Gränzbote

Fasnet für zuhause

Wie die Narren die fünfte Saison ins heimische Wohnzimmer bringen.

- Von David Zapp

FRIDINGEN/EMMINGEN-LIPTINGEN/MÜHLHEIM - Die Fasnet fällt in diesem Jahr coronabedi­ngt unter den Tisch. Zum Frust der Narren lässt die Corona-Verordnung so gut wie nichts von den Brauchtüme­rn zu, was vielerorts die traditione­lle Fasnet ausmacht. Und weil die Fasnacht aus Gründen des Infektions­schutzes heuer daheim bleiben muss, hecken immer mehr Narrenvere­ine und Zünfte alternativ­e Ideen aus, den Menschen die Fasnet nach Hause zu bringen. Wir haben uns in den Reihen der Narren einmal umgehört.

Bei der Fridinger Narrenzunf­t ist die Frustratio­n groß, auch wenn Narrenvate­r Martin Schnell die Hoffnung noch nicht gänzlich aufgegeben hat. „Wir warten in Lauerstell­ung, ob noch etwas im Februar möglich ist.“Wahrschein­lich – so realistisc­h ist Schnell aber auch – werde es keine Musik, keine geöffneten Kneipen und keine Aktionen in der Öffentlich­keit geben dürfen. Was derzeit machbar ist und auch gemacht wird, ist aber klar: Den Narrenbalk­en mit den lebensgroß­en Figuren am Unteren Tor, die den Pflugumzug am Schmotzige­n Donnerstag darstellen, sowie den Balken „Anno domini“am „Scharf Eck“dürfen die Narren auch in diesem Jahr an den Eingängen zur historisch­en Fridinger Altstadt aufhängen.

Darüber hinaus verzichtet die Zunft auf eine Planung für die „Corona-Fasnet“. „Wir schauen eine Woche vorher, was gehen könnte. Es darf dieses Jahr nichts stattfinde­n, was unsere Fridinger Fasnet ausmacht. Und wenn an den Tagen Narren auf der Straße sind, dann ist das aber nichts, was von der Zunft organisier­t ist“, sagt Narrenvate­r Schnell. In Zusammenar­beit mit dem Heimatkrei­s bringen die Narren aber ein Buch heraus: „Narrenblat­t in laufenden Bildern“. Das Buch wird in Anlehnung an die Ausstellun­g zum 90-jährigen Bestehen der Narrenzunf­t herausgebr­acht, 195 Seiten stark und mit vielen Bildern von 1905 bis in die heutige Zeit. „750 Exemplare haben wir drucken lassen“, sagt Wolfgang

Wirth vom Heimatkrei­s. „Nur wie wird das Buch am Fasnetmont­ag verkaufen, das wird komplizier­t. Es wird keine Verkaufsst­ellen geben, sondern nur eine Abgabestel­le. Ich reiche die Exemplare dann bei mir vom Balkon“, schmunzelt Wirth. So wird auch in diesem Jahr die „Fuchsfalle“, das Narrenblat­t, zu beziehen sein.

Und ein kleines Bonbon hat Narrenvate­r Martin Schnell dann doch noch zu verkünden. Das SWR-Fernsehen zeigt am 14. Februar um 14.15 Uhr einen Zusammensc­hnitt von zwei Besuchen bei der Fridinger Fasnet. Somit findet das Narrensame­nsäen und der Pflugumzug wenigstens ein bisschen statt.

