Geld war schnell zusammen“, erinnert er sich. Auch mit Blick in die Zukunft spricht der Pfarrer von einem emotionalen Erlebnis. Denn wenn in hunderten von Jahren die Menschen die Glocke sehen, würden sie sich mit der jetzigen Zeit befassen.
„Sie wurde auf die heilige Katharina geweiht“, erklärt Ulrike Störk. Denn: Die Patronin ist in der Kirche St. Silvester sowohl auf dem Bild des Hochaltars, wie auch als Figur auf dem Seitenaltar zu finden, schildert die Pfarrgemeinderätin der Seelsorgeeinheit Egg. Mit der Entwicklung der Corona-Pandemie sei aber zusätzlich eine Parallele entstanden. Denn wie Störk und Billharz schildern, passe die Namensgebung umso besser, sei die heilige Katharina doch auch Schutzpatronin bei der Pest gewesen. „Wenn man das in Beziehung zu heute setzt, bekommt die Glocke nochmal eine ganz andere Bedeutung“, sagt Billharz. „Den Namen haben wir aber zuvor ausgesucht“, so Störk.
Als es um die Beschriftung gegangen sei, habe man sich aber dazu entschieden, Corona zum Thema zu machen. „Im Jahre der Corona-Pandemie, die Tod, Angst und Schrecken in der ganzen Welt verbreitet, erklinge ich zu Ehren der heiligen Katharina von Alexandrien und rufe euch zu: Der Herr ist die Zuflucht, dir begegnet kein Unheil. Psalm 91“, ist auf der gut 75 Zentimeter großen und 250 Kilogramm schweren Glocke zu lesen.
Sie sei aus Bronze und Kupfer gegossen, daher habe sie auch ihre rötliche Farbe, erklärt Hausmeister Franjo Karsaj. Noch als die Glocke vor dem Altar der Kirche steht, geht er die mehr als 100 Stufen des Kirchturms hinauf und zeigt, wo das Jubiläumswerk ihren Platz finden wird. „Die älteste und die jüngste Glocke hängen in einem Joch“, sagt er und zeigt auf die kleine Sebastians-Glocke aus dem Jahr 1618. Am Montag nach dem 4. Advent ist die Jubiläumsglocke dann in den Turm gehoben worden (wir haben berichtet). Wie so oft in diesem Jahr anders als vorgesehen: „Geplant war eigentlich, dass das eine größere Veranstaltung gibt. Nun war die Öffentlichkeit nicht dabei. Der offizielle Glockenhub musste ausfallen“, sagt Störk.
Doch nicht nur auf die geplanten Feierlichkeiten habe sich die Pandemie ausgewirkt. In diesem Jahr habe eine Art Neuorientierung stattgefunden, schildert Billharz. „Es hat sich gezeigt, inwieweit die Kirche in dieser Geschichte systemrelevant war und ist“, sagt er. „Die Frage nach dem Glauben und Gott ist da.“Die Seelsorge sei mehr gefragt gewesen als vor der Pandemie, so sein Eindruck.
Er glaube, dass die Menschen in Zukunft in vielen Dingen „einfacher“werden und sich insbesondere in der Region der Freiheiten vom Örtlichen mehr bewusst werden müssten. Dass dieser Prozess durchaus schon begonnen habe, habe sich am Interesse der Leute an den diesjährigen Prozessionen zu den Pestkreuzen in Emmingen gezeigt, so Billharz. Schließlich erinnern diese an vergangene, schwere Zeiten. „Dass in so einer Zeit der Bezug da ist, nach Gott und dem Sinn des Lebens zu suchen, sehe ich schon“, sagt Billharz, der findet, dass diese Einstellung nicht verloren gehen sollte.
Nun, da die Jubiläumsglocke ihren Platz im Turm gefunden hat, steht ihr erster Einsatz bevor. „Das Festgeläute wird durch sie ergänzt. Für die Feiertage haben wir eine Glocke mehr“, sagt Störk. Das erste Mal erklingen wird das Cis der Glocke zum Silvestergottesdienst. Pfarrer Billharz sagt: „Die Jubiläumsglocke beschließt das Jahr.“
Ein Video, wie die Jubiläumsglocke in den Turm gehoben wurde, finden Sie online unter:
●» www.schwäbische.de/jubiläumsglocke_Emmingen-Liptingen