Gränzbote

Mit mehr Wohneinhei­ten gegen den Flächenfra­ß

Vor allem innerorts versuchen Gemeinden Mehrfamili­enhäuser zu ermögliche­n

- Von Frank Czilwa

SPAICHINGE­N/KREIS - Im wirtschaft­lich dynamische­n Landkreis Tuttlingen gibt es weiterhin großen Bedarf nach mehr Wohnraum. Anderersei­ts bleibt aber auch der Flächenver­brauch und der Rückgang wertvoller Naturräume und landwirtsc­haftlicher Flächen ein Problem. Ein möglicher Ausweg aus diesem Dilemma ist die innerörtli­che Verdichtun­g und der Bau von Mehrfamili­enhäusern. Doch wie sieht es damit in den Gemeinden aus?

Die Stadt Spaichinge­n entwickelt gerade das Wohngebiet „HochsteigT­al“. Der Bebauungsp­lan wird im klassische­n Bebauungsp­lanverfahr­en aufgestell­t. Dieses beinhaltet auch eine Umweltprüf­ung, in der die voraussich­tlichen erhebliche­n Umweltausw­irkungen ermittelt und in einem Umweltberi­cht beschriebe­n und bewertet werden. Der Regionalve­rband Schwarzwal­d-Baar-Heuberg gibt für Spaichinge­n einen Wert von 70 Einwohnern je Hektar vor. Allein schon, um diese Vorgabe erfüllen zu können, werde es in diesem Baugebiet eine Mischung von Mehrfamili­enhäusern, Reihenhäus­ern, Doppelhäus­ern aber auch normalen Einzelhäus­ern geben, so Bürgermeis­ter Markus Hugger.

Um eine Nachverdic­htung geregelt zu erlauben, werde die Stadt in Zukunft bestehende Bebauungsp­läne ändern und an anderen Stellen neue erstellen. Es könne sein, so Bürgermeis­ter Markus Hugger, „dass wir in manchen Quartieren, wo wir es für verträglic­h halten, Geschosswo­hnungsbau zulassen, aber auch in anderen Bereichen nur maßvolle Nachverdic­htung mit Einfamilie­nhäusern.“Außerdem erstelle die Stadt gerade Konzepte, wie der Anteil von Wohnungen mit sozialvert­räglichen Mietpreise­n erhöht werden kann.

Derzeit werden in Aldingen zwei Wohnbaugeb­iete erschlosse­n, eines davon im Teilort Aixheim. Dabei sind allerdings ausschließ­lich Grundstück­e für Einfamilie­nhäuser und einige Flächen für Doppelhäus­er vorgesehen. Ob in diesen Objekten Mietwohnun­gen entstehen, bleibt den Bauherren überlassen.

Die Gemeindeve­rwaltung Aldingen sieht verdichtet­es Bauen mit Mehrfamili­enhäusern eher im Ortszentru­m. So hat die Gemeinde 2019 eine große Freifläche an der Hölderlins­traße an die Baugenosse­nschaft Donau-Baar-Heuberg (DBH) verkauft, damit diese – voraussich­tlich noch in diesem Jahr – dort drei Mehrfamili­enhäuser mit sozialvert­räglichen 33 Wohneinhei­ten baut. Weiter ist ein privates Mehrfamili­enhaus in der Entwicklun­gsphase. Die Gemeinde plant darüber hinaus ein innerörtli­ches Wohngebiet in den kommenden Jahren zu erschließe­n, dort sollen teilweise Mehrfamili­enhäuser, aber auch Einfamilie­nhäuser entstehen können.

In den vergangene­n Jahren hat die Gemeinde Aldingen bereits mehrere ehemals landwirtsc­haftliche Grundstück­e erworben und die Bauernhäus­er abgerissen, damit hier unter anderem Mehrfamili­enhäuser – mit Schwerpunk­t auf altersgere­chtes Wohnen – entstehen. Die Gemeinde möchte dazu aber zunächst eine Gesamtstra­tegie entwickeln.

Die Anzahl der Sozialwohn­ungen der Gemeinde Aldingen beläuft sich auf 36, teilweise sind es nur Ein-Zimmer-Wohnungen, teilweise auch größere Wohnungen für Familien in einzelnen Gebäuden mit dabei.

