Knall beim VfB
Hitzlsperger tritt gegen Vogt als Präsident an und teilt aus: Der Club sei innerlich vergiftet
Thomas Hitzlsperger will Präsident Claus Vogt stürzen
STUTTGART - Wer VfB Stuttgarts Präsident Claus Vogt zu erreichen versuchte, bekam die volle Dröhnung aufs Ohr: „VfB, VfB, VfB“schallte dem Anrufer aus zahlreichen Fankehlen entgegen, dann Stille und die automatische Ansage, dass Vogt derzeit nicht zu sprechen sei. Und musste ja auch erst einmal sacken, was sich kurz zuvor öffentlich Bahn gebrochen hatte: Denn der Noch-Präsident hat nun ab sofort einen prominenten Gegenkandidaten bei der Wiederwahl: Thomas Hitzlsperger. Der Vorstandsvorsitzende und zugleich Sportvorstand sorgte vor dem Jahreswechsel höchstpersönlich für einen mächtigen Knall am Wasen. Und nicht nur das: Der 38-Jährige sprach dem derzeitigen Präsidenten die Eignung für dieses Amt ab und entfachte generell einen Machtkampf um die Vereinsspitze.
Der Ex-Nationalspieler wird selbst bei den Präsidentschaftswahlen am 18. März 2021 antreten, mit dem Ziel, den Club „zu vereinen und eine Entwicklung zu stoppen, die den VfB innerlich vergiftet“. Denn „ein tiefer Riss geht durch unseren Club“, schrieb der Vorstandschef der ausgegliederten Profiabteilung der Schwaben in seinem ausführlichen Statement, das einer Abrechnung gleichkommt. Dieser Riss verlaufe zwischen Präsident und Aufsichtsratschef Vogt auf der einen sowie „dem gesamten Vorstand der AG und zahlreichen Gremiumsmitgliedern aus Präsidium, Aufsichtsrat und Vereinsbeirat sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auf der anderen Seite“, so Hitzlsperger. „Dieser Zustand ist nun endgültig unzumutbar geworden.“
In dem vierseitigen offenen Brief kritisierte Hitzlsberger durchgehend Vogt: „Der Profilierungswunsch eines Einzelnen bedroht so die Existenz des ganzen Vereins. Für den Verein steht der Präsident in der Verantwortung, nicht der Vorstand, nicht der Vereinsbeirat, nicht der Trainer.“
Hintergrund für Hitzlspergers Bewerbung soll ein interner Machtkampf bei den Stuttgartern sein. Der erst seit Dezember 2019 amtierende Vogt zog sich mit kritischen Nachfragen in seiner Funktion als Aufsichtsratsvorsitzender angeblich den Zorn altgedienter VfB-Funktionäre zu. Darüber hinaus nutzt er wohl seine in der Vereinssatzung festgeschriebene Kontrollfunktion sehr ausgiebig. „Claus Vogt ist mit Zielen und Vorstellungen angetreten, die uns allen wichtig sind. Ein Jahr später ist so gut wie nichts davon umgesetzt“, schrieb Hitzlsperger: „Bei keinem dieser Themen, bei denen der Präsident die Führung übernommen hat, gibt es erkennbare Fortschritte. Es tut mir leid, aber das lässt sich nicht auf die Corona-Pandemie schieben.“
Der 51-jährige Vogt präsentiere sich als „Fan-nah“, komme intern aber seinen Informationspflichten nicht nach. „Und sensible Interna landen allzu oft bei Dritten außerhalb des VfB.“Hitzlsperger stört sich auch an Vogts Umgang mit der Datenaffäre.
Zwischen 2016 und 2018 sollen VfB-Mitarbeiter wiederholt Mitgliederdaten an Dritte weitergegeben haben. Vogt beauftragte die externe Firma Esecon mit der Aufarbeitung. Die „unkontrolliert ausufernden Kosten“hätten dazu geführt, „dass die AG den Verein unterstützen muss, um ihn vor der Zahlungsunfähigkeit zu bewahren“, schrieb Hitzlsperger. Und weiter giftet Hitzlsperger in Richtung Vogt: „In der Gremienarbeit verliert er sich in Details, er führt nicht, er informiert zu wenig, er fällt selten Entscheidungen, er pflegt keinen offenen Austausch und keinerlei Streitkultur.“Hitzlsperger formulierte eine düstere Zukunftsprognose. „Wir sind auf dem Weg, kaputtzumachen, was wir in den letzten zwölf Monaten erreicht haben.“Die Lösung:
Thomas Hitzlsperger
„Meine Kandidatur soll ein Ausweg aus dieser Lage sein.“
Hat Hitzlsperger Erfolg, ist er endgültig der starke Mann bei den Schwaben. Denn er strebt eine Doppelfunktion als Präsident des Hauptvereins und Vorstandschef der AG an, deren Aufsichtsrat würde er – anders als Vogt bisher – dann nicht angehören. Neben dem früheren Mittelfeldspieler und Vogt haben sich noch der Remstäler Geschäftsmann Volker Zeh und Friedhild Miller, die jüngst mit ihrer Bewerbung als Stuttgarter Oberbürgermeisterin gescheitert war, für die nächste Präsidentschaftswahl beim VfB beworben. Der Vereinsbeirat wählt in den kommenden Tagen zwei Bewerber aus, die sich am 18. März dann dem Votum der Mitglieder stellen dürfen.
Er wisse, „welche Risiken mit meinem Schritt verbunden sind“, schrieb Hitzlsperger. „Eine Auseinandersetzung wie diese ist hart und kann dem Image des VfB einen Kratzer zufügen.“Aber ein Kratzer sei „besser als ein Totalschaden“.
„Der Profilierungswunsch eines Einzelnen bedroht so die Existenz des ganzen Vereins.“