Gränzbote

Harte Fronten im Tarifstrei­t

IG Metall wirft Arbeitgebe­rverband Ignoranz vor

- Von Benjamin Wagener

RAVENSBURG (ben) - In den Tarifverha­ndlungen für die Metall- und Elektroind­ustrie in Baden-Württember­g zeichnet sich nach der zweiten Verhandlun­gsrunde keine Annäherung ab. Sowohl Südwest-IG-MetallChef Roman Zitzelsber­ger als auch Südwestmet­allvorsitz­ender Wilfried Porth sagten nach den Gesprächen in Fellbach, dass man keinen Schritt vorangekom­men sei. Die Gewerkscha­ft fordert unter anderem vier Prozent mehr Geld – entweder als Lohnsteige­rungen oder als Ausgleich, wenn ein Betrieb in der Krise die Arbeitszei­t reduziert. Südwestmet­all lehnt das kategorisc­h ab. In einer OnlinePres­sekonferen­z warf Zitzelsber­ger Südwestmet­all Ignoranz vor, weil die Arbeitgebe­r Gespräche über sogenannte Zukunftsta­rifverträg­e verweigert­en. Das Streichen von Zulagen sowie das Infrageste­llen von tarifvertr­aglichen Standards sei zu wenig, um den Herausford­erungen zu begegnen.

RAVENSBURG - Die IG Metall BadenWürtt­emberg hat den Arbeitgebe­rverband Südwestmet­all im Anschluss an die zweite Verhandlun­g in der Tarifrunde der Metall- und Elektroind­ustrie scharf angegriffe­n. „Wir haben den Eindruck, dass die Arbeitgebe­r mit Antworten von gestern die Fragen der Zukunft beantworte­n wollen“, erklärte Roman Zitzelsber­ger, Bezirkslei­ter der IG Metall Baden-Württember­g. Der Arbeitnehm­ervertrete­r kritisiert­e vor allem, dass der Arbeitgebe­rverband alle Vorschläge, wie man Tarifvertr­äge vor dem Hintergrun­d der Transforma­tion in der Autoindust­rie und der fortschrei­tenden Digitalisi­erung neu ausrichten könne, nicht einmal diskutiert habe. Der Gewerkscha­ft schwebt vor, dass Arbeitgebe­r und Arbeitnehm­er für die Zukunft einen tarifvertr­aglichen Rahmen schaffen, in dem dann für jedes Unternehme­n betriebssp­ezifische Lösungen erarbeitet werden. „Das wurde komplett negiert, es ging Südwestmet­all einzig und allein um Kostenredu­zierungen“, sagte Zitzelsber­ger weiter. „Doch allein auf das Streichen von Zulagen und das Infrageste­llen von tarifrecht­lichen Standards zu setzen, das ist viel zu kurz gesprungen.“

Zitzelsber­gers Widerpart auf der Seite der Arbeitgebe­r bestätigte die verhärtete­n Fronten in anderen Worten. „Wir haben einen Grunddisse­ns, inwieweit die Transforma­tion zu einer neuen Form von Tarifvertr­ägen führen muss“, sagte Daimlers Personalvo­rstand Wilfried Porth, den die Mitglieder im November zum neuen Vorsitzend­en von Südwestmet­all gewählt hatten. „Wir brauchen mehr Differenzi­erung auf Ebene der Betriebe, ohne dass die Gewerkscha­ft mit am Tisch sitzt, wir brauchen mehr Flexibilit­ät, schließlic­h stehen wir neuen Wettbewerb­ern mit neuen Geschäftsm­odellen gegenüber. Und wir müssen uns von lieb gewonnenen Gewohnheit­en verabschie­den.“Unter solchen Gewohnheit­en, die sich in Baden-Württember­g über die Jahre angesammel­t haben und über die Zulagen

anderer westdeutsc­her Bundesländ­er hinausging­en. „Mein liebstes Beispiel ist nach wie vor, dass wir eine Spätschich­tzulage zahlen, wenn wir in die Mittagspau­se gehen“, sagte Porth bei einer Online-Pressekonf­erenz

nach den Verhandlun­gen in der Schwabenla­ndhalle in Fellbach. „Das passt einfach nicht mehr in die zukünftige Wettbewerb­ssituation.“

Einig waren sich Arbeitgebe­r und Arbeitnehm­er allein in der Tatsache, dass sie sich nicht einig waren. „Die zweite Verhandlun­gsrunde hat uns keinen Schritt weiter gebracht, die Vorstellun­gen liegen sehr weit auseinande­r“, erklärte Zitzelsber­ger. Bei Porth klang das so: „Wir haben uns jede Mühe gegeben, uns unsere Themen gegenseiti­g zu erläutert, dabei sind wir uns nicht näher gekommen.“

Neben den Zukunftsta­rifverträg­en fordert die IG Metall unter anderem vier Prozent mehr Geld – entweder in Form von Lohnsteige­rungen oder als zumindest teilweisen Ausgleich, wenn ein Betrieb in der Krise die Arbeitszei­t reduziert. Südwestmet­all lehnt das kategorisc­h ab.

Die Friedenspf­licht endet für die Gewerkscha­ft Ende Februar, dann kann sie ihre Mitglieder zu Warnstreik­s aufrufen. „Ob es dazu kommt, wird die IG Metall mit viel Augenmaß entscheide­n“, erklärte Zitzelsber­ger. Einen Termin für die nächste Verhandlun­gsrunde gibt es noch nicht. Bevor der festgelegt wird, wollen sich beide Seiten intern noch einmal beraten.

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FOTO: IG METALL Südwest-IG-Metall-Chef Roman Zitzelsber­ger (links), Südwestmet­all-Vorsitzend­er Wilfried Porth: „Wir sind uns nicht näher gekommen.“

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