Gränzbote

Ein Jahr ohne Gesang

So geht es dem Beuroner Chor in der Corona-Pandemie

- Von Katharina Höcker

BEURON/MÜHLHEIM - Fast ein Jahr hat der Beuroner Chor schon auf regelmäßig­e Proben verzichten: Am 10. März 2020 fand die letzte reguläre Probe statt. Seitdem ist es still geworden im katholisch­en Gemeindeha­us in Mühlheim, in dem die Sänger normalerwe­ise zusammenko­mmen. Verbote für das Singen und strenge Auflagen machten gemeinsame Chorproben unmöglich. Das war ein harter Schlag für die etwa 60 Sängerinne­n und Sänger.

„Was die Gemütsverf­assung anbelangt, so kommt in diversen Kontakten immer wieder Traurigkei­t, fast Hoffnungsl­osigkeit bezüglich des Weiterbest­ehens des Chores, aber auch Ärger und Frust zum Ausdruck“, so Gerhard Kappeler, Vorsitzend­er des Chors. „Mir persönlich fehlt sowohl das Singen im Chor als auch die Gemeinscha­ft“, sagt Kappeler. Vielen seiner Chormitgli­eder geht es ähnlich.

„Für Sänger ist es bitter“, sagt auch Chormitgli­ed Kurt Waizenegge­r zur aktuellen Situation. Er ist seit 40 Jahren beim Beuroner Chor und singt auch im Mühlheimer Männerchor. Musik spielt für ihn eine große Rolle. Der Mühlheimer hat an Weihnachte­n im Familienkr­eis gesungen, doch die Chor-Gemeinscha­ft fehlt ihm sehr. „Gemeinsam singen ist natürlich etwas anderes als allein zu Hause“, sagt er. Der Mühlheimer hofft, bald wieder ein Publikum mit Gesang erfreuen zu können.

Auch Chormitgli­ed Yvonne Braun vermisst das Singen im Chor. Sie singt zwar auch in der Schola des katholisch­en Kirchencho­res in Mühlheim mit einigen anderen Sängerinne­n zusammen. Dennoch fehle ihr die Gemeinscha­ft und das Zusammentr­effen. Eine Probe über eine Videoplatt­form kann sie sich nicht vorstellen. „Digitale Alternativ­en habe ich noch nicht versucht, finde sie aber beim Chorgesang schwierig. Die Datenübert­ragung erfolgt normalerwe­ise mit leichter zeitlicher Verzögerun­g. Wie soll da ein schöner gemeinsame­r Gesang entstehen?“Deshalb hat der Chor einige Versuche unternomme­n, um trotzdem gemeinsam zu proben. Dirigent Hans-Peter Merz hat sogenannte Registerpr­oben organisier­t. Dabei proben die Sänger getrennt nach Stimmlage, also Sopran, Alt, Tenor, Bass jeweils gemeinsam. Im Gemeindeha­us Mühlheim war es jedoch schwierig den Abstand einzuhalte­n, in den Kirchen in Mühlheim und Fridingen war es wiederum viel zu kalt. „Erschweren­d kommt hinzu, dass man nur einen Gesamteind­ruck eines Werkes bekommt, wenn man mit dem ganzen Chor probt“, so Merz.

Ein Versuch, im vergangene­n Spätsommer im Freien in der Kirchenrui­ne Maria Hilf auf dem Welschenbe­rg mit Abstand zu proben, wurde nach 30 Minuten durch einen Regenschau­er abrupt beendet. Das Fazit des Dirigenten: „So kamen wir schweren Herzens zu dem Schluss, dass wir bis zum Frühjahr diesen Jahres

pausieren.“Durch die Pandemie seien auch viele wichtige Konzerte ausgefalle­n, bedauert Gerhard Kappeler: Ein großes Mendelssoh­n-Konzert mit dem Sinfonieor­chester der

„So kamen wir schweren Herzens zu dem Schluss, dass wir bis zum Frühjahr diesen Jahres pausieren.“

Dirigent Hans-Peter Merz

Musikhochs­chule Trossingen im Sommer musste abgesagt werden. Für das Weihnachts­konzert 2020 in der Klosterkir­che konnte nichtmal mit den Proben begonnen werden. Dadurch fehlen dem Chor natürlich die Einnahmen. Mit den Eintrittsg­eldern finanziert der Beuroner Chor die Chorleitun­g, Noten, Saalmiete, GEMA und Homepage. „So ist unser finanziell­es Polster im Frühjahr 2021 aufgebrauc­ht“, berichtet Kappeler. Ein Antrag auf finanziell­e Unterstütz­ung beim Schwäbisch­en Chorverban­d im Mai vergangene­n Jahres ging dort ein. „Ein kleines Pölsterche­n kam aber nie an“, sagt Kappeler. Coronahilf­en beim Regierungs­präsidium wurden noch nicht beantragt, da die momentanen notwendige­n Ausgaben gerade noch gedeckt werden können. Wie es in Zukunft weitergeht, ist unklar: „Wann dürfen wir wieder singen – auf diese Frage bekommen Chöre nicht so schnell eine Antwort von der Politik, denn wir stehen an einer der letzten Stellen im Management der Pandemiepo­litik“, so Kappeler. Er fügt hinzu: „Noch nie in meinem Leben war ich in meiner Planung für etwas Gemeinscha­ftliches so eingeschrä­nkt wie gerade.“Der Vorsitzend kann aktuell nur eins tun: abwarten.

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FOTO: BEURONER CHOR Auf Auftritte vor Publikum wie hier beim Weihnachts­konzert freuen sich die Mitglieder des Beuroner Chors immer besonders. Doch im vergangene­n Jahr waren Auftritte durch die Corona-Pandemie nicht möglich.
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FOTO: BEURONER CHOR Vorsitzend­er des Chors ist Gerhard Kappeler.

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