Ein bisschen Lockerung vor Ende des Lockdowns
Verlängerung bis 7. März beschlossen – Friseure ab 1. März offen – Kretschmann will Schulen nach Faschingsferien öffnen
BERLIN/STUTTGART (dpa/lsw) Besser frisiert, doch weiter auf Distanz – so wird die deutsche Bevölkerung die erste Märzwoche erleben. Und im Südwesten dürfen Kinder und Schüler nach dem Ende der Faschingsferien, also ab dem 22. Februar, wohl wieder in Kitas und Schulen gehen. Davon abgesehen bleibt der Lockdown mit allen derzeit geltenden Einschränkungen voraussichtlich bis zum 7. März bestehen. Darauf haben sich Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Regierungschefs der Länder am Mittwoch verständigt – trotz der sinkenden Infektionszahlen. Hintergrund ist das Risiko, das von der Verbreitung der ansteckenderen Virusmutationen ausgeht. „Wir dürfen jetzt nicht nachlassen, sonst riskieren wir eine dritte Welle“, sagte dazu Südwest-Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne). Andernfalls wären noch härtere Maßnahmen als bislang notwendig.
Sollte die Sieben-Tage-Inzidenz der Neuinfektionen bis 7. März stabil unter 35 gesunken sein, sollen die Beschränkungen von den Ländern schrittweise gelockert werden. Dann könnten der Einzelhandel, Museen und Galerien sowie Betriebe mit körpernahen Dienstleistungen unter Auflagen wieder aufmachen, heißt es in dem Beschluss. Momentan liegt die Zahl pro 100 000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen bundesweit im Schnitt bei 68 Neuinfektionen täglich. Die 35 sei in Sichtweite, so Bayerns Regierungschef Markus Söder (CSU): „Es ist kein Vertagen auf den Sankt-Nimmerleins-Tag.“
Kanzlerin Merkel warb für ein vorsichtiges Vorgehen bei anstehenden ersten Lockerungen der CoronaBeschränkungen. Es solle alles dafür getan werden, um nicht in eine „Wellenbewegung hoch und runter, auf und zu“zu kommen. Eine Ausnahme soll es für Friseure geben. Sie dürfen unter strikten Hygieneauflagen bereits Anfang März wieder öffnen.
Wann es welche Öffnungsschritte in Schulen und Kitas geben soll, wird weiterhin nicht bundeseinheitlich geregelt. Merkel sagte, sie hätte damit gerne erst ab dem 1. März begonnen. Etliche Bundesländer öffnen die Schulen jedoch früher, auch BadenWürttemberg. Man sei sich einig gewesen, dass an dieser Stelle zuerst gelockert werden solle, so Kretschmann. „Und deshalb werden wir am 22. Februar schrittweise die Grundschulen öffnen.“Für Kitas gelte dies ebenfalls. Voraussetzung sei, dass die Infektionszahlen dies zulassen.
BERLIN - Die Lockdown-Maßnahmen werden verlängert – vorerst bis zum 7. März. So viel Einigkeit gab es immerhin am Mittwoch beim Videotreffen der Ministerpräsidenten der Bundesländer mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). In einigen Bereichen werden die Maßnahmen verschärft, in anderen gelockert. Ein Überblick über das, was Deutschland in den kommenden Wochen erwartet.
Die Impfzentren müssen ausgebaut werden:
Noch immer wird über den Mangel an Impfstoff und die Verschiebung von Impfterminen geredet. Dennoch warnt das Bundesgesundheitsministerium bereits davor, dass die von den Ländern bisher geschaffenen und kaum genutzten Impfzentren wegen der zu erwartenden Impfstoffmengen ab März kräftig ausgebaut werden müssten. Grundlage dafür sind Modellrechnungen, die Minister Jens Spahn (CDU) den Ministerpräsidenten vorstellte.
Um ein neues Impfchaos zu verhindern, wollen Bund und Länder einen Impfplan entwickeln. Auf Grundlage aktueller Daten rechnet das Zentralinstitut für die Kassenärztliche Versorgung aus, welche Kapazitäten (Impfzentren, mobile Impfteams, Arztpraxen) jeweils vor Ort erforderlich sind.
