Schluss mit Lehrstand: Tuttlingen sucht einen Flächenmanager
Nach Kündigung von Sandra Hööck schreibt die Stadtverwaltung die Stelle erneut aus, und erneut befristet
TUTTLINGEN - Die Stadt will auch künftig Leerstände bei Grundstücken und in Wohnhäusern ermitteln und deren Besitzer ansprechen. Das Rathaus hat wieder die Stelle eines Flächenmanagers ausgeschrieben.
Wer aufmerksam durch die Stadt geht, sieht Leerstände überall: brach liegende Grundstücke, Wohnungen, die offenkundig nicht bewohnt werden – leere Fensterhöhlen, dauerhaft heruntergelassene Jalousien, kein Name am Klingelschild. Gleichzeitig steigen die Einwohnerzahlen. Neue Baugebiete aber fressen Flächen im Außenbereich, sind ökologisch bedenklich. Die Stadt hat dieses Problem erkannt und will mit Bürgerinnen und Bürgern reden, die – aus welchen Gründen auch immer – Wohnraum oder Bauflächen ungenutzt lassen. Das ist die Hauptaufgabe eines Flächenmanagers – auf Immobilienbesitzer zugehen, ihnen Möglichkeiten aufzeigen, deren Bereitschaft
wecken, Brachen zu nutzen, Leerstände zu aktivieren.
Den Versuch dazu gab es schon mal. Die Stadt nutzt ein Programm des Landes, solche Stellen oder besser: deren Personalkosten zu bezuschussen. Die gelernte Juristin Sandra Hööck, die im Dezember 2019 ihr zunächst auf zwei Jahre befristetes Amt aufgenommen hatte, wechselte bereits nach einigen Monaten zur Stadtverwaltung Bad Dürrheim, wo sie eine ähnliche Aufgabe versieht. Zunächst sollte ihre Position in Tuttlingen nicht wiederbesetzt werden, nicht zuletzt aus finanziellen Gründen in einem mittlerweile von Corona geschüttelten Finanzjahr.
Doch jetzt hat die Stadt die Tätigkeit wieder ausgeschrieben – unter gleichen Konditionen wie zuvor. Das heißt: eine auf zwei Jahre befristete Vollzeitstelle, die erneut vom Land gefördert wird. Die Stadt erhält vom Land einen Fixbetrag von 60 000 Euro, erklärt Wirtschaftsförderer Simon Gröger, dessen Amt das Flächenmanagement
zugeordnet ist.
Das entspreche bei einer Laufzeit von zwei Jahren einer Förderung von 50 Prozent, wenn man die Lohnnebenkosten einrechnet. Allerdings reduziert sich die Fördersumme für die Neuausschreibung auf 34 Prozent, weil ein Teil des Festbetrags ja schon auf die Stelle der Vorgängerin angerechnet worden ist – die Fördersumme aus Stuttgart bleibt gleich.
Das trägt die Stadt aber, weil sie die Notwendigkeit des Flächenmanagements sieht. Simon Gröger: „Durch immer knapper werdende Wohnbauflächen ist es sehr wichtig, die Innenentwicklung gezielt voranzutreiben, um attraktiven Wohnraum zu schaffen.“Vorrangige Aufgaben sind die „gezielte EigentümerAnsprache und Beratung“, um die „Aktivierung von innerörtlichen Flächenpotenzialen für Wohnzwecke“voranzutreiben. Als Grundlage soll eine Datenbank samt Informationsplattform dienen; Sandra Hööck hatte mit der Arbeit daran begonnen und hinterlässt ihrem Nachfolger eine detaillierte Daten-Erhebung und -Analyse der Baulücken und Leerstände
in Tuttlingen und den Stadtteilen.
Gesucht wird nun jemand, der einschlägige Erfahrungen aus der Immobilienbranche mitbringt; vorausgesetzt werden auch „ausgeprägt kommunikative Fähigkeiten“– soll heißen: Menschen ansprechen können, mit ihnen zusammen Ideen entwickeln, um freie Potenziale zu nutzen, sie dabei aber auch nicht unter Druck zu setzen.
Die Gründe, Bauareale und Wohnungen nicht zu nutzen, sind vielfältig: Angst von Investitionen beziehungsweise fehlende Eigenmittel, das Vorhalten von Immobilien als Wertanlage oder Erbe, Bedenken gegen möglicherweise problematische Mieter, Überalterung des Wohnraums, und, ja, auch Spekulation, um nur einige zu nennen. Das Lexikon nennt als Gegenteil von Leerstand den Wohnraummangel – hier setzt die Aufgabe des Flächenmanagements an, einen Ausgleich herzustellen.