Annäherung in Raten
Einigung zum Lieferkettengesetz in Sicht
BERLIN - Im Konflikt um das Lieferkettengesetz ist die Bundesregierung der Einigung näher gekommen. „Es gab gute Fortschritte bei vielen Punkten, aber noch nicht bei allen ist man am Ziel“, sagte ein Sprecher von Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) am Freitag. Einigkeit scheint mittlerweile darüber zu bestehen, dass der Umgang der Unternehmen mit den Menschenrechten in ihren Zulieferfabriken unabhängig überwacht werden soll.
Das Lieferkettengesetz beschäftigt die Regierungskoalition aus Union und SPD seit Jahren. Es geht darum, dass in Deutschland sitzende, produzierende und verkaufende Unternehmen mehr Verantwortung für die Zustände in ihren ausländischen Zulieferfabriken übernehmen sollen. Viele Waren, die hiesige Geschäfte anbieten, werden von externen Auftragnehmern in der ganzen Welt hergestellt. In diesen Zulieferfabriken sind die Arbeitsbedingungen oft schlecht. Deutsche Firmen sollen also Sorge tragen, dass ihre Zulieferer ausreichende Löhne zahlen, den Arbeitern Mindesturlaub einräumen und keine gesundheitsschädlichen Chemikalien einsetzen.
Das jedenfalls wollen Müller und Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) erreichen.
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) dagegen fürchtet, dass die Firmen zu strenge Regeln erfüllen müssen. Besonders angesichts der Corona-Krise, die die Wirtschaft ohnehin unter Druck setzt, will er das verhindern. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bringt viel Verständnis für Altmaiers Position auf, will das Problem nun aber vom Tisch schaffen.
Am Freitag saßen die vier Politiker zusammen. Eine zentrale Frage war, wie die Überwachung der menschenrechtlichen Pflichten zu gewährleisten sei. In der Diskussion ist die Beauftragung einer staatlichen Behörde. Bisher bevorzugten Müller und Heil allerdings die Variante, den Arbeitern der Zulieferfabriken den Gang vor deutsche Gerichte zu erleichtern. Das will Altmaier verhindern. Auch wenn ihm das gelingen sollte, kann in Streitfällen zwischen Firmen und Beschäftigten freilich der Paragraf 823 des Bürgerlichen Gesetzbuches zum Zuge kommen, der Schadensersatzansprüche regelt. Enthielte das neue Gesetz zusätzlich die Formulierung, dass deutsches und nicht ausländisches Recht gilt, könnte die Regelung mehr Wirksamkeit entfalten.
Außerdem verlangt Altmaier, dass hiesige Firmen nur Verantwortung für ihre Hauptzulieferer übernehmen sollen.