Union hofft auf Rückenwind aus dem Südwesten
Laschet und Söder machen CDU-Spitzenkandidatin Eisenmann Mut – 100 Prozent Zustimmung für 100-Punkte-Plan
STUTTGART - Am 14. März will die CDU die Landtagswahlen in BadenWürttemberg gewinnen, am Samstag beim digitalen Parteitag hat Spitzenkandidatin Susanne Eisenmann ihre Partei trotz eher mittelmäßiger Umfragewerte zu mehr Zuversicht aufgerufen. „Wir müssen uns auch selber mögen“, sagte die Kultusministerin in ihrer Rede. Wenn man sich selbst nicht möge, werde man auch nicht gewählt. Unterstützung erhielt sie sowohl vom neuen CDU-Parteichef Armin Laschet als auch von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU). Söder sorgte für Erstaunen: Er verglich Südwest-Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) mit Fußball-Rekordmeister Bayern München, der in den letzten Jahren eher selten verloren hat. Laschet und Söder erhoffen sich aus dem Südwesten dennoch Rückenwind für die Bundestagswahl.
100 Punkte umfasst das am Samstag in Stuttgart vorgestellte und mit 100 Prozent angenommene Regierungsprogramm der Landes-CDU namens „Neue Ideen für eine neue Zeit – BaWü entfesseln“. An erster Stelle steht die Vereinbarkeit von Wirtschaft, Mobilität und Klimaschutz. Gefordert werden auch ein Digitalisierungsministerium und mehr Geld für die innere Sicherheit. Die Polizei möchte man durch 1400 Einstellungen jährlich stärken. Ebenfalls gewollt ist ein vom Einkommen unabhängiges Familiengeld. Zudem soll das Baukindergeld verlängert werden, auch wenn der Bund Ende März aus der Förderung aussteigen sollte.
Laschet umwarb in seiner Rede die im Südwesten zahlreichen Anhänger von Friedrich Merz. Er sei auch „Merz-Fan“, sagte er und warnte vor Rot-Rot-Grün im Bund. Bei der Bundestagswahl gehe es „um die Richtung der Republik“. Unterstützung für seine eigene Kandidatur erhielt er von CDU-Vize Jens Spahn. Laschet sei „der natürliche Kanzlerkandidat“, sagte Spahn der „Bild am Sonntag“.
STUTTGART - Das Ziel ist klar: Die CDU Baden-Württemberg will nach der Landtagswahl am 14. März unbedingt die Ministerpräsidentin stellen und damit endlich zurück zu alter Stärke finden. Bei ihrem digitalen Parteitag brachte sich die Partei um Spitzenkandidatin Susanne Eisenmann dafür in Stellung, verabschiedet das Wahlprogramm und zelebrierte Einigkeit – auch mit dem neuen Bundesvorsitzenden.
Eigentlich hätten sich viele der baden-württembergischen CDUAnhänger Friedrich Merz als neuen Bundeschef gewünscht. Seit einer Woche ist aber klar, dass nicht Friedrich Merz, sondern der nordrheinwestfälische Ministerpräsident Armin Laschet die Partei in die Bundestagswahl führt. Seinen ersten offiziellen Auftritt nach der Wahl hatte Laschet ausgerechnet im Südwesten. Die dortige Parteispitze bemühte sich um Ruhe in den eigenen Reihen und darum, Geschlossenheit mit dem neuen Parteivorsitzenden zu demonstrieren. Die Motivation ist klar: In den kommenden 50 Tagen soll sich die Aufmerksamkeit ausschließlich auf den Wahlkampf im eigenen Bundesland konzentrieren.
Zum Auftakt des Landesparteitags der CDU Baden-Württemberg sagte der Landesvorsitzende Thomas Strobl dem neuen Bundesvorsitzenden Laschet die Unterstützung der Südwest-CDU zu. „Wir wollen heute mit diesem Parteitag der Bundespartei Rückenwind geben. Und wir freuen uns auch auf Rückenwind aus der Bundespartei.“Und auch Laschet selbst gab sich in Stuttgart deutlich Mühe, den Merz-Fans ein Angebot zu machen. In seiner Rede sprach er viel über den ländlichen Raum, die Landwirtschaft und vor allem über die Wirtschaft. „Ich bin auch Friedrich-Merz-Fan“, sagte Laschet. „Deswegen will ich, dass er dabei ist. Wir brauchen Friedrich Merz.“Die Machtfrage in der CDU sei mit seiner Wahl zum Chef nun aber geklärt.
