Räte fühlen sich vom Vorstoß überrumpelt
In mehreren Beiträgen reagiert Gremium auf die Aussagen von Klaus Tappeser zur LEA
SIGMARINGEN - Der Vorstoß des Regierungspräsidenten in einem Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“zur Zukunft der Landeserstaufnahmestelle für Flüchtlinge stößt im Gemeinderat auf Unverständnis. „Ich habe den Eindruck, dass das Land uns nicht auf Augenhöhe sieht“, sagte Alexandra Hellstern-Missel von der CDU. „Wir sollten Herrn Tappeser in den Gemeinderat einladen und ihm sagen, wie wir seine Vorgehensweise finden“, ergänzte Gerhard Stumpp (Grüne). Wie berichtet, hatte Tappeser in einem Gespräch mit unserer Zeitung sich für den Verbleib der Landeserstaufnahme in Sigmaringen über das Jahr 2022 hinaus ausgesprochen. Ursprünglich sollte am Beginn einer politischen Diskussion eine Bestandsaufnahme des bisherigen Betriebs der LEA stehen. Auf dessen Grundlage wollten Land und Stadt über die Zukunft verhandeln.
Sie bezweifle, dass diese Evaluation überhaupt stattfinde, sagte Rätin Hellstern-Missel. „Dass Herr Tappeser mit seiner Aussage das Ergebnis vorweg nimmt, verärgert mich sehr.“
Von einem hochrangigen Vertreter des Landes war dies die erste
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Aussage zur Zukunft der Einrichtung, die sich seit dem Jahr 2015 auf dem Areal der ehemaligen GrafStauffenberg-Kaserne befindet. Tappeser hatte mehrere Gründe angeführt, die für eine Verlängerung sprächen. Auf dem früheren Kasernenareal gäbe es genügend Platz, der Betrieb sei eingespielt, zudem habe das Regierungspräsidium als Betreiber 250 Vollzeit-Arbeitsplätze geschaffen. Das Regierungspräsidium sei der größte Stromabnehmer der Stadtwerke und ein zentraler Kunde des entstehenden Energiequartiers Sigmaringen.
Über die von Tappeser aufgeführten Argumente wollten die Stadträte nicht streiten, sie stört vielmehr die Art und Weise seines Vorstoßes. „In so einer heiklen Frage ist es nicht in Ordnung, wenn man zuerst zur Zeitung geht“, sagte Gerhard Stumpp von den Grünen. Ulrike Tyrs von der SPD: „Dieses Vorgehen zeugt von einer unglaublichen Arroganz.“Eine wichtige Zukunftsfrage Sigmaringens werde „über unsere Köpfe entschieden“, sagte sie, „deshalb erwarte ich eine Reaktion der Stadt Sigmaringen“.
Bürgermeister Marcus Ehm sagte auf Nachfrage des Gemeinderats, dass er bislang weder aus Tübingen noch aus Stuttgart Informationen zum weiteren Vorgehen bekommen habe. „Das Innenministerium hat uns zugesagt, dass es im Evaluationsjahr 2020 auf uns zukommt. Bis heute ist nichts passiert. Zu anderen LEA-Kommunen haben schon Kontakte stattgefunden. Für Sigmaringen kann ich dies ausschließen.“
Über den Antrag der CDU, eigene Kriterien der Stadt für die Evaluation aufzustellen, stimmte der Gemeinderat nicht ab. Vielmehr verständigte das Gremium sich darauf, nun eine eigene Zukunftsstrategie zu entwickeln. „Herrn Tappeser einzuladen, genügt uns nicht. Wir müssen definieren, wo für uns die Reise hingeht. Sonst werden wir zum Spielball der Mächte“, sagte CDU-Sprecherin Hellstern-Missel. Diesem Vorschlag schlossen sich Gemeinderat und Bürgermeister an. „Wir werden agieren und nicht nur reagieren auf das, was aus Tübingen kam“, sagte Marcus Ehm.