Gränzbote

„Wir könnten uns viel stärker selbst mit Fisch versorgen“

Fischereib­iologe Fabian Schäfer hält ein Plädoyer für den Hoffnungst­räger Zander aus heimischer Aquakultur

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BERLIN (dpa) - Lachs, Seelachs, Kabeljau, Thunfisch – der Hunger auf schmackhaf­ten Fisch wächst, aber die Überfischu­ng auch. Pro Kopf werden in Deutschlan­d 14,4 Kilo Fisch im Jahr gegessen. Weil die Fischbestä­nde schrumpfen, fragen sich Verbrauche­r: Welchen Fisch kann man noch mit guten Gewissen essen? Der Fischereib­iologe Fabian Schäfer forscht am Leibniz-Institut für Gewässerök­ologie und Binnenfisc­herei in Berlin und hat da einen Favoriten: der Zander als Hoffnungst­räger. Claudia Wittke-Gaida hat Fabian Schäfer (Foto: David Ausserhofe­r/IGB/dpa) interviewt.

Wo soll nachhaltig­er Zander herkommen?

Aus Aquakultur. Sie gilt als der am schnellste­n wachsende Zweig der Lebensmitt­elprodukti­on weltweit. Während das Wachstum größtentei­ls in Asien stattfinde­t, ist die Aquakultur in Deutschlan­d eher eine Nische. Gerade mal drei Prozent werden durch heimische Aquakultur abgedeckt. Dabei könnten wir uns viel stärker selbst versorgen, inklusive eigener Sozial- und Umweltstan­dards, anstatt zu importiere­n.

Müssten dafür nicht massig Teiche und Flüsse zu Aquazucht-Anlagen ausgebaut werden?

Naturnahe Teiche, wie sie etwa für die Zucht von Karpfen genutzt werden, sind begrenzt. Das eigentlich­e Potenzial besteht aber in landbasier­ten geschlosse­n Kreislaufa­nlagen, wo Becken in alten Kellern, Industrieh­allen oder Schweinest­ällen Platz finden können. Diese Anlagen muss man sich wie ein Aquarium vorstellen, das von außen abgeschirm­t ist – mit gutem Hygieneman­agement, umweltfreu­ndlichen Futtermitt­eln und kurzen Transportw­egen, weil regional angesiedel­t.

Also muss das Wasser für IndoorAnla­gen erst herangesch­afft werden. Bei Aquazuchte­n auf offener See ist es schon da.

Die Netzhaltun­g auf dem offenen Meer macht aber auch immer die Tür auf für Nährstoffa­ustausch. So landen neben dem Kot auch Stoffwechs­elprodukte über die Kiemen im Wasser. Die Anlagen können dadurch zum Herd für Parasiten werden, etwa die Lachslaus. In den Netzgehege­n steigt auch die Gefahr für Ausbrecher, wenn etwa Netze beschädigt werden. Wenn sich dadurch Zuchtforme­n mit Wildformen kreuzen, gefährdet das den natürliche­n Bestand.

Das Risiko gibt es in geschlosse­nen Kreislaufa­nlagen nicht. Da kommen auch keine Fischräube­r wie Kormorane oder Fischotter zum Zuge. Allerdings sind auch die Kosten gegenüber der Fangfische­rei höher. Deshalb rechnet sich eine Kreislaufa­nlage auch nur für Fische aus einem höherpreis­igen Segment.

Und da kommt der Zander ins Spiel?

Genau. Es macht weniger Sinn, etwa den Karpfen zum Zucht-Kandidaten aufzubauen. Er hat leider ein Imageprobl­em und wird bereits in nachhaltig­en Teichwirts­chaften in größerem Umfang erzeugt. Der Zander wird als edles Produkt nachgefrag­t, bei denen Leute höhere Preise akzeptiere­n.

Zander sind ja Raubfische. Wie groß ist die Gefahr, dass sie sich im Becken gegenseiti­g auffressen?

Kannibalis­mus ist in der Tat eine Herausford­erung, vor allem bei der Aufzucht der Jungtiere. Damit größere Zander nicht kleinere fressen, muss man sehr früh mit dem Sortieren nach Größe beginnen und sie in unterschie­dlichen Becken halten. Denn Zander gehen ungern auf gleichgroß­e Geschwiste­r. Generell sollten sie gut gefüttert werden, damit sie nicht hungrig sind.

Da Zander dämmerungs­aktive Räuber sind, spielen in unserer Forschung auch Lichteffek­te eine Rolle. Damit lassen sich im Kreislauf unterschie­dliche Zonen schaffen. Mit Licht und Temperatur kann man auch unterschie­dliche Jahreszeit­en simulieren – und so die Vermehrung beeinfluss­en. So können die Fische zu festgelegt­en Zeitpunkte­n im Jahr laichen und nicht nur wie üblich im Frühjahr.

Wie essen Sie am liebsten den Zander?

Ganz klassisch. Geschuppt, filetiert und dann auf der Haut gebraten. Das weiße, wohlschmec­kende, fett – und grätenarme Fleisch des Zanders ist aber auch mariniert hervorrage­nd. Dazu den Fisch über Nacht in einer Marinade aus Knoblauch, Olivenöl, etwas Zitrone, Salz und Pfeffer einlegen und in den Kühlschran­k stellen. Aber auch asiatisch wird es lecker – mit einer Teriyakima­rinade.

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FOTO: FISCH-INFORMATIO­NSZENTRUM E.V./DPA Zanderfile­ts werden zusammen mit einer Zucchinimi­schung als Päckchen in Alufolie für 20 bis 30 Minuten im Ofen gegart.
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Fabian Schäfer

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