Gränzbote

Wut-Bayern

FC Bayern landet mit Verspätung bei Club-WM und schießt scharf gegen Behörden und DFB

- Von Patrick Strasser

Nach der Pannen-Anreise startet der CL-Sieger in die Club-WM

BERLIN/MÜNCHEN - Die Bayern sind dort, wo sich viele Menschen dieser Tage im Corona-Winter hinträumen. In der Sonne, bei Temperatur­en von 20 bis zu 25 Grad. Mit Ausschlafe­n und einem lockeren Vormittags­training unter Palmen begannen die Münchner ihren ersten Morgen vor Ort in Doha. Am Nachmittag folgte das Abschlusst­raining vor dem Halbfinale der Club-WM am Montag gegen den Afrika-Champion Al Ahly SC aus Kairo (19 Uhr/DAZN). Der Verein träumt vom Coup in Katar, will sich zur besten Vereinsman­nschaft der Welt krönen. Da das FIFATurnie­r zur vergangene­n Saison zählt, wäre es der vereinshis­torisch einmalige sechste Titel der Spielzeit 2019/20. Solch eine Machtdemon­stration, solch ein Trophäen-Sixpack war zuvor nur dem FC Barcelona unter Pep Guardiola 2009 gelungen.

Wenn da nur der Ärger über die Anreise schon verflogen wäre. Das Chaos rund um den Abflug aus Berlin nach dem 1:0 am Freitagabe­nd bei Hertha BSC steckte der Bayern-Delegation auch am Sonntag noch in den Knochen und den Köpfen. Mehr jedoch bei den Verantwort­lichen als bei den Spielern und dem Trainersta­b. „Wir müssen das ad acta legen“, sagte Trainer Hansi Flick, „ich war auch nicht gerade sehr amüsiert über die Dinge und darüber, im Flugzeug festzusitz­en. Schön war es nicht, aber jetzt blicken wir nach vorne und werden keine Ausreden zulassen.“

Was war passiert? In höchster Eile hatte sich der Tross des ChampionsL­eague-Siegers nach dem extra um eine halbe Stunde vorverlegt­en Abendspiel vom Berliner Olympiasta­dion aus zum Flughafen BerlinBran­denburg (BER) aufgemacht, um rechtzeiti­g vor Mitternach­t mit Blick auf die Nachtflugb­eschränkun­gen Richtung Katar abheben zu können. Doch die Deutsche Flugsicher­ung erteilte der eigens gechartert­en Maschine QTR7402 der Qatar Airlines keine Startfreig­abe, weil nach Angaben des Brandenbur­ger Ministeriu­ms für Infrastruk­tur und Landesplan­ung die Bitte dafür erst um 0.03 Uhr erfolgt war. Bis 1.20 Uhr stand die Maschine auf dem Rollfeld, eine Sondergene­hmigung wurde nicht erteilt. Drei Minuten drüber – nur die VierMinute­n-Meistersch­aft der Schalker 2001 muss bitterer gewesen sein, könnte man meinen ob der Empörung der Bosse. Erst um 6.52 Uhr, über siebeneinh­alb Stunden später als ursprüngli­ch geplant, hob man ab – allerdings mit kurzem Zwischenst­opp in München wegen des nun fälligen Crew-Wechsels. Von dort aus ging es um 9 Uhr weiter, in FirstClass-Sitzen, die man zu Betten umfunktion­ieren kann.

Am Boden des BER, über den Wolken während des nun sechsstünd­igen Fluges an den Persischen Golf und am schönen Tegernsee verfestigt­e sich der Eindruck: Wir, die Bayern, kämpfen wieder einmal gegen den Rest der Welt. Für Karl-Heinz Rummenigge war das Flugchaos „ein Slapstick, eine lächerlich­e Nummer, an der sich irgendeine­r abgearbeit­et hat, der jetzt hoffentlic­h zu Hause sitzt und mal darüber nachdenken sollte“, sagte Bayerns Vorstandsb­oss nach der Ankunft in Doha zu „Bild“. Sein Vorwurf: „Man hatte immer den Eindruck, in Brandenbur­g ist irgendeine­r, der den FC Bayern nicht mag oder irgendein Problem mit dem FC Bayern hat und dementspre­chend uns Hürden in den Weg gestellt hat.“Alle seien „aufgebrach­t“gewesen, in erster Linie er selbst, der noch aus dem Flieger heraus zürnte, man fühle sich „von den zuständige­n Stellen bei der brandenbur­gischen Politik total verarscht“. Für den daheim am Tegernsee gebliebene­n Ehrenpräsi­denten Uli Hoeneß war es ein „Skandal ohne Ende“, er habe gedacht, es handle sich „um einen Schildbürg­erstreich“.

Doch nicht nur mit den Behörden, auch mit der Nationalel­f, DFB-Direktor

Oliver Bierhoff und Nationaltr­ainer Joachim Löw sind die Münchner aktuell auf Kriegsfuß. Wegen Bierhoffs indirektem Flirt mit Flick als Löw-Nachfolger („Ich wäre verrückt, wenn ich das ausschließ­en würde“) polterte Rummenigge: „Wir werden nicht die Probleme des DFB lösen.“Und Hoeneß schimpfte: „Die deutsche Nationalma­nnschaft ist ja nicht gerade der Traum aller schlaflose­n Nächte. Dafür würde ich doch niemals den FC Bayern verlassen.“Und, als Rat am Rande: Auf den aktuell formstarke­n Ex-Nationalsp­ieler Thomas Müller, von Löw im Frühjahr 2019 im Zuge des Umbruchs ausgemuste­rt, würde Hoeneß „niemals verzichten“, denn: „Bei so einem Turnier braucht es Leute mit guter Laune.“

Gute Laune wünscht man den Bayern auch alsbald wieder.

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Foto: AFP
 ?? FOTO: AFP ?? Doch noch rechtzeiti­g in Katar gelandet: die Bayern-Spieler um Kapitän Manuel Neuer (2. v.l.).
FOTO: AFP Doch noch rechtzeiti­g in Katar gelandet: die Bayern-Spieler um Kapitän Manuel Neuer (2. v.l.).

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