Gewinn mit Plastik
Spielfigurenhersteller Schleich verzeichnet in der Pandemie Umsatzzuwächse – Auch weil das Unternehmen genau weiß, wie es seine jungen Kunden überzeugt
Schleich steigert trotz der CoronaKrise den Umsatz
- So ein Lockdown kann langweilig sein. Da freuen sich vor allem Kinder, wenn sie zwischendurch in eine Fantasiewelt abtauchen können, die nichts mit Corona zu tun hat. So jedenfalls erklärt sich Dirk Engehausen den Umsatzzuwachs den das Unternehmen Schleich aus Schwäbisch Gmünd – bekannt für seine detailgetreuen Tierfiguren – im Jahr 2020 verzeichnen konnte.
„Jedes Tier löst eine Geschichte aus“, sagt der Chef des Spielwarenherstellers. „Wenn man eine Löwenfigur in die Hand nimmt, denkt man wahrscheinlich an Afrika, die Savanne oder an Safari. Man kommt automatisch in eine Gedankenwelt hinein, die Kinder sofort spielend umsetzen.“Jetzt in der Pandemie sei mehr Zeit dafür gewesen, frei und kreativ zu spielen. Davon habe Schleich profitiert.
Außerdem: „Wir wissen, dass sich Menschen in Zeiten von Krisen sehr gerne auf Marken zurückziehen, weil sie ihnen vertrauen“, sagt Engehausen. Die gesamte Spielwarenbranche, die sehr von Marken getrieben sei, verzeichne deswegen Zuwächse. Tatsächlich gaben die Haushalte in Deutschland nach den Zahlen des Marktforschers GfK im Corona-Jahr 2020 im Durchschnitt gut zehn Prozent mehr Geld für Markenartikel aus als 2019. Der deutsche Spielwarenmarkt machte nach letzten Schätzungen des Marktforschers Npdgroup ein Umsatzplus von rund acht Prozent.
Das Unternehmen Schleich, das in Deutschland einen Marktanteil von vier Prozent hat und rund 450 Mitarbeiter beschäftigt, konnte im vergangenen Jahr seinen Umsatz auf etwa 210 Millionen Euro (Vorjahr: 200 Millionen Euro) steigern. Zum Gewinn macht Chef Engehausen keine Angaben.
Lieber redet er über das Onlinegeschäft, das im Corona-Jahr ordentlich zulegte, sowohl mittels des eigenen Onlineshops als auch über Anbieter wie Amazon, myToys oder dem chinesischen Onlinehändler
Alibaba. Der eigene Schleich-Onlineshop sei um mehr als 80 Prozent gewachsen. Auch eine starke Entwicklung der Märkte USA, Großbritannien und Frankreich habe zum Wachstum beigetragen.
Schon seit einiger Zeit setzt das Unternehmen, das in Deutschland, Rumänien, Moldawien, Portugal, Tunesien und China produziert, verstärkt auf Spielesets. „Jedes Pferd braucht einen Stall und jeder Stall braucht auch Pferde“, sagt Engehausen pragmatisch. Die Sets eröffneten Schleich die Möglichkeiten ihre Produkte immer wieder anzureichern und zu erweitern. Das war auch das bestimmende Prinzip im vergangenen Jahr. Eines der erfolgreichsten Produkte des Herstellers war eine Dinoforschungsstation – mit Aussichtsplattform, schwenkbarer Betäubungspfeil-Kanone sowie Quarantäne-Raum für frisch eingefangene Dinos.
Seit Anfang 2015 leitet Engehausen die Geschicke des im Jahr 1935 von Friedrich Schleich in Schwäbisch Gmünd gegründeten Familienunternehmens. Bekannt geworden ist die Firma in den 1970er-Jahren durch die Schlümpfe. Die weiß-blauen Figuren sind auch heute noch im Programm.
Zuletzt hatte der Spielwarenhersteller allerdings gleich mehrmals den Besitzer gewechselt. 2006 hatte der Investor HG Capital das Unternehmen geschluckt.
2014 verkaufte er das Unternehmen dann an die französische Beteiligungsgesellschaft Ardian. Diese verkaufte Schleich wiederum im Jahr 2019 an die Schweizer Partners Group. Geschadet scheint es dem Unternehmen bisher nicht zu haben, denn seinen Umsatz konnte das Unternehmen im siebten Jahr in Folge steigern.
Mit dem nun dritten Finanzinvestor musste Schleich gleich nach der Übernahme die Pandemie bewältigen. Es war eine Feuertaufe
für die neuen Partner in einer Zeit, in der geplante strategische Vorhaben erst einmal auf Eis gelegt werden mussten. „Da hat ein gutes Kennenlernen stattgefunden, weil man gleich am Anfang in eine Krise geworfen wurde“, sagt Engehausen. „Das Vertrauen, das wir dort geschaffen haben, ist eine gute Basis um jetzt weiterzugehen.“Partners Group habe gesehen, „dass die Sachen, die wir machen, Hand und Fuß haben. Es war nicht 'Wir gegen die', sondern ein gemeinsames Arbeiten und das ist bei so einer Partnerschaft ausgesprochen wichtig“, sagt Engehausen.
Bei der Übernahme durch die Partners Group hatte diese angekündigt vor allem die internationale Expansion der Firma voranzutreiben. Das sei auch 2021 weiterhin das Ziel, sagt Engehausen. Er geht erneut von einem signifikanten Wachstum und einer weiteren Umsatzsteigerung in den internationalen Märkten aus.
Normalerweise würde das Unternehmen seine Neuheiten in diesem Januar bei der Spielwarenmesse in Nürnberg präsentieren, doch wegen der Pandemie wird das ausfallen. „Wir können aber schon sagen, dass in diesem Jahr unsere kleineren Tiere für uns sehr wichtig werden“, sagt Engehausen. Schleich biete seine bisherigen Tiere aus der Bauernhofwelt oder Wildtierwelt noch einmal verkleinert und im niedrigen Preissegment an. Damit will der Hersteller Kinder zum Sammeln animieren. „Wer ein Pferd hat, will auch das zweite Pferd und dann vielleicht eine ganze Herde“, sagt Engehausen wieder pragmatisch.
Wie er seine junge Zielgruppe erreicht, weiß der schwäbische Spielwarenhersteller ganz genau. Zuletzt fanden sich die kleinen Pferde, Dinos, Schlumpf- und Feenfiguren des Unternehmens in den Happy Meal-Packungen von McDonald’s wieder – um die Marke noch bekannter zu machen. Neben Burger und Cola lässt es sich eben auch abtauchen: in eine Fantasiewelt mit Schleich-Figuren.