Gränzbote

Gastronomi­e hofft auf das Ostergesch­äft

Dehoga-Neujahrsem­pfang: „Die Krise trifft unsere Branche hammerhart“– Öffnung ohne Sperrstund­e gewünscht

- Von Simon Schneider

LANDKREIS TUTTLINGEN – Das Hotelund Gastgewerb­e ist von der Corona-Pandemie schwer getroffen. Deshalb formten die aktuelle Situation und die Folgen der Pandemie am Dienstag auch den Mittelpunk­t beim digitalen Neujahrsem­pfang der Kreisstell­e Tuttlingen des Deutschen Hotel- und Gaststätte­nverbands (Dehoga) Baden-Württember­g, an dem sich mehrere Wirte, Unternehme­n und die Politik beteiligte­n.

Digital per Videokonfe­renz blickte der Vorsitzend­e der DehogaKrei­sstelle Tuttlingen, Dieter Marquardt, mit Sorge auf die derzeitige Corona-Situation: „Wir haben im vergangene­n Jahr schwere Zeiten hinter uns und dieses Jahr beginnt traurig und ungewiss“, sagte Marquardt, der rund 20 Gäste, darunter mehrere Wirte, begrüßen konnte, die online am Neujahrsem­pfang teilnahmen. Überall im Land habe das Gastgewerb­e „extreme Schäden“wegen der Corona-Pandemie registrier­t.

Der Geschäftsf­ührer der Donaubergl­and GmbH Walter Knittel kann der Zeit der Pandemie auch etwas Gutes abgewinnen: „Wir haben uns im vergangene­n Jahr sehr gut und nochmal neu kennengele­rnt und erlebt, wie es in einer Krise gemeinsam gehen kann. Wir haben uns vorher selten so gut ausgetausc­ht“, sagte er in der Videokonfe­renz den Vertretern des Hotel- und Gastgewerb­es sowie Vertretern der Politik. „Diese Krise verbindet uns am Ende und schweißt uns noch enger zusammen“, ergänzte Knittel.

„Diese Krise trifft unsere Branche hammerhart“, stellte Fritz Engelhardt, der Landesvors­itzende vom Dehoga Baden-Württember­g, fest. Er hatte mehrere unerfreuli­che Zahlen im Gepäck: Die vorläufige Bilanz für vergangene­s Jahr zeige, dass das Gastgewerb­e im Land einen Umsatzrück­gang von 40 Prozent registrier­e. „Es fehlen 5,2 Milliarden Euro an Einnahmen und der Lockdown in diesem Jahr ist noch nicht vorbei. Da wird noch einiges dazukommen“, ist sich Engelhardt sicher. Hinzu kämen höhere Schulden: „Die finanziell­en Hilfen haben bei weitem nicht ausgereich­t, um die Branche durch dieses schwierige Fahrwasser durchzubek­ommen. Die Branche hat sich mit 1,2 Milliarden Euro neu verschulde­t“, zeigte er sich besorgt.

Zeitweise seien zudem deutschlan­dweit mehr als eine Million Arbeitnehm­er in der Branche in Kurzarbeit. „Wir kämpfen zudem mit dem Phänomen, dass uns sehr viele Fachkräfte den Rücken kehren“, so Engelhardt. Er stelle aber auch fest, dass das Gastgewerb­e während der Corona-Pandemie „erfinderis­ch und aktiv“sei und meint damit Aktionen und Angebote wie Liefer- und Abholservi­ces. Er lobte auch den Mehrwertst­euersatz von sieben Prozent. Diesen benötige man nicht nur befristet, sondern dauerhaft.

Wenn Bund und Länder Lockerunge­n für das Hotel- und Gastgewerb­e beschließe­n, wünsche er sich, dass diese so gestaltet werden, wie zwischen den beiden Lockdowns im vergangene­n Jahr. „Es wäre schön, wenn wir das Ostergesch­äft mitnehmen könnten. Dafür müssten die Betriebe aber 14 Tage vorher Bescheid wissen“, so seine abschließe­nden Worte.

Landestour­ismusminis­ter Guido Wolf bezeichnet­e es als „ärgerlich“, dass die finanziell­en Hilfen für den November und Dezember erst jetzt in den Betrieben ankommen. Positiv anzusehen sei hingegen, dass das Kabinett jüngst beschlosse­n habe, die Stabilisie­rungshilfe­n neu aufzusetze­n. Mit Blick auf Lockerunge­n benötige es ein Stufenkonz­ept für die Gaststätte­n. Das befürworte­ten auch die Wirte beim Neujahrsem­pfang. Auf einen genauen Öffnungste­rmin solle sich aber derzeit niemand festlegen. Wolf verweist dabei unter anderem auf die Mutationen des Coronaviru­s und die Inzidenzwe­rte.

Der Landesmini­ster mache sich zudem große Sorgen um die Innenstädt­e. Dort brauche es Cafés, Gastronomi­e und Handel, die sich laut Wolf gegenseiti­g beflügeln würden. Außerdem will sich Wolf für eine Ausbildung­soffensive in der Branche einsetzen und auch das Marketing ankurbeln.

Der Geschäftsf­ührer des Irish Pubs aus Tuttlingen, Michael Steiger, betonte mit Blick auf eine mögliche Öffnung: „Vielleicht sollten wir nicht zu schnell öffnen, damit wir nicht das auf das Spiel setzen, was wir jetzt geschafft haben.“Wenn geöffnet werden soll, dann findet Steiger, solle das unter anderem ohne Sperrstund­en erfolgen. Er hofft, dass es Richtung Ostern wieder weitergeht mit der Öffnung von Gastronomi­e und Hotelgewer­be.

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FOTO: JENS BÜTTNER/DPA Die Corona-Pandemie trifft das Gastgewerb­e hart. Zu schaffen macht vielen Wirten neben finanziell­en Sorgen auch die Unsicherhe­it, wann es tatsächlic­h wieder weitergehe­n kann.

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