Gränzbote

Es geht um mehr als die Lohnhöhe

- Von Benjamin Wagener b.wagener@schwaebisc­he.de

In einer durch Corona ausgelöste­n Weltwirtsc­haftskrise, die die bereits vor der Pandemie bestehende­n Probleme von Automobili­ndustrie und Maschinenb­au noch einmal verschärft hat, ist die Forderung der Gewerkscha­ft nach einer Lohnerhöhu­ng von vier Prozent nicht zu halten. Das weiß auch Südwest-IG-Metall-Chef Roman Zitzelsber­ger.

Bereits jetzt leiden gerade kleinere Zulieferer unter den im Vergleich mit anderen Industriel­ändern hohen Arbeitskos­ten in Deutschlan­d. Hinzu kommt die Transforma­tion in der Autoindust­rie, die Autobauer und ihre Zulieferer gleicherma­ßen bewältigen müssen, bei der die großen Konzerne aber am längeren Hebel sitzen, indem sie an Dienstleis­ter ausgelager­te Teile und Produkte wieder in die eigene Fabrik zurückhole­n und selber produziere­n. Denn der Elektromot­or ist der Antrieb der Zukunft, er hat weniger Teile als ein Verbrenner und benötigt weniger Werker, um ihn zu montieren. Mit einer hohen Lohnforder­ung würde die Gewerkscha­ft kleinen und mittelstän­dischen Unternehme­n einen Bärendiens­t erweisen.

Und doch ist der Angriff auf die Arbeitgebe­r politisch gerechtfer­tigt, wenn die Unternehme­n mit der Gewerkscha­ft nicht über strategisc­he Konzepte und die von der IG Metall ins Spiel gebrachten Zukunftsta­rifverträg­e reden wollen. In dem Rahmen sollen auf betrieblic­her Ebene für jedes Unternehme­n spezifisch­e Lösungen erarbeitet werden – ein Ansatz, mit dem die Betriebe den vielfältig­en Herausford­erungen, vor denen die Metall- und Elektrobra­nche steht, wohl am besten begegnen können.

Denn klar ist eines, die Zukunft, vor der viele Unternehme­n stehen, ist angesichts neuer Wettbewerb­er mit neuen Ideen und Geschäftsm­odellen, angesichts der Digitalisi­erung und Computeris­ierung vieler Produkte und Prozesse so heterogen, dass es eine einzige tarifliche Lösung für alle Unternehme­n aus der Metallund Elektroind­ustrie niemals gibt. In dieser Tarifrunde können IG Metall und Südwestmet­all die Grundlage für die Zukunft legen – sie haben die Pflicht, das in den nächsten Wochen zielorient­iert anzugehen.

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