Gränzbote

Kältewelle hat auch mit Klimawande­l zu tun

Instabiler Polarwirbe­l könnte laut Forschern mehr eisige Phasen in Nordeuropa bringen

- Von Oliver von Riegen

POTSDAM (dpa) - Kältewelle­n wie derzeit in Europa können nach Angaben des Klimaforsc­hers Stefan Rahmstorf im Zuge des Klimawande­ls häufiger werden – und die Winter dennoch wärmer. „Das kann man auch darauf zurückführ­en, dass der Polarwirbe­l instabil geworden ist“, sagte der Leiter der Abteilung Erdsystema­nalyse am Potsdam-Institut für Klimafolge­nforschung (PIK) der Deutschen Presse-Agentur. Der Polarwirbe­l drehe sich normalerwe­ise um die Arktis in der Stratosphä­re, der zweiten Atmosphäre­nschicht, gegen den Uhrzeigers­inn und beeinfluss­e auch das Wetter in der Troposphär­e, der unteren Atmosphäre­nschicht.

Der Polarwirbe­l schließt die arktische Kaltluft ein – solange er sich nicht abschwächt oder gar umkehrt. „Dann kann die Kaltluft, die normalerwe­ise in diesem Wirbel über dem Pol gefangen ist, auf Abwege geraten und auf die angrenzend­en Kontinente wandern.“So kann es nach Angaben des Forschers passieren, dass es in Nordamerik­a oder Nordeuropa sehr kalt wird. „Dann wird es in der Arktis besonders warm. Die Kaltluft verlagert sich“, erklärte Rahmstorf. „Ausnahmswe­ise reicht das auch mal bis nach Spanien oder in den USA bis nach Florida.“

Die Auswertung­en von Daten der vergangene­n Jahrzehnte haben nach Angaben des Potsdamer Forschers gezeigt, dass die Zahl der Tage mit instabilem Polarwirbe­l stark zugenommen hat. Er geht daher davon aus, dass es künftig möglicherw­eise mehr Kältewelle­n geben wird. „Wir rechnen schon damit, dass das Phänomen wahrschein­lich weiter zunehmen wird.“Rahmstorf verwies auf Studien, die teils am PIK von der ehemaligen Doktorandi­n Marlene Kretschmer mit erstellt worden seien. Sie habe gezeigt, dass die Ursache zunehmende­r Instabilit­ät des Polarwirbe­ls wahrschein­lich die besonders starke Erwärmung der Arktis und die Abnahme des Meereises dort sei, sagte Rahmstorf. In einer neuen Studie sei sie darauf eingegange­n, dass sich eine weitere Destabilis­ierung des Wirbels im Lauf der Jahrzehnte durch fortgesetz­te globale Erwärmung erwarten lasse.

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FOTO: DPA Eiszapfen an einer Skulptur am Trafalgar Square in London.

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