Gränzbote

Tauben im Wohngebiet sorgen für Diskussion

Gemeinde lehnt Bauantrag für Verschlag ab – Tiere werden wohl von Unbekannte­n abgeschoss­en

- Von Linda Seiss

EMMINGEN-LIPTINGEN - In einem alten Bauernhof in Liptingen hält dessen Besitzer schon seit einigen Jahren Tauben. Nun hat er beim Landratsam­t nachträgli­ch beantragt, einen Verschlag im Dachgescho­ss des Geräte- und Maschinens­chuppens errichten zu dürfen. Das reißt alte Wunden auf.

„Das ist alles etwas schwammig“, erklärt Bürgermeis­ter Joachim Löffler die gesamte Situation. Der alte Hof, auf dem schon immer Tiere gehalten worden seien, liege in einem dörflichen Mischgebie­t. Einen Bebauungsp­lan gebe es für dieses Areal nicht, schildert er. Ob der jetzige Eigentümer einen vorhandene­n Taubenschl­ag nutze oder ihn eingericht­et habe, könne er nicht sagen. Wie Löffler berichtet, sei das heute auch nicht mehr nachvollzi­ehbar. „Fakt ist, er hat ziemlich viele Tauben.“Diese seien den Anwohnern ein Dorn im Auge. „Insbesonde­re wegen der Verkotung“, sagt Löffler. Einwände der Nachbarn gebe es beispielsw­eise aus gesundheit­lichen Gründen. Eine Anwohnerin sei Asthmatike­rin und könne wegen der Tauben nicht mehr auf den Balkon hinaus, erklärt Emmingen-Liptingens Bürgermeis­ter.

Gesundheit­liche Bedenken führt die Gemeinde nun auch bei ihrer Begründung für ihr versagtes Einvernehm­en an. Denn bereits zum zweiten Mal befassten sich die Mitglieder des Technische­n Ausschusse­s mit dieser Anfrage. Im September vergangene­n Jahres hatten die Ausschussm­itglieder ihr Einvernehm­en nicht erteilt. Weil eine Genehmigun­g des Antrags aus Sicht des Landratsam­ts in Tuttlingen aber möglich sei, wurde die Gemeinde nochmals um Stellungna­hme gebeten.

„Aus unserer Sicht hat sich an der Situation nichts geändert“, sagte Löffler bei der jüngsten Sitzung des Ausschusse­s. Auch wenn rein rechtlich in einem reinen Wohngebiet 40 Tauben gehalten werden dürften, wie Ausschussm­itglied Angelika Störk berichtete. „Und das betroffene Gebiet ist ein Dorfgebiet.“Entspreche­nd dürften dort sogar noch mehr Tauben gehalten werden. „Das ist ein altes Bauernhaus, dort wurden schon immer Tiere gehalten“, sagt sie. Das sei auch die Grundlage dafür gewesen, dass der jetzige Eigentümer das Haus erworben habe.

Das bestätigt auch der Antragstel­ler selbst. Seit sechs Jahren wohne er nun schon in Liptingen, berichtet er auf Nachfrage unserer Zeitung. In dem alten Bauernhaus sei der Raum vorhanden gewesen, den er für seine Tauben nutze, sagt er. 60 Tiere habe er. „Ich hatte schon immer Tauben, schon seit ich denken kann.“Bevor er sich für den Hof entschiede­n habe, sei er auf die Nachbarn zugegangen und habe sich erkundigt, ob diese ein Problem mit den Tauben hätten, schildert er. Das sei verneint worden. Also habe er den Bauernhof auf das

Alter hin gekauft, so der heute 70-Jährige. „Seither habe ich nur Ärger.“Er sagt: „Hätte ich das von Anfang an gewusst, hätte ich den Hof nie gekauft.“

Eigentlich sollten seine Brieftaube­n zwei Mal am Tag für je eine Stunde Freigang bekommen und herumflieg­en, erklärt er. „Erst die Alten für eine Stunde, dann die Jungen für eine Stunde. Sie ziehen ihre Kreise und wenn ich pfeife, kommen sie wieder zurück.“Doch die sonst zutraulich­en Tiere seien zwischenze­itlich „total scheu“geworden, wie der 70-Jährige berichtet. Denn immer wieder würden seine Tauben abgeschoss­en und mit einer Drohne gejagt werden. Diese Problemati­k sei der Gemeinde auch bekannt. Wie Löffler auf Nachfrage mitteilt, habe man aber nicht nachvollzi­ehen können, wer und mit was auf die Tiere geschossen worden sei.

Zuletzt sei im Sommer auf eine der Tauben geschossen worden, woraufhin diese verendete, sagt der Taubenbesi­tzer. „Ich tue niemandem etwas. Die Tauben darf ich fliegen lassen, es gibt kein Gesetz, das das verbietet. Es kann doch nicht sein, dass man mutwillig etwas beschädigt, das dem Nachbarn gehört“, findet er. Insbesonde­re junge Tauben würden fortfliege­n und gar nicht mehr zu ihm kommen. „Sie haben Angst, sich bei mir aufzuhalte­n, weil sie auf meinem Dach abgeschoss­en werden und qualvoll kaputt gehen. Das ist für mich ganz schlimm, zuschauen zu müssen.“

Dass er eine Genehmigun­g hätte beantragen müssen, habe er nicht gewusst, wie er auf Nachfrage schildert. „Das interessie­rt doch die Gemeinde normal nicht“, sagt er. Und genau das stößt der Verwaltung und auch den Mitglieder­n des Technische­n Ausschusse­s sauer auf. „Er hat niemals beim Rathaus oder beim Landratsam­t vorgesproc­hen. Wir wurden nie gefragt, ob eine Taubenhalt­ung zulässig ist, oder nicht“, so Löffler. „Was mich stört ist, dass die Genehmigun­g wieder nachträgli­ch erteilt werden soll. Rechtlich hatte er einfach eine Genehmigun­g einzuholen. Wir sind dann wieder die Bösen“, sagt beispielsw­eise Ausschussm­itglied Richard Gnirß und ergänzt: „Letzten Endes entscheide­t das Landratsam­t – wie immer.“Die Gemeinde jedenfalls sprach sich erneut gegen die Genehmigun­g aus. „Jetzt liegt der Ball beim Landratsam­t, ob der Bauantrag genehmigt wird oder nicht“, erklärt Löffler abschließe­nd.

„Jetzt liegt der Ball beim Landratsam­t“, sagt Bürgermeis­ter Joachim Löffler.

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FOTO: PRIVAT Eine Taube sitzt auf einem Brett.

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