Versprechungen dienen der Beschwichtigung
Zur Diskussion um die Ansiedlung eines Amazon-Verteilzentrums in Trossingen erreichte uns folgender Leserbrief:
Im Vorfeld der Ansiedlung des Online„Händlers“Amazon erhalten die Bürger sowie die Gemeinderäte so manche Versprechungen. Letztendlich dienen diese wohlformulierten Ankündigungen der Beschwichtigung.
Bei genauerem Hinsehen und –hören wird klar: Es wurde bisher wohl nicht vertraglich geregelt, dass z.B. keine Lieferfahrzeuge in Wohngebieten abgestellt werden, sondern es wird darauf vertraut, dass Amazon „Investitionen“in ein Parkhaus „plant“. Das sagt nichts darüber, wann das Parkhaus gebaut werden soll oder wie groß es sein wird. Zitat Amazon bezüglich der Parksituation in Tuttlingen: „… haben wir unsere Lieferpartner … gebeten, ihre Mitarbeiter darauf aufmerksam zu machen, dass sie verkehrsgerecht parken sollen.“Damit bleibt es Sache der einzelnen Fahrer, wo sie ihre Fahrzeuge parken werden.
Soweit Amazon betont, nach „Mitarbeitern in der Region“zu suchen, stellt sich die Frage, welche Dimension eine Region bei Amazon hat. Dass eine Vielzahl der Mitarbeiter gezielt von weiter weg rekrutiert wird, dürfte bekannt sein. Die Annahmen von Herrn Sulzmann, damit würden Arbeitsplätze vor Ort geschaffen und letztlich Pendlerbewegungen und der Verkehr reduziert, sind Wunschdenken. Völlig absurd ist für mich die Behauptung, diese Arbeitsplätze würden Kaufkraft in die Stadt bringen. Wo kaufen wohl Arbeitnehmer mit geringem Einkommen ein, die bei einem OnlineRiesen arbeiten, der so gut wie alles für weniger Geld anbietet als dies der örtliche Handel kann?
Den Beteuerungen von Amazon, „als guter Nachbar und verantwortungsvolles Unternehmen nehmen wir solche Angelegenheiten ernst“, schenke ich schon deshalb keinen Glauben, weil sich Amazon weigert, Verhandlungen über einen Tarifvertrag wie er im Handel üblich ist, zu führen. Stattdessen wird der wesentlich schlechtere Maßstab der Logistikbranche angewandt. Hier liegt die Unkenntnis des früheren Bürgermeisters zugrunde, der behauptete, dass auch bei Amazon die Arbeitnehmer ihre Rechte effektiv geltend machen könnten. Im Amazon-Geschäftsmodell haben kollektive Arbeitnehmerrechte jedenfalls bisher keinen Platz.
Fehlende Transparenz ist das Ergebnis von Vertraulichkeit der Herren Maier und Sulzmann gegenüber Amazon. Ausbaden dürfen es die Gemeinderäte, der örtliche Handel und die Bürgerinnen und Bürger.
Es gibt viele Gründe, warum ich bei Amazon noch nie bestellt habe. Auch wenn ich dadurch die Entwicklungen nicht verhindere, so ist für mich dennoch von Bedeutung, welche gesellschaftspolitische und private Haltung ich einnehme.
Peter Fischer, Aldingen