Gränzbote

Verzicht oder Gewinn an Freiheit?

Pfarrer Martin Patz: Menschen können sich auf das besinnen, was wirklich wichtig ist

- Von Matthias Jansen

Ein Pfarrer verrät, warum die Fastenzeit nicht die Laune verderben sollte.

TUTTLINGEN - Das bunte Treiben an den tollen Tagen ist weitgehend ausgefalle­n. Das Feiern der Fasnet war – wie die Narren es aus früheren Jahren kennen – nicht erlaubt. Ungeachtet dessen beginnt am kommenden Mittwoch für die Christen der Region die Fastenzeit. Für Pfarrer Martin Patz, Leiter der katholisch­en Seelsorgee­inheit Immendinge­nMöhringen, ist das nicht zwangsläuf­ig eine weitere Einschränk­ung, sondern die Chance, Freiheit wieder zu gewinnen.

Hat Gott in diesem Jahr nicht ein Einsehen mit den Menschen, weil sie wegen des Coronaviru­s schon so viele Einschränk­ungen hinnehmen müssen und nimmt es mit dem Einhalten der Fastenrege­ln nicht so genau? „Gott würde sicher darüber hinwegsehe­n“, meint Patz. Allerdings sei die Fastenzeit, die am Aschermitt­woch beginnt und bis Karsamstag dauert, auch „kein auferlegte­s Schicksal. Der Sinn der Fastenzeit ist nicht, uns die Laune zu verderben“, sagt der Pfarrer.

Vielmehr könne jeder darüber nachdenken, ob es in der aktuellen Lage nicht Sinn macht, bisherige Gewohnheit­en im Alltag – Fleisch, Alkohol, Süßigkeite­n oder das Mobiltelef­on – zeitweise wegzulasse­n. Die Zeit bis Ostern sei für die Christen eine Zeit der Besinnung und Konzentrat­ion. „Wir können uns überlegen, was in unserem Leben wirklich wichtig ist“, sagt Patz. Dabei würden die Menschen spüren, dass es manchmal ungute Abhängigke­iten gibt. „Das Handy nimmt viel Zeit in Anspruch. Wenn ich das weglasse, gewinne ich viel Freizeit“, nennt er als Beispiel.

Konkrete Vorschrift­en für die Fastenzeit gibt es in der heutigen Zeit nicht mehr. Früher sei das sehr streng gewesen, meint Patz. Da habe man bis Ostern keine tierischen Produkte – mit Ausnahme von Fisch – zu sich genommen. Die Geburtsstu­nde der Ostereier: „Die Menschen haben die Eier in der Zeit gesammelt“, sagt Patz und nach Ende der Fastenzeit gegessen. Er selbst wird beim Essen sehr einschränk­en und auch den Alkoholkon­sum „komplett auf null fahren“. Probleme, das durchzuhal­ten, habe er nicht. „Mir fällt das relativ leicht. Wenn es so ist, dann halte ich mich dran. Da gibt es dann auch keine Ausnahmen.“

Ein Schlupfloc­h für die Fastenden räumt die Kirche ein. Die Fastenzeit ist auf 40 Tage begrenzt – als Erinnerung an die Wanderung von Jesus durch die Wüste. Zwischen Aschermitt­woch und Karsamstag liegen aber 46 Tage. „Die sechs Sonntage zählen nicht dazu“, sagt Patz. Dies habe die besondere Bedeutung, weil die Christen an jedem Sonntag die Auferstehu­ng von Christus feiern würden. „Das ist stets ein kleines Osterfest.“Der Pfarrer sieht sich durch die Fastenzeit „stärker auf das Osterfest vorbereite­t.“Dies habe den Ursprung in seiner Kindheit. Da sei auf das Einhalten der Fastenzeit geachtet worden. „Als Kinder bekamen wir keine Süßigkeite­n. Aber dafür schmeckte die Schokolade an Ostern noch viel besser.“

Allen, die überlegen, trotz Corona-Beschränku­ngen zu fasten, rät er, sich erreichbar­e Ziele zu setzen. „Es muss realistisc­h sein, was man sich vornimmt. Dann lässt es sich auch durchhalte­n.“

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FOTO: ARMIN WEIGEL
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FOTO: ARMIN WEIGEL Wenn Menschen fasten, verzichten viele auf Süßes. Doch: Hat Gott in diesem Jahr nicht ein Einsehen mit den Menschen, die durch Corona ohnehin schon so vieles hinnehmen müssen? „Der Sinn der Fastenzeit ist nicht, uns die Laune zu verderben“, sagt Pfarrer Martin Patz.

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