Deutlich mehr Sterbefälle
Vor allem im Dezember gab es auch durch Corona deutlich mehr Tote als im Vergleichszeitraum, berichten die Bestatter
Mitarbeiter im Krematorium kommen mit Einäscherungen kaum hinterher.
TUTTLINGEN - Die Mitarbeiter des Krematoriums am Tuttlinger Friedhof machen seit einigen Wochen Überstunden. Ein Schichtdienst wurde eingeführt, sie arbeiten zudem auch an Samstagen und an den Feiertagen. „Es ist tatsächlich so, dass wir an der Kapazitätsgrenze angekommen sind“, teilt der städtische Pressesprecher Arno Specht mit.
Allein im Dezember gab es in Tuttlingen 158 Einäscherungen. Zum Vergleich: „In den letzten Jahren hatten wir im Schnitt etwa 100 Einäscherungen im Monat“, sagt Specht. Nur durch die Bereitschaft aller Mitarbeiter, auch an den Feiertagen an Weihnachten, Silvester und Dreikönig zu arbeiten sowie durch die Verlängerung der allgemeinen Arbeitszeiten „bekommen wir die Lage momentan noch in den Griff“.
Die Zahl der Todesfälle von Menschen, die zuvor laborbestätigt an Covid-19 erkrankt waren, stieg seit Anfang Oktober an. Bundesweit – so das Statistische Bundesamt – lag die Übersterblichkeit Anfang bis Mitte Dezember 2020 bei rund 24 Prozent.
Bestatter Steffen Hunzinger aus Tuttlingen kann das für die Donaustadt auch unterstreichen. Auf mindestens ein Drittel mehr als üblich schätzt er die Zahl der Beisetzungen, die er im Dezember vorgenommen hat – rund 50 Prozent davon seien Menschen gewesen, die an oder in Zusammenhang mit Covid-19 verstorben sind. Die meisten der Corona-Fälle kamen aus Krankenhäusern oder Pflegeheimen.
Die Todesfälle, die sein Bestattungsinstitut übernommen hat, hätten bis zur zweiten Januarwoche extrem zugenommen und normalisierten sich derzeit wieder. Im Dezember habe es nur drei oder vier Tage gegeben, an denen er nicht gearbeitet habe, darunter ein Tag an Weihnachten. Hunzinger befürchtet, dass die gestiegenen Todeszahlen durch Corona noch eine ganze Weile anhalten werden, wenn auch nicht auf solch hohem Niveau wie zuletzt.
Verstorbene mit Covid-19-Erkrankung müssen gesondert behandelt werden. Für die anliefernden Bestatter gelten strenge Hygieneregeln. Eine
zweite Leichenschau findet in Zusammenarbeit mit Ärzten des Gesundheitsamts und unter strengen Hygieneregeln statt, teilt die Stadtverwaltung mit. Dabei werden Schutzanzüge, Handschuhe und FFP2-Masken getragen. Die Augen werden zusätzlich mit einer Schutzbrille geschützt.
Auch Stefanie Horn, Geschäftsführerin des Bestattungsinstituts Horn in Tuttlingen, findet, „dass die Sterblichkeit Ende vergangenen Jahres etwas höher lag“als sonst im Durchschnitt. Alles auf Corona schieben möchte sie nicht. Doch auch sie hatte einige Fälle, an denen der Verstorbene an Corona erkrankt war.
In den größeren Städten hat die Übersterblichkeit zum Teil zu längeren Wartezeiten bei den Einäscherungen und damit zwangsläufig auch bei den Beisetzungen geführt. „Fairerweise muss man sagen, dass es in Tuttlingen meist sehr schnell geht“, sagt Horn. Darauf weist auch die Stadt Tuttlingen mit Blick auf die vergangenen Wochen hin: „Im Regelfall wird dennoch bei Vollständigkeit aller erforderlichen Begleitpapiere innerhalb von drei Werktagen eingeäschert.“Eine Bestattungsart ist bei Toten, die Corona-Infizierte waren, nicht vorgeschrieben. Erdbestattungen sind genauso wie Feuerbestattungen zulässig. Nicht gestattet aber ist eine offene Aufbahrung.
Stefanie Horn und ihr Kollege Hunzinger kennen auch Fälle, in denen es bis zur Beisetzung etwas länger dauerte, zeigen aber Verständnis dafür. Schließlich würden nicht nur die drei Bestatter vor Ort die Verstorbenen zur Einäscherung ins Krematorium in den Tuttlinger Friedhof bringen, sondern auch Institute aus der Region.
Horn hat im Austausch mit Kollegen aus dem Kreis Konstanz mitbekommen, dass die Bestatter jenseits der Kreisgrenze zuletzt längst nicht so beschäftigt waren wie ihre Tuttlinger Kollegen. Dort sei die Übersterblichkeit offenbar nicht oder nicht so stark aufgetreten.