„Wenn Menschen nicht mehr miteinander reden dürfen, geht das zu weit.“
Verband deutscher Verkehrsunternehmen regt „Schweigepflicht“im ÖPNV an – Das sagen Unternehmen aus der Region dazu
sagt Rainer Klink, Geschäftsführer der Stadtbus Tuttlingen Klink GmbH.
TUTTLINGEN - Bund und Länder haben in ihrer Corona-Konferenz am Dienstag nicht nur die Verlängerung des Lockdowns beschlossen, sondern auch, dass das Tragen einer medizinischen Maske in Bus und Bahn verpflichtend ist. Ein Schal oder ein selbstgenähter Mundschutz reichen nicht mehr. Doch das geht dem Verband deutscher Verkehrsunternehmen nicht weit genug. Er spricht sich gar für eine „Schweigepflicht“im ÖPNV aus.
Dass Corona-Viren sich über die Luft verbreiten ist bekannt. Vor allem in geschlossenen, kleinen Räumen, wo die Menschen eng aufeinander sitzen, ist das Ansteckungsrisiko relativ hoch. Auf der spanischen Ferieninsel Mallorca dürfen die Fahrgäste daher gar nicht mehr sprechen. Eine Regelung, die auch der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) begrüßen würde. „Das würden wir sehr stark unterstützen“, sagte Verbandspräsident Ingo Wortmann, der auch der Chef der Münchner Verkehrsgesellschaft ist, am Mittwoch im Deutschlandfunk. Darüber hinaus sei er auch durchaus für ein Telefonierverbot. Seine Begründung: Es gebe Fahrgäste, die zum Telefonieren den Mund-Nasen-Schutz herunterziehen würden.
Doch wie stehen die Unternehmen aus der Region zu dieser Maßnahme? „Ich würde so einen Vorschlag nicht unterstützen“, sagt Rainer Klink, Geschäftsführer der Stadtbus Tuttlingen Klink GmbH. „Wenn Menschen nicht mehr miteinander reden dürfen, dann geht das zu weit.“Darüber hinaus sieht er auch keinen Grund, ein solches Verbot einzuführen. Denn: Zum einen sei die Verweildauer im Bus relativ kurz und durch das Türen öffnen an den Haltestellen käme regelmäßig frische Luft ins Businnere. Und vor allem: „Wer ist denn am lautesten im Bus: Das sind die Kinder nach der Schule.“Und wie solle man diesen vermitteln, dass sie nicht reden dürfen, nachdem sie den ganzen Tag schweigend in der Schule auf ihrem Platz gesessen sind. Stattdessen setzt Klink weiterhin auf die Maskenpflicht, die durch zusätzliche Mitarbeiter kontrolliert werden soll. „Da sehen wir aber eine große Moral.“Es sei wirklich eine Ausnahme, dass ein Fahrgast seine Maske zum Telefonieren abnehme.
Neben all diesen Gründen sieht Klink auch keine Möglichkeit, solch ein Verbot durchzusetzen. Und auch der VDV-Chef räumt ein, dass die Maßnahme gegen die Verbreitung von Aerosolen zwar hilfreich, aber „schwer zu kontrollieren“wäre. Er setze vor allem auf die Vernunft der Menschen, zum Schutz der anderen Fahrgäste auf das Telefonieren – insbesondere ohne Mundschutz – zu verzichten.
Diese Vernunft bei den Fahrgästen sieht Jochen Klaiber, Geschäftsführer der Klaiber Bus GmbH & Co. KG aus Spaichingen, durchaus. „Es gibt zwar Ausreißer, aber eigentlich haben wir mit der Maskenpflicht keine Schwierigkeiten.“Um seine Fahrgäste darüber hinaus zu schützen, würden gerade alle Busse mit einem Anti-Viren-Filter ausgestattet. „Ich bin zu wenig Virologe oder Mediziner, um beurteilen zu können, ob eine Schweigepflicht von Vorteil ist oder nicht“, sagt Klaiber. Doch aktuell beförderten sie sowieso weniger Fahrgäste als sonst, da die Schüler fehlten. „Dadurch haben wir viel Platz in den Bussen.“Aus diesem Grund glaube er nicht, dass eine Schweigepflicht notwendig sei.
Bei der Betreiberin des Ringzugs, der SWEG Südwestdeutsche Landesverkehrs-AG, befürwortet man eine Schweigepflicht zwar ebenfalls nicht, wie Pressereferent Christoph Meichsner auf Nachfrage mitteilt. Doch man ist der Meinung: „Alles was hilft, Aerosole in der Luft zu vermeiden, ist hilfreich. Außerdem ist es grundsätzlich eine Frage des Anstands, in einem Raum, in dem man sich mit anderen Menschen aufhält, auf allzu private Gespräche zu verzichten – erst recht in Zeiten der Corona-Pandemie.“
Bei der Deutschen Bahn hingegen ist man nicht in der Lage, die Frage zu beantworten, ob eine Schweigepflicht ein adäquates Mittel zur Eindämmung der Corona-Pandemie sei. Auf entsprechende Nachfrage erhält unsere Zeitung folgende Antwort: „Die Deutsche Bahn wird die gestern (Dienstag, A.d.R) beschlossenen Vorgaben von Bund und Ländern für den öffentlichen Personenverkehr umsetzen. Dazu befinden wir uns bereits im Austausch mit den zuständigen Ansprechpartnern bei Bund, Ländern, Behörden und Bestellern.“Auf ein erneutes Nachhaken bekam unsere Zeitung von der Bahnsprecherin bis zum Redaktionsschluss keine Antwort mehr.