Fasnet für zuhause
Wie die Narren die fünfte Saison ins heimische Wohnzimmer bringen.
FRIDINGEN/EMMINGEN-LIPTINGEN/MÜHLHEIM - Die Fasnet fällt in diesem Jahr coronabedingt unter den Tisch. Zum Frust der Narren lässt die Corona-Verordnung so gut wie nichts von den Brauchtümern zu, was vielerorts die traditionelle Fasnet ausmacht. Und weil die Fasnacht aus Gründen des Infektionsschutzes heuer daheim bleiben muss, hecken immer mehr Narrenvereine und Zünfte alternative Ideen aus, den Menschen die Fasnet nach Hause zu bringen. Wir haben uns in den Reihen der Narren einmal umgehört.
Bei der Fridinger Narrenzunft ist die Frustration groß, auch wenn Narrenvater Martin Schnell die Hoffnung noch nicht gänzlich aufgegeben hat. „Wir warten in Lauerstellung, ob noch etwas im Februar möglich ist.“Wahrscheinlich – so realistisch ist Schnell aber auch – werde es keine Musik, keine geöffneten Kneipen und keine Aktionen in der Öffentlichkeit geben dürfen. Was derzeit machbar ist und auch gemacht wird, ist aber klar: Den Narrenbalken mit den lebensgroßen Figuren am Unteren Tor, die den Pflugumzug am Schmotzigen Donnerstag darstellen, sowie den Balken „Anno domini“am „Scharf Eck“dürfen die Narren auch in diesem Jahr an den Eingängen zur historischen Fridinger Altstadt aufhängen.
Darüber hinaus verzichtet die Zunft auf eine Planung für die „Corona-Fasnet“. „Wir schauen eine Woche vorher, was gehen könnte. Es darf dieses Jahr nichts stattfinden, was unsere Fridinger Fasnet ausmacht. Und wenn an den Tagen Narren auf der Straße sind, dann ist das aber nichts, was von der Zunft organisiert ist“, sagt Narrenvater Schnell. In Zusammenarbeit mit dem Heimatkreis bringen die Narren aber ein Buch heraus: „Narrenblatt in laufenden Bildern“. Das Buch wird in Anlehnung an die Ausstellung zum 90-jährigen Bestehen der Narrenzunft herausgebracht, 195 Seiten stark und mit vielen Bildern von 1905 bis in die heutige Zeit. „750 Exemplare haben wir drucken lassen“, sagt Wolfgang
Wirth vom Heimatkreis. „Nur wie wird das Buch am Fasnetmontag verkaufen, das wird kompliziert. Es wird keine Verkaufsstellen geben, sondern nur eine Abgabestelle. Ich reiche die Exemplare dann bei mir vom Balkon“, schmunzelt Wirth. So wird auch in diesem Jahr die „Fuchsfalle“, das Narrenblatt, zu beziehen sein.
Und ein kleines Bonbon hat Narrenvater Martin Schnell dann doch noch zu verkünden. Das SWR-Fernsehen zeigt am 14. Februar um 14.15 Uhr einen Zusammenschnitt von zwei Besuchen bei der Fridinger Fasnet. Somit findet das Narrensamensäen und der Pflugumzug wenigstens ein bisschen statt.
Eine „Frustsitzung“nach dem Treffen der Bürgermeister mit dem Landrat des Kreises haben die Mühheimer Narren am Freitag hinter sich gebracht, berichtet Zunftmeister Uwe Heßlinger. „Da wurde alles abgebügelt“, so Heßlinger. Gegen das Narrenbaumstellen und das Aufhängen der Narrenfähnchen gab es ein Veto. Nichtsdestotrotz werfen sich die „Millemer Narren“mächtig ins Zeug, um den Menschen die Fasnet auch unter Corona-Bedingungen nach Hause zu bringen. „Auf unseren Social Media-Kanälen und auf unserer Homepage ist ein Online-Zunftball zu sehen. Das ist kein Best-of, sondern ein bunter Zusammenschnitt von unseren Zunftbällen“, kündigt Heßlinger an. Das Herzstück der diesjährigen Fasnet sei aber, dass die Narrenzunft das Narrenblatt „Stadtorgel“kostenlos an alle Haushalte in Mühlheim und Stetten liefern wird.
Und auch das berühmt-berüchtigte Rügespiel „Sagt-er“soll stattfinden, wenn auch nur in digitaler Form. Die Spottverse von Vorsänger Raphael Krämer werden wahrscheinlich am Fasnetssonntag auf Facebook, Instagram & Co. zu sehen und zu hören sein. „Wir wollen die Leute animieren, dann dazu auf dem Balkon zu tanzen und den einen oder anderen Juchzer hören zu lassen“, sagt Heßlinger. Zudem soll es von Jeremias Heppeler eine Interview-Collage geben, bei der Mühlheimer erklären, was das Besondere an der Mühlheimer Fasnet ist. Zu guter Letzt schnüren die Narren zwei Fasnet-Survival-Pakete zum Mitnehmen mit Bier, Sekt, Wurst und Brot, die man in Kooperation mit dem Neukauf-Markt „Beha“beziehen kann. „Details dazu wird es aber erst zu gegebener Zeit noch geben“, kündigt Heßlinger an. Die Planungen laufen gerade erst an.
Die Liptinger Schlehenbeißer trauern ebenfalls um ihre abgesagte Straßenfasnet. Zwar stehe die Sitzung des Narrenvereins erst am Mittwoch an, aber schon jetzt sei klar, dass nicht viel gehen werde. „Eines ist aber fix: Wir werden drei Youtube-Filme mit einem Best-of der letzten 28 Jahre zeigen. Und die werden schon abendfüllend sein“, sagt Gero Kühnemundt, Besitzer und Mann fürs Technische bei den Schlehenbeißern.
An drei Tagen könne der Film jeweils gegen 20 Uhr online gestreamt werden. „Das ist wahrscheinlich wegen der Gema auch besser“, sagt Kühnemundt. Dazu werde der Verein noch Flyer entwerfen und die Filme bewerben. „Der Vorteil ist: Wir erreichen mehr Menschen. Und vielleicht sieht sich das auch jemand an, der noch nie bei uns auf der Liptinger Fasnet war“, sagt er. Vor allem werde neben der Straßenfasnet das Stück des Schlehenbeißer-Narrens gegeben, der am Brauchtumsabend am Schmotzigen symbolisch den Schlehenschnaps für die Liptinger Narren brennt.