Was der Trossinger Gewerbeverein zu Amazon sagt
Geteilte Meinungen – Bürgerbeteiligung soll als Brücke zwischen Gegnern und Befürwortern fungieren
TROSSINGEN (pm/ls) - Nachdem Anwohner, die BI Schura und der Gemeinderat bereits öffentlich klare Positionen zum Thema Amazon in Trossingen bezogen haben, äußert sich nun auch der Gewerbeverein zu dem geplanten Verteilzentrum. Die im Verein organisierten Unternehmen hätten dazu sehr unterschiedliche Auffassungen, schreibt der Verein in einer Pressemitteilung, in der er auch den Wunsch nach mehr Bürgerbeteiligung formuliert.
„Recht überraschend kam die Nachricht zum Ende des vergangenen Jahres, dass sich die große Firma Amazon (rund 280 Milliarden USDollar Umsatz; Börsenwert rund 1,6 Billionen US-Dollar) mit einem Verteilzentrum in Trossingen ansiedeln möchte“, beginnt die Pressemitteilung. „ Das Geschäftsmodell dieses Internet-Riesen erscheint einerseits faszinierend, andererseits bereitet es große Sorgen, insbesondere im Hinblick auf die Entwicklung des städtischen Einzelhandels, auf die Arbeitnehmerrechte und auf die Steuergerechtigkeit.“Der Gewerbeverein stllt auch die Frage, welche Folgen es für eine Gesellschaft habe, wenn einzelne Personen wie Amazon-Gründer Jeff Bezos über ein Privatvermögen von rund 185 Milliarden Dollar ververfügen würden.
Der Gewerbeverein kommt zu folgendem Schluss: In Trossingen fokussiere sich der Ärger der Bürgerinitaitive „vor allem auf die Entscheidung der Stadt Trossingen, die aufgrund einer (nicht-öffentlichen) Gemeinderatssitzung und -entscheidung das Grundstück an einen Amazon-Partner verkauft hatte“.
Die Diskussionen innerhalb von Trossingen würden zeigen, dass es in der Trossinger Bürgerschaft keine klar vorherrschende Meinung zum Thema Amazon gebe. „Und so sehen natürlich auch die hiesigen Unternehmerinnen und Unternehmer diese Thematik recht unterschiedlich, ebenso wie die im Gewerbeverein organisierten Unternehmen“, wie es in der Pressemitteilung heißt. Allerdings seien die Gremien des Gewerbevereins der Auffassung, dass „es zunächst einmal positiv zu bewerten ist, wenn sich neue Gewerbetreibende in Trossingen ansiedeln möchten. Und darüber hinaus: Wir sind davon überzeugt, dass in Trossingen ein Klima geschaffen werden sollte, welches weitere Unternehmen, mit den unterschiedlichsten Geschäftszwecken und Modellen, nach Trossingen lockt und bei uns für Arbeitsplätze, Steuereinnahmen und neue Infrastruktur sorgt.“Kurz gesagt: Der Verein begrüßt grundsätzlich neue Unternehmen in Trossingen und wünscht sich weitere, an Amazon scheiden sich unter den Mitgliedern aber die Meinungen.
Um das gewünschte Klima zu schaffen, erscheinen dem Verein neben der Wirtschaftsförderung weitere Faktoren wie Attraktivität des Standortes und seiner Infrastruktur, die Schulen, die Kultur, das öffentliche Leben von entscheidender Bedeutung. „Und hierbei zeigt sich eine – auf den ersten Blick vielleicht überraschende – Brücke zwischen Gegnern und den Befürwortern einer Ansiedelung von Amazon: Die Einbeziehung, vielleicht sogar die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger an solch wichtigen Entscheidungsprozessen“, so die Pressemitteilung.
Hieraus könnten sich dann Meinungsvielfalt sowie neue Anregungen und Ideen ergeben und in der Folge Planungssicherheit in Bezug auf die Projekte entstehen.
Es gebe diverse Möglichkeiten der Bürgerbeteiligung. Der Gewerbeverein verweist auf förmliche Verfahren (Bürgerbegehren nach Paragraf 21 der Gemeindeordnung Baden-Württembergs, auch im konkret anstehenden Bebauungsplanverfahren; Einwohnerversammlung oder freie Formate. Der Gewerbeverein schließt seine Pressemitteilung mit dem Hinweis, an einem solchen Prozess der Meinungsbildung mitwirken zu wollen.