Tauben im Wohngebiet sorgen für Diskussion
Gemeinde lehnt Bauantrag für Verschlag ab – Tiere werden wohl von Unbekannten abgeschossen
EMMINGEN-LIPTINGEN - In einem alten Bauernhof in Liptingen hält dessen Besitzer schon seit einigen Jahren Tauben. Nun hat er beim Landratsamt nachträglich beantragt, einen Verschlag im Dachgeschoss des Geräte- und Maschinenschuppens errichten zu dürfen. Das reißt alte Wunden auf.
„Das ist alles etwas schwammig“, erklärt Bürgermeister Joachim Löffler die gesamte Situation. Der alte Hof, auf dem schon immer Tiere gehalten worden seien, liege in einem dörflichen Mischgebiet. Einen Bebauungsplan gebe es für dieses Areal nicht, schildert er. Ob der jetzige Eigentümer einen vorhandenen Taubenschlag nutze oder ihn eingerichtet habe, könne er nicht sagen. Wie Löffler berichtet, sei das heute auch nicht mehr nachvollziehbar. „Fakt ist, er hat ziemlich viele Tauben.“Diese seien den Anwohnern ein Dorn im Auge. „Insbesondere wegen der Verkotung“, sagt Löffler. Einwände der Nachbarn gebe es beispielsweise aus gesundheitlichen Gründen. Eine Anwohnerin sei Asthmatikerin und könne wegen der Tauben nicht mehr auf den Balkon hinaus, erklärt Emmingen-Liptingens Bürgermeister.
Gesundheitliche Bedenken führt die Gemeinde nun auch bei ihrer Begründung für ihr versagtes Einvernehmen an. Denn bereits zum zweiten Mal befassten sich die Mitglieder des Technischen Ausschusses mit dieser Anfrage. Im September vergangenen Jahres hatten die Ausschussmitglieder ihr Einvernehmen nicht erteilt. Weil eine Genehmigung des Antrags aus Sicht des Landratsamts in Tuttlingen aber möglich sei, wurde die Gemeinde nochmals um Stellungnahme gebeten.
„Aus unserer Sicht hat sich an der Situation nichts geändert“, sagte Löffler bei der jüngsten Sitzung des Ausschusses. Auch wenn rein rechtlich in einem reinen Wohngebiet 40 Tauben gehalten werden dürften, wie Ausschussmitglied Angelika Störk berichtete. „Und das betroffene Gebiet ist ein Dorfgebiet.“Entsprechend dürften dort sogar noch mehr Tauben gehalten werden. „Das ist ein altes Bauernhaus, dort wurden schon immer Tiere gehalten“, sagt sie. Das sei auch die Grundlage dafür gewesen, dass der jetzige Eigentümer das Haus erworben habe.
Das bestätigt auch der Antragsteller selbst. Seit sechs Jahren wohne er nun schon in Liptingen, berichtet er auf Nachfrage unserer Zeitung. In dem alten Bauernhaus sei der Raum vorhanden gewesen, den er für seine Tauben nutze, sagt er. 60 Tiere habe er. „Ich hatte schon immer Tauben, schon seit ich denken kann.“Bevor er sich für den Hof entschieden habe, sei er auf die Nachbarn zugegangen und habe sich erkundigt, ob diese ein Problem mit den Tauben hätten, schildert er. Das sei verneint worden. Also habe er den Bauernhof auf das
Alter hin gekauft, so der heute 70-Jährige. „Seither habe ich nur Ärger.“Er sagt: „Hätte ich das von Anfang an gewusst, hätte ich den Hof nie gekauft.“
Eigentlich sollten seine Brieftauben zwei Mal am Tag für je eine Stunde Freigang bekommen und herumfliegen, erklärt er. „Erst die Alten für eine Stunde, dann die Jungen für eine Stunde. Sie ziehen ihre Kreise und wenn ich pfeife, kommen sie wieder zurück.“Doch die sonst zutraulichen Tiere seien zwischenzeitlich „total scheu“geworden, wie der 70-Jährige berichtet. Denn immer wieder würden seine Tauben abgeschossen und mit einer Drohne gejagt werden. Diese Problematik sei der Gemeinde auch bekannt. Wie Löffler auf Nachfrage mitteilt, habe man aber nicht nachvollziehen können, wer und mit was auf die Tiere geschossen worden sei.
Zuletzt sei im Sommer auf eine der Tauben geschossen worden, woraufhin diese verendete, sagt der Taubenbesitzer. „Ich tue niemandem etwas. Die Tauben darf ich fliegen lassen, es gibt kein Gesetz, das das verbietet. Es kann doch nicht sein, dass man mutwillig etwas beschädigt, das dem Nachbarn gehört“, findet er. Insbesondere junge Tauben würden fortfliegen und gar nicht mehr zu ihm kommen. „Sie haben Angst, sich bei mir aufzuhalten, weil sie auf meinem Dach abgeschossen werden und qualvoll kaputt gehen. Das ist für mich ganz schlimm, zuschauen zu müssen.“
Dass er eine Genehmigung hätte beantragen müssen, habe er nicht gewusst, wie er auf Nachfrage schildert. „Das interessiert doch die Gemeinde normal nicht“, sagt er. Und genau das stößt der Verwaltung und auch den Mitgliedern des Technischen Ausschusses sauer auf. „Er hat niemals beim Rathaus oder beim Landratsamt vorgesprochen. Wir wurden nie gefragt, ob eine Taubenhaltung zulässig ist, oder nicht“, so Löffler. „Was mich stört ist, dass die Genehmigung wieder nachträglich erteilt werden soll. Rechtlich hatte er einfach eine Genehmigung einzuholen. Wir sind dann wieder die Bösen“, sagt beispielsweise Ausschussmitglied Richard Gnirß und ergänzt: „Letzten Endes entscheidet das Landratsamt – wie immer.“Die Gemeinde jedenfalls sprach sich erneut gegen die Genehmigung aus. „Jetzt liegt der Ball beim Landratsamt, ob der Bauantrag genehmigt wird oder nicht“, erklärt Löffler abschließend.
„Jetzt liegt der Ball beim Landratsamt“, sagt Bürgermeister Joachim Löffler.