Mietschulden durch Corona-Pandemie
Pachteinnahmen aus Gastronomie und Handel fehlen – 2021 soll unter anderem in ehemaliges Café Martin investiert werden
Der Wohnbau fehlen dadurch rund eine dreiviertel Million Euro an Pacht.
TUTTLINGEN - Auf fast eine Dreiviertel Million Euro beziffert Geschäftsführer Horst Riess die Summe, die in der Kasse der Tuttlinger Wohnbau inzwischen aufgrund von Corona fehlt. Das Geld würde die Wohnbau normalerweise durch Pacht einnehmen, vor allem durch die Vermietung an Einzelhandel und Gastronomie. Durch den Lockdown fallen diese Einnahmen weg.
Natürlich komme die Wohnbau ihren Mietern entgegen, sagt Riess. Zu den Mietern, das ist kein Geheimnis, gehören so prominente Namen wie das Irish Pub, das Scala-Kino oder das Café Dream. Die Mieten würden gestundet, also erst einmal aufgeschoben oder nur zum Teil verlangt, so Riess. Auch wenn die Wohnbau finanziell gut dastehe, sei das nicht leicht wegzustecken und schmerze. Klar sei aber: „Wenn wir die Mieten voll verlangen, machen die nie wieder auf“, meint Riess. Und er hat auch die Zukunft im Blick: „In solchen Zeiten ist es schwer, neue Mieter zu finden. Wir wollen unsere Mieter schon langfristig behalten.“Zudem sehe er es auch als Aufgabe der Wohnbau – die zu zwei Dritteln in städtischem Eigentum ist – an, „eine gewisse Infrastruktur in der Stadt aufrechtzuerhalten“. Kultur und Gastronomie gehörten dazu.
Zwar haben die Vermietungen an Gewerbe bei der Wohnbau nur einen Anteil von um die zwölf Prozent. Das Gros der fehlenden Mieteinnahmen ist dennoch dem Gewerbe zuzurechnen. Im Mietwohnungsbereich hat es laut Riess bislang nur sieben oder acht Einzelfälle gegeben, in denen aufgrund fehlender Einnahmen in der Coronakrise die Miete nicht bezahlt werden konnte.
Dennoch ist auch der Mietwohnungszweig von der Krise betroffen, vor allem die Studentenwohnungen und -zimmer. „Wir spüren merklich, dass sich die Vermietung in Zeiten von Homeschooling und digitalen Vorlesungen schwieriger gestaltet“, heißt es im Wirtschaftsplan für 2021, den die Wohnbau dem Gemeinderat Ende vergangenen Jahres vorgelegt hat. Das Unternehmen hat seine Erwartungen bei den Mieteinnahmen für 2021 deshalb heruntergeschraubt.
Trotz Corona-Hindernissen hat die Wohnbau 2021 einige Investitionen vor. Da wäre der neue Kindergarten
im Neubaugebiet Thiergarten, der Ende Januar eröffnet werden soll. Dann der Wohnkomplex an der Bodenseestraße, in dem 100 Wohnungen entstehen – 50 stehen zum Verkauf, 50 zur Vermietung. Oder die Einfamilienhaussiedlung, die in der Möhringer Vorstadt in Unter Jennung geplant ist. Auch der Bau des Drei-Kronen-Hof-Komplexes auf dem Union-Areal soll losgehen.
Daneben will die Wohnbau weiter in Dachausbauten und Nachverdichtungen investieren. In den vergangenen zehn Jahren seien dadurch 80 bis 100 neue Wohnungen entstanden, so Riess. „Uns gehen inzwischen aber die Dächer aus“, meint er. Im Gespräch seien nun Nachverdichtungen auf bestehenden Grundstücken.
Auf diese Weise sei etwa ein Wohnkomplex an der Röntgenstraße um ein Gebäude erweitert worden.
300 000 Euro stehen auch im Plan für die Sanierung des Gebäudes Königstraße 5. Das ehemalige Café Martin hatte die Wohnbau vergangenes Jahr gekauft. „Das Haus steht unter Denkmalschutz, wir müssen es also sensibel anfassen“, sagt Riess. An der Aufteilung – in den unteren beiden Geschossen Gastronomie, oben Wohnen – wolle man nichts ändern. Gespräche mit potenziellen Mietern für ein neues Restaurant oder Café liefen. Allerdings sei die Suche coronabedingt nicht einfach. „Wichtig ist uns, dass wir dort eine Bereicherung für Tuttlingen schaffen, die es aktuell noch nicht gibt“, so Riess.
Insgesamt rechnet die Wohnbau mit einem Umsatz von etwa 17,9 Millionen Euro für 2021. Die meisten Einnahmen kommen aus der Miete (10,9 Millionen Euro), kleinere Beträge aus Fördermitteln, aus Architektenhonoraren für Drittprojekte und aus der Wohnungsverwaltung. Die Wohnbau kalkuliert 2021 mit einem Gewinn von 1,2 Millionen Euro, voraussichtlich etwa eine halbe Million weniger als 2020.