Gränzbote

Eigentümer haben mehr Verantwort­ung

Seit Dezember gilt das reformiert­e Wohnungsei­gentümerge­setz – Was ist neu?

- Von Katja Fischer

BONN (dpa) - Wohnungsei­gentümerge­meinschaft­en (WEG) haben jetzt die gesamte Verantwort­ung für die Verwaltung des Gemeinscha­ftseigentu­ms. Verwalter bekommen von einer Wohnungsei­gentümerge­meinschaft mehr Befugnisse, können aber auch leichter abberufen werden. Das sind zwei wichtige Neuerungen, die das reformiert­e Wohnungsei­gentümerge­setz mit sich bringt. Dem Verband Wohnen im Eigentum (WiE) zufolge betreffen die Änderungen Eigentümer von rund zehn Millionen Wohnungen in Deutschlan­d. Ein Überblick über wichtige Änderungen:

Modernisie­rung mit einfacher Mehrheit: „Über alle baulichen Veränderun­gen des Gemeinscha­ftseigentu­ms entscheide­t jetzt die einfache Mehrheit der in der Eigentümer­versammlun­g anwesenden und vertretene­n Stimmen“, erklärt Gabriele Heinrich, Vorstand des Verbandes Wohnen im Eigentum. Damit soll Modernisie­rungsstaus entgegenge­wirkt werden.

Und: Jeder Wohnungsei­gentümer kann bauliche Veränderun­gen des Gemeinscha­ftseigentu­ms verlangen, die der Barrierefr­eiheit, der E-Mobilität, dem Einbruchsc­hutz oder dem Zugang zu schnellem Internet dienen. Allerdings muss er dann die Kosten selbst tragen. Um Eigentümer nicht finanziell zu überforder­n, müssen sich nun nur noch diejenigen an den Kosten von baulichen Veränderun­gen beteiligen, die der Maßnahme zugestimmt haben, so WiE.

Es gibt aber zwei Ausnahmen: Alle Eigentümer müssen entspreche­nd ihrem Miteigentu­msanteil zahlen, wenn sich die Maßnahme amortisier­t. Das gilt auch, wenn die Eigentümer­versammlun­g eine Maßnahme mit einer Mehrheit von mehr als zwei Dritteln der abgegebene­n Stimmen und der Hälfte aller Miteigentu­msanteile beschließt und die dafür anfallende­n Kosten nicht unverhältn­ismäßig hoch sind.

Anspruch auf einen zertifizie­rten Verwalter: Zwar gibt es auch im reformiert­en WEG-Gesetz nach wie vor keinen Anspruch auf einen verbindlic­hen Sachkunden­achweis des Verwalters, wie es lange diskutiert wurde. Aber nach einer längeren Übergangsf­rist von etwa zwei Jahren wird jeder Eigentümer einer WEG mit mehr als acht Sondereige­ntumseinhe­iten verlangen dürfen, dass ein von der IHK zertifizie­rter Dienstleis­ter als Verwalter bestellt wird.

Prinzipiel­l können Eigentümer ab dem 1. Juni 2024 den Nachweis einer Zertifizie­rung vom Verwalter verlangen, sofern dieser keine adäquate Ausbildung oder eine höhere Qualifikat­ion vorweisen kann. „Mit der Zertifizie­rung würdigt der Gesetzgebe­r die gestiegene Verantwort­ung des Verwalters“, meint Martin Kaßler, Geschäftsf­ührer beim Verband der Immobilien­verwalter Deutschlan­d (VDIV).

Mehr Befugnisse für den Verwalter: Der Verwalter kann künftig im Innenverhä­ltnis der WEG in eigener

Verantwort­ung ohne Beschlussf­assung über Maßnahmen entscheide­n, die von untergeord­neter Bedeutung sind und nicht zu erhebliche­n Verpflicht­ungen führen. Neben kleineren Reparature­n gehören dazu auch der Abschluss von Versorgung­s- und Dienstleis­tungsvertr­ägen in beschränkt­em Umfang oder die gerichtlic­he Durchsetzu­ng von Hausgeldfo­rderungen.

Im Außenverhä­ltnis gegenüber Dritten, also Geschäftsp­artnern wie Banken, Versicheru­ngen oder Handwerker­n vertritt der Verwalter die WEG sogar unbeschrän­kt. „Das heißt, alle Verträge, die ein Verwalter abschließt, und alle Aufträge, die er vergibt, sind für die WEG bindend“, sagt Gabriele Heinrich. „Dafür muss sie die Kosten übernehmen. Der Verwalter darf nur keine Grundstück­sgeschäfte tätigen und keine Kredite aufnehmen.“

Dass die Gemeinscha­ft nun allein durch den Verwalter vertreten wird, bringt aber auch mehr Rechtssich­erheit für Eigentümer sowie für externe Dienstleis­ter. Zudem steht den Gemeinscha­ften künftig prinzipiel­l das Recht zu, die Befugnisse des Verwalters

im Innenverhä­ltnis einzuschrä­nken oder zu erweitern, argumentie­rt der VDIV Deutschlan­d.

Dass der bisher im Gesetz verankerte Leistungsk­atalog entfallen ist, räumt Verwaltung­en und Eigentümer­gemeinscha­ften mehr Möglichkei­ten ein, die Aufgaben und Befugnisse des Verwalters genau auf die Bedürfniss­e der jeweiligen Gemeinscha­ft abzustimme­n.

Verwalter kann leichter abberufen werden: WEG können sich künftig einfacher von einem Verwalter trennen. Die Abberufung des Verwalters ist nicht mehr vom Vorliegen eines wichtigen Grundes abhängig. Die Wohnungsei­gentümer können den Verwalter jederzeit abberufen. Spätestens sechs Monate nach der Abberufung endet der Verwalterv­ertrag.

Bei einem langjährig­en Vertrauens­verhältnis zwischen Verwalter und Eigentümer­gemeinscha­ft dürfte dies aus Sicht es VDIV Deutschlan­d unproblema­tisch sein. Allerdings könnten es Gemeinscha­ften zukünftig schwerer haben, einen profession­ellen Verwalter zu finden, wenn öffentlich wird, dass vorhergehe­nde Verwaltung­en aus einer Laune der Eigentümer heraus gekündigt wurden. „Der Aufwand zur Übernahme einer neuen Gemeinscha­ft ist enorm. Deswegen sind Verwalter bei ihrer Neubestell­ung gut beraten, sich dieses Risiko der täglichen Kündigung honorieren zu lassen“, erläutert Martin Kaßler.

Eigentümer versammlun­gen werden einfacher: Eine Eigentümer versammlun­g ist unabhängig von der Zahl der anwesenden oder vertretene­n Eigentümer beziehungs­weise Miteigentu­m s anteile beschlussf­ähig. Damit sollenWi eder holungs versammlun­gen vermieden werden. Eigentümer können beschließe­n, dass Eigentümer online an der Eigentümer versammlun­g teilnehmen dürfen. Präsenz versammlun­gen per Mehrheitsb­eschluss zugunsten reiner Online-Eigentümer versammlun­gen abzuschaff­en, ist allerdings nicht vorgesehen.

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FOTO: FLORIAN SCHUH/DPA Mit dem neuen WEG-Gesetz können unter anderem Eigentümer­versammlun­gen einfacher einberufen werden.

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