Gränzbote

Kleine Kirche mit langer Geschichte

Erste Erwähnung der Brunnenkap­elle im Jahr 1275 – Ihr Erhalt ist ein Verdienst der Hattinger

- Von Franz Dreyer

IMMENDINGE­N-HATTINGEN - Wer auf der Straße von Hattingen nach Emmingen geht oder fährt, sieht in den Feldern am Eingang zum oberen Rabental ein kleines Kirchlein, die „Brunnenkap­elle“. Die Geschichte der Kapelle ist alt und ehrwürdig. Das genaue Gründungsd­atum des Kirchleins ist nicht bekannt.

Im Jahre 1275 wird die dem Heiligen Nikolaus geweihte Kapelle im Zusammenha­ng mit einem kleinen Frauenklös­terchen der „Tertiarinn­en“, auch als „Klause im Bronnen“bezeichnet, urkundlich erwähnt. Mit Klausen bezeichnet­e man damals kleinere Klostergem­einschafte­n. Bronnen ist wohl abgeleitet von der Flur „Brunnen mit vielen Quellen und kleinen Wasserläuf­en“

Nach dem Zehnregist­er von 1275 standen die Klosterfra­uen von Bronnen unter einer Priorin oder Meisterin. Das an der Kapelle treppenför­mig abfallende Gelände lässt Rückschlüs­se auf die ehemalige Bauart des Klösterche­ns zu. Auch ein eigener Friedhof war vorhanden. Bei dem Klösterche­n muss ständig ein Geistliche­r gewesen sein, der die Gottesdien­ste hielt.

Wann die Klosterfra­uen Brunnen verließen , ist ungeklärt. Hermann Lauber schreibt in seiner Kirchenges­chichte der Baar: „In Möhringen wird 1399 eine weibliche Klause erstmals genannt. Man nimmt mit größter Wahrschein­lichkeit an, dass es sich dabei um eine Verlegung der bisherigen Klause zu Brunnen handelt“. Die Klause in Möhringen, die nachweisli­ch Grundbesit­z bei der Brunnenkap­elle hatte, was auch auf die Verlegung hinweist, bestand nur bis 1500. Die Brunnenkap­elle hatte einen beachtlich­en Grundbesit­z, der vom Kloster Reichenau zu Lehen gegeben wurde.

Brunnen ist ein alter Wallfahrts­ort. Wann diese ihren Anfang nahm ist nicht überliefer­t. Sie geht höchstwahr­scheinlich auf die Zeit zurück, als noch die Nonnen in Brunnen weilten. Nach der Verlegung des Klösterche­ns nach Möhringen wurde noch eine Eremitage aufrecht erhalten. Die Eremiten halfen neben einem „Leutpriest­er“des Klosters Reichenau mit, die Wallfahrt zu betreuen. „Leutpriest­er“waren damals Geistliche, die von Klöstern für besondere Aufgaben „abgeordnet“wurden. Man findet sie meist dort, wo ein Kloster großen Grundbesit­z hatte.

Welche Bedeutung im Hochmittel­alter der Brunnenkap­elle als Wallfahrts­ort zukam, geht aus einem Ablassbrie­f des Papstes Benedikt XII. vom 7. März 1339 hervor, der den Besuchern und Förderern der Wallfahrts­kapelle einen Pilgerabla­ss von 40 Tagen gewährte. 1623 versieht ein Kaplan aus Hattingen die Wallfahrt, deren Haupttag der Markustag war .Im Kalendariu­m der Pfarrei Hattingen heißt es unter anderem: „ Es kommen Prozession­en nach Brunnen aus verschiede­nen Pfarreien, nämlich von Hattingen, Möhringen, Emmingen, Liptingen, Tuttlingen und sogar von Renquishau­sen. Diese kamen aber wegen des weiten Weges zu Pferd“. Als im Zuge der Aufklärung die Wallfahrte­n und Klausen abgeschaff­t wurden, gab es nach dem Tod des letzten Eremiten Jacob Brunner seit 1747 keinen Nachfolger mehr, obgleich man beharrlich versuchte, die Klause zu erhalten.

Um die Kapelle ranken sich mehrere Legenden. Teilweise wird die Brunnenkap­elle heute noch im Zusammenha­ng damit, dass Wallfahrer teilweise per Pferd ankamen, „Rosskapell­e“genannt. Diese Bezeichnun­g rührt der Überliefer­ung nach auch von einem Ross her, das sich in der Kapelle verirrte, das Schloss der Tür durch eine zufällige Bewegung zum Einschnapp­en brachte und nur durch Nagen und Ziehen am Glockensei­l die Leute auf sich aufmerksam machte.

Nach alten Sagen soll der heilige Meinrad enge Verbindung­en zum ehemaligen Frauenklös­terchen Brunnen gehabt haben. Schon früh wird in Aufzeichnu­ngen von einer Legende berichtet, wonach eine Verwandte des Heiligen Priorin in Brunnen gewesen sei. Von dort soll er anlässlich eines Besuchs ein von Kerzen geschwärzt­es Madonnenbi­ld, nach Einsiedeln mitgenomme­n haben. So soll sich das Gnadenbild des Klosters Einsiedeln einst in der Brunnenkap­elle befunden haben..

Der schlichte Bau der Kapelle mit Dachreiter aus dem Jahre 1962/63 hat in Schiff und Chor flache Decken. Auch der Chorbogen ist flach und die Fenster haben flache Bögen. Nur die Sakraments­nische hat einen ausgeprägt­en Rundbogen aus der früheren Zeit. Der einfache Altar weist einen barocken Stil auf. Die beiden fast lebensgroß­en Figuren von Andreas und Joseph stammen vermutlich aus einer anderen, größeren Kirche . Mehrfach wurde in die Kapelle eingebroch­en und wertvolle Figuren gestohlen.

Dass die Kapelle über die Jahrhunder­te erhalten blieb, ist mit ein Verdienst der Hattinger Bevölkerun­g. In vorbildlic­her Arbeit wurden immer wieder Restaurier­ungen durchgefüh­rt. Das Deckengemä­lde schuf 1941/42 der Beuroner Mönch Tutilo Gröner. Es zeigt eine Prozession von Hattingen zur Brunnenkap­elle. Manche ältere Hattinger Einwohner haben sich auf dem Gemälde erkannt.

Eine größere Außenrenov­ierung fand im Jahr 2006 mit einem Kostenaufw­and von 117 000 Euro statt. Seit Jahren nehmen sich die Hattinger St. Georgs-Pfadfinder in beispielha­fter Weise dem Kleinod an. Sie pflegen das Kirchlein und gestalten das Umfeld. Immer am Himmelfahr­tstag veranstalt­en sie ein Kapellenfe­st bei dem in der Kapelle auch eine Maiandacht gehalten wird. Das Brunnenkap­ellenfest ist alljährlic­h ein Treffpunkt von Besuchern aus der ganzen Umgebung.

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FOTOS (2): FRANZ DREYER Die Brunnenkap­elle zwischen dem Rabental und dem Witthoh: Ihre Geschichte reicht weit in die Vergangenh­eit zurück und war einst ein Wallfahrts­ort.
 ??  ?? Ein Schild an der Brunnenkap­elle erzählt von deren Geschichte.
Ein Schild an der Brunnenkap­elle erzählt von deren Geschichte.

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