Regierungspräsident will LEA in Sigmaringen halten
Betrieb der Erstaufnahme für Flüchtlinge über das Jahr 2022 hinaus angepeilt – Aktuell entwirft das Land ein Eckpunktepapier
SIGMARINGEN - Der Tübinger Regierungspräsident Klaus Tappeser spricht sich für einen langfristigen Verbleib der Landeserstaufnahmestelle in Sigmaringen aus. In einem Redaktionsgespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“sagte der CDU-Politiker, dass das Land dauerhaft auf den Standort Sigmaringen setzen möchte. Eine Entscheidung steht jedoch trotz der Positionierung des Regierungspräsidenten noch aus. Auf Grundlage eines in diesem Jahr entwickelten Eckpunktepapiers will das Land festlegen, in welchen Einrichtungen die Flüchtlinge künftig aufgenommen werden.
„In Sigmaringen läuft es sehr gut“, fasst Tappeser nach einem Besuch der LEA auf dem Kasernenareal die aktuelle Situation zusammen. Die unruhigen Zeiten, in denen in Sigmaringen die Emotionen in Zusammenhang mit Drogengeschäften, Ladendiebstählen, Alkoholdelikten und anderen Ereignissen hochkochten, scheinen weit in der Vergangenheit zu liegen.
Im Vorfeld des Redaktionsgesprächs hatte sich die Leserin Margarete Reiser mit der Frage an ihren Parteikollegen Tappeser gewandt, warum die Flüchtlinge, von denen häufig Kriminalität ausginge, nachts die Einrichtung verlassen dürften. Tappeser antwortet deutlich: „Weil wir kein Gefängnis sind.“Auch während der coronabedingten Ausgangsbeschränkungen seien die Tore zwischen 20 und 5 Uhr geöffnet. „Wir weisen auf die Ausgangsbeschränkungen hin, haben aber keine
Handhabe, Flüchtlinge zurückzuweisen“, sagt Tappeser.
Seit Dezember gibt es in Sigmaringen eine LEA in der LEA: Wer neu ankommt, darf den im Süden liegenden Quarantäne-Bereich 14 Tage lang nicht verlassen. Um das Ankunftszentrum in Heidelberg zu entlasten, werden die Flüchtlinge in Sigmaringen wieder registriert und gesundheitlich untersucht. „Das örtliche Gesundheitsamt erledigt das trotz Corona“, so der Regierungspräsident.
Die Zahl der in der Einrichtung lebenden Flüchtlinge stieg zuletzt auf rund 400 an, 55 von ihnen sind unter 18 Jahre alt. Tappeser: „Die soziale Situation erleichtert das Betreiben der Einrichtung.“
Weil sie auf die Aufnahme von 875 Flüchtlingen ausgelegt ist, wäre in der LEA noch Platz. Stichwort Moria-Flüchtlinge: Sollten die 100 aus Griechenland kommenden Flüchtling in Sigmaringen landen, „wären wir vorbereitet“, sagt der Regierungspräsident. Ein Block werde hierfür vorgehalten. „Wir haben einen Absonderungsbereich, sodass wir das gut machen können.“
Bevor er sich eindeutig für einen Verbleib der Landeserstaufnahmestelle in Sigmaringen ausspricht, macht er die Vorteile für die Stadt deutlich: Rund 250 krisensichere Arbeitsplätze (Vollzeit-Äquivalente), die Menschen, so Tappeser, „wohnen zwar nicht alle in Sigmaringen, aber kaufen häufig in Sigmaringen ein“. Die LEA sei der größte Stromabnehmer und das neue Energiequartier Sigmaringen sei ohne die LEA kaum wirtschaftlich. Zudem erhalte die Stadt pro LEA-Bewohner jährlich eine Zuweisung vom Land in Höhe von etwa 1000 Euro. Wie kürzlich berichtet, hatte ein Rückgang bei den LEABewohnern zum 30. Juni vergangenen Jahres ein kräftiges Minus in der Stadtkasse zur Folge.
Wegen eingespielter Abläufe in einer sich hervorragend eignenden Räumlichkeit mit „genügend Raum für die Flüchtlinge“will sich Tappeser für eine Verlängerung des Vertrags mit dem Land stark machen. Seine Tübinger Behörde ist in die Überlegungen des Landes eingebunden, das bis zur Jahresmitte einen Vorschlag erarbeiten möchte. Danach will das Land auf die Städte zugehen und Gespräche führen. Der im Jahr 2017 geschlossene Vertrag sieht vor, dass im kommenden Jahr neu verhandelt wird.
Wie diese Absicht des Regierungspräsidenten in Sigmaringen ankommt, wird sich zeigen. Als die LEA eröffnet wurde, wehrte sich eine nennenswerte Zahl von Bürgern mit einer Demo, Unterschriftenaktionen und der Gründung einer Initiative.