Mehr Marktzugang, mehr Rechtssicherheit, besseres Wettbewerbsumfeld
Was das Investitionsabkommen zwischen der EU und China bringt und ob der Pakt die hohen Erwartungen erfüllt
BRÜSSEL/PEKING (dpa) - China und die EU haben sich grundsätzlich auf ein zukunftsweisendes Investitionsabkommen geeinigt. Nach sieben Jahren verkündeten Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und chinesische Staatsmedien am Mittwoch den Abschluss der Verhandlungen, auch wenn die letzten Details noch ausgehandelt werden müssen. Was bringt das Abkommen und wo bringt es nichts? Fragen und Antworten im Überblick:
Was verspricht sich die EU von dem Investitionsabkommen?
Aus Sicht der EU soll es den Zugang europäischer Unternehmen zum chinesischen Wachstumsmarkt verbessern und die Wettbewerbsbedingungen angleichen. Dadurch neu geschaffene Geschäftsmöglichkeiten sollen das Wachstum in der EU und die Erholung von der Pandemie beschleunigen.
Wie ist die Situation derzeit?
Es herrscht Ungleichheit. Der europäische Markt ist für chinesische Unternehmen offener als der chinesische Markt für EU-Firmen. Der chinesische Staat greift häufig ein, wodurch europäische Unternehmen nicht nur in der Volksrepublik diskriminiert werden, sondern auch Probleme auf Drittmärkten und selbst daheim in der EU bekommen. Ursache sind intransparente Industriesubventionen, die Bevorzugung von Staatsunternehmen oder der Zwang zum Technologietransfer.
Welche Bereiche des chinesischen Marktes sollen offener werden?
EU-Unternehmen sollen künftig einen besseren Zugang in den Bereichen Finanzen, Computer, Transportdienste zur See oder in der Luft, Forschung und Entwicklung, Fahrzeuge mit alternativen Antrieben, Telekommunikation, Cloud-Dienste und beim Betrieb privater Krankenhäuser in ausgesuchten Orten haben.
Was soll sich sonst noch ändern?
China will bei staatlichen Subventionen transparenter werden und Investitionen vereinfachen. Europäische Unternehmen sollen nicht mehr gezwungen werden können, Gemeinschaftsunternehmen mit chinesischen Partnern zu gründen. Doch weisen Experten darauf hin, dass eine „Negativliste“Chinas weiter Beschränkungen vorgibt.
Spielen für Chinas Zugeständnisse politische Überlegungen eine Rolle?
Für China hat eine Einigung mit den Europäern starke politische Symbolik – besonders vor dem Hintergrund des Handelskrieges mit den USA und der Machtübergabe in den USA. Der neue US-Präsident Joe Biden will weiter an den Zusatzzöllen festhalten. Ein Deal könnte es ihm erschweren, mit den Europäern eine Allianz zu schmieden.
Wozu verpflichtet sich Pekings Führung bei den Arbeitsrechten?
China verspricht, „dauerhafte und nachhaltige Anstrengungen“zur Ratifizierung zweier Konventionen der Arbeitsorganisation ILO gegen Zwangsarbeit zu unternehmen. Aber erstens bestreitet Chinas Führung, dass es überhaupt Zwangsarbeit gibt, und weist solche Vorwürfe vor allem im Umgang mit der muslimischen Minderheit der Uiguren als „völlig grundlos“zurück. Und zweitens hat China auch schon früher seinen Ankündigungen keine Taten folgen lassen.
Wird das Investitionsabkommen die Benachteiligung ausländischer Unternehmen bei der öffentlichen Beschaffung in China ändern?
Nein. Dieses alte Streitthema wurde ausgenommen.
Werden Investitionen durch das neue Abkommen geschützt?
Nein. Über den Investitionsschutz wird separat verhandelt. Beide Seiten wollen die Verhandlungen darüber innerhalb von zwei Jahren nach
Unterzeichnung des Investitionsabkommens abschließen.
Was ist mit der Streitbeilegung zwischen Unternehmen?
Das Abkommen sieht einen Mechanismus für Konsultationen oder auch ein Gremium aus drei unabhängigen Experten vor, die eine Schlichtung versuchen sollen. Jeweils ein Experte wird von jeder Seite von einer vorher bestimmten und regelmäßig aktualisierten Liste gewählt, während der Vorsitzende per Los ausgesucht wird. Die Experten sollen einen eigens angehängten Verhaltenskodex befolgen.
Wann wird das Abkommen fertig sein und wer muss zustimmen?
Auf die grundsätzliche politische Einigung folgen Verhandlungen über juristische Details des Textes. Die EU-Kommission erwartet einen Abschluss erst „Anfang 2022“. Die EUMitglieder und das Europäische Parlament müssen dem Abkommen zustimmen, um es zu ratifizieren.