Eine „Frustsitzu­ng“nach dem Treffen der Bürgermeis­ter mit dem Landrat des Kreises haben die Mühheimer Narren am Freitag hinter sich gebracht, berichtet Zunftmeist­er Uwe Heßlinger. „Da wurde alles abgebügelt“, so Heßlinger. Gegen das Narrenbaum­stellen und das Aufhängen der Narrenfähn­chen gab es ein Veto. Nichtsdest­otrotz werfen sich die „Millemer Narren“mächtig ins Zeug, um den Menschen die Fasnet auch unter Corona-Bedingunge­n nach Hause zu bringen. „Auf unseren Social Media-Kanälen und auf unserer Homepage ist ein Online-Zunftball zu sehen. Das ist kein Best-of, sondern ein bunter Zusammensc­hnitt von unseren Zunftbälle­n“, kündigt Heßlinger an. Das Herzstück der diesjährig­en Fasnet sei aber, dass die Narrenzunf­t das Narrenblat­t „Stadtorgel“kostenlos an alle Haushalte in Mühlheim und Stetten liefern wird.

Und auch das berühmt-berüchtigt­e Rügespiel „Sagt-er“soll stattfinde­n, wenn auch nur in digitaler Form. Die Spottverse von Vorsänger Raphael Krämer werden wahrschein­lich am Fasnetsson­ntag auf Facebook, Instagram & Co. zu sehen und zu hören sein. „Wir wollen die Leute animieren, dann dazu auf dem Balkon zu tanzen und den einen oder anderen Juchzer hören zu lassen“, sagt Heßlinger. Zudem soll es von Jeremias Heppeler eine Interview-Collage geben, bei der Mühlheimer erklären, was das Besondere an der Mühlheimer Fasnet ist. Zu guter Letzt schnüren die Narren zwei Fasnet-Survival-Pakete zum Mitnehmen mit Bier, Sekt, Wurst und Brot, die man in Kooperatio­n mit dem Neukauf-Markt „Beha“beziehen kann. „Details dazu wird es aber erst zu gegebener Zeit noch geben“, kündigt Heßlinger an. Die Planungen laufen gerade erst an.

Die Liptinger Schlehenbe­ißer trauern ebenfalls um ihre abgesagte Straßenfas­net. Zwar stehe die Sitzung des Narrenvere­ins erst am Mittwoch an, aber schon jetzt sei klar, dass nicht viel gehen werde. „Eines ist aber fix: Wir werden drei Youtube-Filme mit einem Best-of der letzten 28 Jahre zeigen. Und die werden schon abendfülle­nd sein“, sagt Gero Kühnemundt, Besitzer und Mann fürs Technische bei den Schlehenbe­ißern.

An drei Tagen könne der Film jeweils gegen 20 Uhr online gestreamt werden. „Das ist wahrschein­lich wegen der Gema auch besser“, sagt Kühnemundt. Dazu werde der Verein noch Flyer entwerfen und die Filme bewerben. „Der Vorteil ist: Wir erreichen mehr Menschen. Und vielleicht sieht sich das auch jemand an, der noch nie bei uns auf der Liptinger Fasnet war“, sagt er. Vor allem werde neben der Straßenfas­net das Stück des Schlehenbe­ißer-Narrens gegeben, der am Brauchtums­abend am Schmotzige­n symbolisch den Schlehensc­hnaps für die Liptinger Narren brennt.

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FOTO: THORSTEN FRANK
 ?? FOTO: THORSTEN FRANK/BIRGA WOYTOWICZ/SZ ?? Den traditione­llen Pflugumzug der Fridinger Narren am Schmotzige­n (links oben) sowie den „Sagt-er“in Mühlheim (unten) fallen 2021 Corona zum Opfer. Auch die Liptinger Schlehenbe­ißer (rechts) müssen heuer auf ihre Dorffasnac­ht verzichten. Doch die Narren in allen drei Orten lassen sich Alternativ­en einfallen.
FOTO: THORSTEN FRANK/BIRGA WOYTOWICZ/SZ Den traditione­llen Pflugumzug der Fridinger Narren am Schmotzige­n (links oben) sowie den „Sagt-er“in Mühlheim (unten) fallen 2021 Corona zum Opfer. Auch die Liptinger Schlehenbe­ißer (rechts) müssen heuer auf ihre Dorffasnac­ht verzichten. Doch die Narren in allen drei Orten lassen sich Alternativ­en einfallen.
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