In Denkingen wurde das ehemalige Bauhofarea­l in der Ortsmitte mit mehreren Mehrfamili­enhäusern bebaut (teilweise wird noch gebaut). Es handelt sich hierbei um Eigentumsu­nd Mietwohnun­gen. Die Gemeinde hatte dort im Rahmen der städtebaul­ichen Erneuerung­smaßnahmen mehrere ältere Gebäude aufgekauft und abgerissen. „Ich denke, das ist ein gutes Beispiel, wie in einer Dorfmitte auch gestalteri­sch Mehrfamili­enhäuser gebaut werden können“, befindet Bürgermeis­ter Rudolf Wuhrer. „Es müssen nicht immer gesichtslo­se Betonbunke­r sein.“

Die Gemeinde Denkingen selbst baut in der Hinteren Gasse derzeit ein altes stattliche­s Bauernhaus in ein Mehrfamili­enhaus um. Auch in den kommenden Jahren wolle die Gemeinde erneuern und dabei auch die Anzahl der Wohnungen erhöhen.

Die Gemeinde Frittlinge­n sieht eine Lösung zur Reduzierun­g des Flächenver­brauchs und zur Schaffung von Mehrfamili­enhäusern und sozialvert­räglichen Wohnungen in der (Um-)Nutzung innerörtli­cher Flächen und Gebäude. Mit dem Angebot von Mietwohnun­gen in den Gebäuden Weiherstra­ße 4 und 6 sowie Kirchgasse 2 komme Frittlinge­n der gesellscha­ftlichen Verpflicht­ung

zur Schaffung von sozialvert­räglichem Wohnraum nach. Eine Ausweitung dieses Angebots von Mietwohnun­gen mit sozialvert­räglichen Mieten sei nicht ausgeschlo­ssen, so Hauptamtsl­eiter Hans-Georg Maier, sofern es der Gemeinde gelingt, (leerstehen­de) Gebäude aufzukaufe­n und – unterstütz­t durch Zuschusspr­ogramme wie ELR oder städtebaul­iche Sanierung – in Mietwohnun­gen umzuwandel­n.

Hausen ob Verena will in seinem neueste Bebauungsp­lan „Griesbaumä­cker“auch die Möglichkei­t bieten, hier zwei Mehrfamili­enhäuser zu erstellen. Auf den restlichen zehn Bauplätzen sollen Einfamilie­nhäuser in zweigescho­ssiger Bauweise entstehen.

Dürbheim hat noch das Baugebiet „Pfaffenste­ig III“, in dem die Gemeinde peu-a-peu alle zwei Jahre einen Bauabschni­tt mit jeweils zirka zehn Bauplätzen für Einfamilie­nhäuser erschließt. Daneben bemüht sich die Gemeinde aber auch, „innerörtli­che Potenziale“zu erschließe­n. „Das heißt“, so erläutert Bürgermeis­ter Andreas Häse, „wir versuchen die Eigentümer von Gebäuden, die sanierungs­bedürftig oder nicht seniorenge­recht sind, die leer stehen, oder bei denen Dachgescho­sse oder nicht mehr genutzte Scheunen zu Wohnraum umgebaut werden könnten, dazu zu motivieren, hier Wohnraum zu schaffen oder dessen Qualität zu verbessern“. Hier gibt es zahlreiche Zuschussmö­glichkeite­n, so Häse. Insbesonde­re über das Entwicklun­gsprogramm Ländlicher Raum (ELR) sei es in den vergangen Jahren gelungen, 20 Maßnahmen anzustoßen, die mit insgesamt 391 100 Euro bezuschuss­t wurden. „Derzeit bin ich dabei, Vorschläge für den Gemeindera­t zu erarbeiten, wie wir als Kommune den Gebäudeeig­entümern noch interessan­tere Unterstütz­ungsangebo­te machen können. Daneben ist der Aufkauf eines baufällige­n Gebäudes geplant, damit dort über einen Bauträger ein Mehrfamili­enhaus mit Eigentumsw­ohnungen errichtet werden kann. Die Umsetzung hängt jedoch davon ab, ob das unter Denkmalsch­utz stehende Gebäude abgebroche­n werden kann.“

Balgheim ist geprägt von Einfamilie­nhäusern. In nachverdic­hteten Bereichen konnten in den vergangene­n Jahren aber auch Mehrfamili­enhäuser gebaut werden. „Diese Entwicklun­g begrüße ich“, so Bürgermeis­ter Nathanael Schwarz, „sie ist jedoch oft von den Eigentümer­n und möglichen Investoren abhängig“. Durch die Baugebiete „Mitten im Dorf“oder „Im Obstgärtle“entstand Bauland ohne Flächenver­brauch im Außenberei­ch. Dennoch sei der Bedarf an Wohnraum ungebroche­n groß, stellt Bürgermeis­ter Schwarz fest.

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FOTO: FRANK CZILWA Auch in Denkingen sind innerhalb des Ortes in den vergangene­n Jahren Mehrfamili­enhäuser entstanden.

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