Susanne Eisenmann, Spitzenkandidatin der CDU für die Landtagswahl, hielt sich in ihrer Rede nicht lange mit dem neuen CDU-Chef auf. Ihr geht es um die Machtfrage in Baden-Württemberg. Ihre Parteikollegen rief sie deshalb zu mehr Selbstbewusstsein auf. „Wir müssen uns auch selber mögen“, sagte sie. „Wenn wir uns selbst nicht mögen, wer soll uns denn dann mögen?“Das nächste Jahrzehnt werde darüber entscheiden, „ob wir an die Spitze zurückfinden oder uns in beschaulicher Verschlafenheit gemütlich einrichten, ob Baden-Württemberg die Herausforderungen der Zukunft annimmt oder nur darüber philosophiert“, sagte sie und zielte damit wohl auf die Vorliebe des Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Grüne) für die Philosophie ab.
Die CDU wolle das neue Jahrzehnt mit neuen Ideen voranbringen. „Corona hält uns auf Trab, aber Corona wird auch irgendwann vorbei sein. Und wir haben die Möglichkeit, uns Schritt für Schritt Normalität zurückzuerobern“, sagte Eisenmann, bevor sie das Wahlprogramm der CDU für die Landtagswahl am 14. März vorstellte. Unter dem Titel „Neue Ideen für eine neue Zeit – BaWü entfesseln“hat die Partei 100 Punkte erarbeitet, mit denen sie in den Wahlkampf gehen möchte. Ganz oben auf der Liste steht der Klimaschutz und das Bekenntnis zur klimafreundlichen Mobilität. Unter anderem will die CDU in den kommenden fünf Jahren eine Million private Ladepunkte für Elektrofahrzeuge unterstützen und 100 000 öffentliche Ladepunkte schaffen. Bei den synthetischen Kraftstoffen soll das Land Marktführer werden.
Geht es nach der CDU, soll es in Baden-Württemberg künftig außerdem ein eigenes Ministerium für die Digitalisierung geben. „Nicht weil da zu wenig geleistet wurde unter der Federführung von Thomas Strobl, sondern weil deutlich werden muss, dass auf die Digitalisierung in den nächsten Jahren ein besonderes Gewicht gelegt werden muss“, sagte Eisenmann in ihrer Rede. Sie versprach außerdem, für schnelles Internet zu sorgen. „Wir wollen in der nächsten Legislaturperiode weitere 1,5 Milliarden Euro einsetzen für Glasfaser.“
Um den Mittelstand und das Handwerk zu fördern, sollen die Bürokratiekosten für die Wirtschaft um eine Milliarde Euro gesenkt werden. Schulden sollen zügig abgebaut werden. „Auch für die Zukunft lehnen wir Steuererhöhungen ab, denn gerade die Tilgungen der Jahre 2018 und 2019 haben gezeigt, dass Rückzahlung von Schulden ohne Steuererhöhungen möglich ist“, heißt es im Regierungsprogramm.
Die CDU will im Fall einer Machtübernahme nach der Landtagswahl außerdem mehr Geld für innere Sicherheit ausgeben – und setzt auf mehr Polizeipräsenz. Bis zu 1400 neue Polizisten sollen jährlich eingestellt werden. Auch für die technische Ausstattung der Polizei – etwa mit Bodycams – will die CDU Geld in die Hand nehmen. Revolutionäres für den Bildungsbereich ist derweil nicht vorgesehen. Sie steht weiter zum differenzierten Schulsystem und will sich zudem für den Erhalt kleinerer Grundschulen einsetzen.
Bei der Abstimmung des Regierungsprogramms zeigte sich die Landes-CDU einig: Das Programm wurde mit 100 Prozent angenommen. Die echte Herausforderung steht der Partei aber noch bevor. In den jüngsten Umfragen liegt die CDU bestenfalls gleichauf mit den Grünen. Im direkten Vergleich mit Kretschmann liegt Eisenmann bei der Beliebtheit weit zurück.
Dabei ist die Sehnsucht nach alter Stärke, das wird an diesem Parteitag deutlich, in der CDU riesengroß. „Lasst uns rausgehen“, sagte Eisenmann zum Ende ihrer Rede. „Lasst und kämpfen – es lohnt sich für Baden-Württemberg.“Und auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) erinnerte an die Zeiten, als die Union in Baden-Württemberg das Sagen hatte. Er sprach den Nachbarn Mut zu – wenngleich er den politischen Gegner dabei unfreiwillig zum Goliath erklärte. Klar, sagte Söder, sei Kretschmann ein populärer Ministerpräsident. „Aber auch Bayern München kann mal verlieren, wenn man die richtige Taktik und die richtige Strategie wählt.“