Gastronomie hofft auf das Ostergeschäft
Dehoga-Neujahrsempfang: „Die Krise trifft unsere Branche hammerhart“– Öffnung ohne Sperrstunde gewünscht
LANDKREIS TUTTLINGEN – Das Hotelund Gastgewerbe ist von der Corona-Pandemie schwer getroffen. Deshalb formten die aktuelle Situation und die Folgen der Pandemie am Dienstag auch den Mittelpunkt beim digitalen Neujahrsempfang der Kreisstelle Tuttlingen des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) Baden-Württemberg, an dem sich mehrere Wirte, Unternehmen und die Politik beteiligten.
Digital per Videokonferenz blickte der Vorsitzende der DehogaKreisstelle Tuttlingen, Dieter Marquardt, mit Sorge auf die derzeitige Corona-Situation: „Wir haben im vergangenen Jahr schwere Zeiten hinter uns und dieses Jahr beginnt traurig und ungewiss“, sagte Marquardt, der rund 20 Gäste, darunter mehrere Wirte, begrüßen konnte, die online am Neujahrsempfang teilnahmen. Überall im Land habe das Gastgewerbe „extreme Schäden“wegen der Corona-Pandemie registriert.
Der Geschäftsführer der Donaubergland GmbH Walter Knittel kann der Zeit der Pandemie auch etwas Gutes abgewinnen: „Wir haben uns im vergangenen Jahr sehr gut und nochmal neu kennengelernt und erlebt, wie es in einer Krise gemeinsam gehen kann. Wir haben uns vorher selten so gut ausgetauscht“, sagte er in der Videokonferenz den Vertretern des Hotel- und Gastgewerbes sowie Vertretern der Politik. „Diese Krise verbindet uns am Ende und schweißt uns noch enger zusammen“, ergänzte Knittel.
„Diese Krise trifft unsere Branche hammerhart“, stellte Fritz Engelhardt, der Landesvorsitzende vom Dehoga Baden-Württemberg, fest. Er hatte mehrere unerfreuliche Zahlen im Gepäck: Die vorläufige Bilanz für vergangenes Jahr zeige, dass das Gastgewerbe im Land einen Umsatzrückgang von 40 Prozent registriere. „Es fehlen 5,2 Milliarden Euro an Einnahmen und der Lockdown in diesem Jahr ist noch nicht vorbei. Da wird noch einiges dazukommen“, ist sich Engelhardt sicher. Hinzu kämen höhere Schulden: „Die finanziellen Hilfen haben bei weitem nicht ausgereicht, um die Branche durch dieses schwierige Fahrwasser durchzubekommen. Die Branche hat sich mit 1,2 Milliarden Euro neu verschuldet“, zeigte er sich besorgt.
Zeitweise seien zudem deutschlandweit mehr als eine Million Arbeitnehmer in der Branche in Kurzarbeit. „Wir kämpfen zudem mit dem Phänomen, dass uns sehr viele Fachkräfte den Rücken kehren“, so Engelhardt. Er stelle aber auch fest, dass das Gastgewerbe während der Corona-Pandemie „erfinderisch und aktiv“sei und meint damit Aktionen und Angebote wie Liefer- und Abholservices. Er lobte auch den Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent. Diesen benötige man nicht nur befristet, sondern dauerhaft.
Wenn Bund und Länder Lockerungen für das Hotel- und Gastgewerbe beschließen, wünsche er sich, dass diese so gestaltet werden, wie zwischen den beiden Lockdowns im vergangenen Jahr. „Es wäre schön, wenn wir das Ostergeschäft mitnehmen könnten. Dafür müssten die Betriebe aber 14 Tage vorher Bescheid wissen“, so seine abschließenden Worte.
Landestourismusminister Guido Wolf bezeichnete es als „ärgerlich“, dass die finanziellen Hilfen für den November und Dezember erst jetzt in den Betrieben ankommen. Positiv anzusehen sei hingegen, dass das Kabinett jüngst beschlossen habe, die Stabilisierungshilfen neu aufzusetzen. Mit Blick auf Lockerungen benötige es ein Stufenkonzept für die Gaststätten. Das befürworteten auch die Wirte beim Neujahrsempfang. Auf einen genauen Öffnungstermin solle sich aber derzeit niemand festlegen. Wolf verweist dabei unter anderem auf die Mutationen des Coronavirus und die Inzidenzwerte.
Der Landesminister mache sich zudem große Sorgen um die Innenstädte. Dort brauche es Cafés, Gastronomie und Handel, die sich laut Wolf gegenseitig beflügeln würden. Außerdem will sich Wolf für eine Ausbildungsoffensive in der Branche einsetzen und auch das Marketing ankurbeln.
Der Geschäftsführer des Irish Pubs aus Tuttlingen, Michael Steiger, betonte mit Blick auf eine mögliche Öffnung: „Vielleicht sollten wir nicht zu schnell öffnen, damit wir nicht das auf das Spiel setzen, was wir jetzt geschafft haben.“Wenn geöffnet werden soll, dann findet Steiger, solle das unter anderem ohne Sperrstunden erfolgen. Er hofft, dass es Richtung Ostern wieder weitergeht mit der Öffnung von Gastronomie und Hotelgewerbe.