Masken am Arbeitsplatz werden Pflicht:
Die bisher genutzten Alltagsmasken werden wahrscheinlich immer mehr zum Auslaufmodell. Nachdem medizinische Masken schon im Nahverkehr und im Einzelhandel Vorschrift wurden, sollen nach dem Willen der Ministerpräsidenten nun überall dort, wo sich in den Unternehmen mehrere Personen in einem Raum aufhalten, medizinische Masken getragen werden. Den Sinn der besonders sicheren FFP2-Masken sieht die EU-Gesundheitsbehörde ECDC in Stockholm allerdings skeptisch. „Der erwartete Mehrwert der universellen Verwendung von FFP2-Atemschutzmasken in der Gemeinschaft ist sehr gering“, heißt es von der Behörde. Auch EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides unterstützt die Empfehlung für „das unbedingte Tragen einer FFP2-Maske“nicht.
In Altenheimen werden wegen der hohen Impfrate die Regeln bald gelockert:
Bund und Länder erwarten, dass in Kürze in den ersten Alten- und PfleSchnelltests geeinrichtungen Bewohner und Personal die zweite Vakzin-Dosis erhalten haben werden. Damit kann die weitgehende Isolierung der Senioren bald der Vergangenheit angehören kann. Aktuell sind laut RobertKoch-Institut 317 000 Bewohner und damit 48 Prozent zweimal geimpft. Gleichzeitig werden immer häufiger in den Alten- und Pflegeeinrichtungen eingesetzt. Deshalb, so der Beschluss vom Mittwoch, soll die Gesundheitsministerkonferenz, „zeitnah Empfehlungen vorlegen, in welchem zeitlichen Abstand zur Zweitimpfung und mit welchem Testkonzept die Besuchsregeln für die Einrichtungen wieder sicher erweitert werden können“.
Geschäfte und Museen können wieder öffnen:
Hier wird der neue Wert der 35er-Inzidenz wichtig. Wird in Ländern dieser 7-Tages-Wert der Infektionen pro 100 000 Einwohner für mindestens drei Tage unterschritten, dürfen Geschäfte wieder ihre Türen öffnen, allerdings begrenzt auf einen Kunden pro 20 Quadratmeter Ladenfläche. Für Museen, Galerien und körpernahe Dienstleistungen gilt das auch. Um einen Einkaufstourismus in Nachbarbundesländer zu verhindern, sollen sich die Regierungen über Öffnungsschritte abstimmen.
Friseure dürfen wieder öffnen: Unter „Auflagen zur Hygiene, zur Steuerung des Zutritts mit Reservierungen sowie unter Nutzung medizinischer Masken“sollen dem Beschluss zufolge Friseure vom 1. März an wieder Kunden bedienen dürfen. Dies geschehe „vor dem Hintergrund
der Bedeutung von Friseuren für die Körperhygiene und der jetzt bereits seit Längerem bestehenden Schließung“. Erhebliche Teile der Bevölkerung, besonders ältere Menschen, seien darauf angewiesen.
Hilfen für viele Unternehmen sollen endlich ausgezahlt werden: Neues Geld gibt es nicht, aber im Beschluss heißt es, dass „noch in diesem Monat“mit „großzügigen Abschlagszahlungen“von bis zu 100 000 Euro im Monat begonnen werde. Die Überbrückungshilfe III erhalten Betriebe, die von Januar bis Juni 2021 dramatische Verluste haben, teils noch für November und Dezember. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hatte sich entschuldigt, dass die Auszahlung der Hilfen so lange gedauert habe. Sein Ministerium habe eine Plattform „aus dem Boden stampfen müssen“, um die Länder bei der Auszahlung zu unterstützen.
Für die Überbrückungshilfe III hatte sich sein Haus mit dem Finanzministerium über die Bedingungen gestritten. Altmaier lässt nun täglich die Auszahlungen veröffentlichen: Von der Novemberhilfe wurden bisher 3,2 Milliarden Euro ausgezahlt, davon gut die Hälfte Abschlagszahlungen, und zwei Milliarden Euro der Dezemberhilfe, meist Vorschüsse.