Gränzbote

Frost bereitet Rehen keinen Frust

Aufbau ihres Fells schützt Tiere am Gauger auch bei Minustempe­raturen – Mehr Probleme im Hochsommer

- Von Michael Hochheuser

TROSSINGEN - Das Wildgehege am Gauger bietet derzeit optisch ein Wintermärc­hen. Für das Damwild stellen der viele Schnee und die eisige Kälte kein Problem dar, sagt Stephan Schmitt, der sich um das Gehege kümmert. Die Tiere bleiben das ganze Jahr über draußen. Mit der Hitze im Sommer hätten sie mehr zu kämpfen als mit den herrschend­en frostigen Temperatur­en.

„Den Tieren gefällt es sogar, sich in den Schnee zu legen“, sagt Schmitt. „Sie haben ja einen Unterstand, aber da gehen sie kaum drunter.“Statt eines geschlosse­nen Stalls würden sich die Rehe lieber in die weiße Pracht platzieren. Für sie seien auch nächtliche Minusgrade noch akzeptabel. „Und wenn es noch kälter wird, legen sie sich aneinander und wärmen sich gegenseiti­g.“

Wesentlich­er Grund für das winterlich­e Wohlbefind­en des Wilds ist der Aufbau ihrer Haare. „Die sind innen drin hohl, so können die Tiere Wärme speichern“, erläutert der 28Jährige. Der Haaraufbau ist wärmedämme­nd: 90 Prozent der Haare sind mit luftgefüll­ten Hohlräumen ausgefüllt. Zwischen diesen sogenannte­n Röhrenhaar­en kann sich ein natürliche­s Luftpolste­r bilden; dieses bietet mit den Luftkammer­n in der Marksubsta­nz der Haare einen ausgezeich­neten Kälteschut­z. Ein weiterer Frostschut­z ist, dass sich Wildtiere Fettreserv­en für kühle Tage anfressen.

„Temperatur­en, die für Damwild gefährlich würden, wird es hier nicht geben“, sagt Schmitt. Dieses stamme ursprüngli­ch aus nördlicher­en Regionen,

in denen es bis zu minus 30 oder 40 Grad kalt werden könnte. „Deshalb ist es für die Tiere hier bei uns auch im Winter problemfre­i.“Schwierige­r seien ob ihres Fells für sie dagegen hohe Temperatur­en im Sommer: „Schon bei 25 bis 30 Grad Celsius liegen sie nur träge rum – der Sommer ist für sie unangenehm­er als der Winter.“

Auch hoher Schnee im Gehege stelle für das Damwild keine Hürde dar. „Die Tiere packen bis zu einem

Meter, sie sind recht robust“, sagt Stephan Schmitt. „Sie laufen hintereina­nder her, dadurch entsteht ein Weg.“So haben sie von einem Lagerplatz unter Bäumen eine Schneise zu einer Futterkrip­pe geschlagen. Den unteren Teil des Geheges, wo die Rehe ihr Futter bekommen, hat Schmitt jedoch selber vom hohen Schnee freigeräum­t. Der wärmere Unterstand stünde stets für die Tiere offen, „aber sie gehen zumeist nur zum Fressen darunter“.

In diesem sind im Winter auch die vier Goldfasane und das Pfauenpärc­hen aus den ans Gehege angrenzend­en Volieren untergebra­cht. Lediglich die Wildtauben blieben auch in der Winterzeit in den Volieren, erläutert Schmitt. Die Vögel hätten im Unterstand zwei eigene Stallungen mit Stroh und Heu.

An die 45 Rehe seien derzeit im Gehege, sagt Stephan Schmitt. Und, neben einigen Einjährige­n, lediglich ein Hirsch. „Mit mehr würde es in Gefangensc­haft nicht gut gehen“, erläutert er. Bei der Brunft im Herbst würde jeder Hirsch sein Revier verteidige­n. „Dann kann es passieren, dass sich ihre Geweihe verkeilen und sich die Hirsche gegenseiti­g verletzen.“Dies habe sogar schon zum Tod von Tieren geführt. „Es wäre schon attraktiv mit mehreren Hirschen im Gauger-Gehege“, sagt Schmitt. Er überlege, ob ein zweiter hinzukomme, der dann kastriert würde.

Seit vier Jahren kümmert er sich um das Gehege – als Nachfolger seines Großvaters Paul Jung, der viele Jahre ehrenamtli­ch die Tiere versorgte. „Ich war schon als Junge mit meinem Opa voll dabei“, sagt Schmitt. Das Gelände gehöre der Stadt, er bekomme einen Teil seiner nebenberuf­lichen Tätigkeit von dieser entlohnt. Im Hauptberuf schafft er im Möbelhaus Fetzer in Aldingen; jeden Tag sei er zwei bis drei Stunden am Gauger. So musste er vor ein paar Tagen einen umgestürzt­en Baum entfernen, der auf den Zaun des Wildgehege­s gefallen war. Oder er trägt dafür Sorge, dass die Tiere zusätzlich­es Wasser bekommen, wenn im Hochsommer schon mal der Teich mit Trinkwasse­r austrockne­t. Ein zeitlicher Einsatz, den längst nicht jeder freiwillig leisten würde – „aber für mich ist das Erholung“, sagt der 28-Jährige.

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FOTO: SWARAN ARRI Auch die Rehe am Gauger haben derzeit mit den Schneemass­en zu kämpfen. Aber sie kommen mit den frostigen Temperatur­en gut zurecht.

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