Wut-Bayern
FC Bayern landet mit Verspätung bei Club-WM und schießt scharf gegen Behörden und DFB
Nach der Pannen-Anreise startet der CL-Sieger in die Club-WM
BERLIN/MÜNCHEN - Die Bayern sind dort, wo sich viele Menschen dieser Tage im Corona-Winter hinträumen. In der Sonne, bei Temperaturen von 20 bis zu 25 Grad. Mit Ausschlafen und einem lockeren Vormittagstraining unter Palmen begannen die Münchner ihren ersten Morgen vor Ort in Doha. Am Nachmittag folgte das Abschlusstraining vor dem Halbfinale der Club-WM am Montag gegen den Afrika-Champion Al Ahly SC aus Kairo (19 Uhr/DAZN). Der Verein träumt vom Coup in Katar, will sich zur besten Vereinsmannschaft der Welt krönen. Da das FIFATurnier zur vergangenen Saison zählt, wäre es der vereinshistorisch einmalige sechste Titel der Spielzeit 2019/20. Solch eine Machtdemonstration, solch ein Trophäen-Sixpack war zuvor nur dem FC Barcelona unter Pep Guardiola 2009 gelungen.
Wenn da nur der Ärger über die Anreise schon verflogen wäre. Das Chaos rund um den Abflug aus Berlin nach dem 1:0 am Freitagabend bei Hertha BSC steckte der Bayern-Delegation auch am Sonntag noch in den Knochen und den Köpfen. Mehr jedoch bei den Verantwortlichen als bei den Spielern und dem Trainerstab. „Wir müssen das ad acta legen“, sagte Trainer Hansi Flick, „ich war auch nicht gerade sehr amüsiert über die Dinge und darüber, im Flugzeug festzusitzen. Schön war es nicht, aber jetzt blicken wir nach vorne und werden keine Ausreden zulassen.“
Was war passiert? In höchster Eile hatte sich der Tross des ChampionsLeague-Siegers nach dem extra um eine halbe Stunde vorverlegten Abendspiel vom Berliner Olympiastadion aus zum Flughafen BerlinBrandenburg (BER) aufgemacht, um rechtzeitig vor Mitternacht mit Blick auf die Nachtflugbeschränkungen Richtung Katar abheben zu können. Doch die Deutsche Flugsicherung erteilte der eigens gecharterten Maschine QTR7402 der Qatar Airlines keine Startfreigabe, weil nach Angaben des Brandenburger Ministeriums für Infrastruktur und Landesplanung die Bitte dafür erst um 0.03 Uhr erfolgt war. Bis 1.20 Uhr stand die Maschine auf dem Rollfeld, eine Sondergenehmigung wurde nicht erteilt. Drei Minuten drüber – nur die VierMinuten-Meisterschaft der Schalker 2001 muss bitterer gewesen sein, könnte man meinen ob der Empörung der Bosse. Erst um 6.52 Uhr, über siebeneinhalb Stunden später als ursprünglich geplant, hob man ab – allerdings mit kurzem Zwischenstopp in München wegen des nun fälligen Crew-Wechsels. Von dort aus ging es um 9 Uhr weiter, in FirstClass-Sitzen, die man zu Betten umfunktionieren kann.
Am Boden des BER, über den Wolken während des nun sechsstündigen Fluges an den Persischen Golf und am schönen Tegernsee verfestigte sich der Eindruck: Wir, die Bayern, kämpfen wieder einmal gegen den Rest der Welt. Für Karl-Heinz Rummenigge war das Flugchaos „ein Slapstick, eine lächerliche Nummer, an der sich irgendeiner abgearbeitet hat, der jetzt hoffentlich zu Hause sitzt und mal darüber nachdenken sollte“, sagte Bayerns Vorstandsboss nach der Ankunft in Doha zu „Bild“. Sein Vorwurf: „Man hatte immer den Eindruck, in Brandenburg ist irgendeiner, der den FC Bayern nicht mag oder irgendein Problem mit dem FC Bayern hat und dementsprechend uns Hürden in den Weg gestellt hat.“Alle seien „aufgebracht“gewesen, in erster Linie er selbst, der noch aus dem Flieger heraus zürnte, man fühle sich „von den zuständigen Stellen bei der brandenburgischen Politik total verarscht“. Für den daheim am Tegernsee gebliebenen Ehrenpräsidenten Uli Hoeneß war es ein „Skandal ohne Ende“, er habe gedacht, es handle sich „um einen Schildbürgerstreich“.
Doch nicht nur mit den Behörden, auch mit der Nationalelf, DFB-Direktor
Oliver Bierhoff und Nationaltrainer Joachim Löw sind die Münchner aktuell auf Kriegsfuß. Wegen Bierhoffs indirektem Flirt mit Flick als Löw-Nachfolger („Ich wäre verrückt, wenn ich das ausschließen würde“) polterte Rummenigge: „Wir werden nicht die Probleme des DFB lösen.“Und Hoeneß schimpfte: „Die deutsche Nationalmannschaft ist ja nicht gerade der Traum aller schlaflosen Nächte. Dafür würde ich doch niemals den FC Bayern verlassen.“Und, als Rat am Rande: Auf den aktuell formstarken Ex-Nationalspieler Thomas Müller, von Löw im Frühjahr 2019 im Zuge des Umbruchs ausgemustert, würde Hoeneß „niemals verzichten“, denn: „Bei so einem Turnier braucht es Leute mit guter Laune.“
Gute Laune wünscht man den Bayern auch alsbald wieder.