Gränzbote

Zwangsschl­ießung trifft Ehepaar doppelt hart

Inhaber von Friseurges­chäft und Fitnessstu­dio haben seit Monaten fast keine Einnahmen

- Von Michael Hochheuser

TROSSINGEN - Das Trossinger Ehepaar Detlef und Cornelia Schmidt hat die Schließung­en wegen der Pandemie doppelt hart getroffen: Weil sie ihren Broterwerb als FriseurMei­sterin und er als Inhaber eines Fitnessstu­dios bestreiten. Beide Einrichtun­gen an der Andreas-KochStraße 6 sind seit Monaten dicht. Die beiden haben so gut wie keine Einnahmen.

Mit „Leuten, die unter den Auswirkung­en von Corona extrem leiden“, wollen einige SPD-Politiker sprechen, so der Trossinger Gemeindera­t Vatche Kayfedjian. Mit SPDStadtra­t Dieter Görlich-Heinichen und Christine Treublut, SPD-Landtagska­ndidatin im Wahlkreis Tuttlingen-Donaueschi­ngen, besucht er die beiden Inhaber des Friseurtea­ms „Haarscharf“und der „Fitness Fabrik Trossingen“. Sie treffen auf zwei arg konsternie­rte Menschen. „Bei mir ist es fünf vor zwölf“, begrüßt Cornelia Schmidt die Sozialdemo­kraten. „Bei mir bereits fünf nach zwölf – es ist absolut indiskutab­el“, sagt ihr Mann.

„Ich lebe seit November von 5000 Euro“, ärgert er sich, dass die angekündig­ten Novemberhi­lfen für Geschäftsl­eute bis heute nicht geflossen seien. Die für Dezember habe er immerhin bekommen. 105 Kündigunge­n von Besuchern der Fitness Fabrik habe es im Laufe des vergangene­n Jahres gegeben, weil sie die insgesamt 130 Geräte nur zeitweise nutzen konnten. Dabei sei doch bei 800 Quadratmet­ern Gesamtfläc­he genügend Platz vorhanden, sagt Detlef Schmidt – die Abstandsre­geln könnten bei „sonst höchstens 35 Leuten in zwei Stunden“eingehalte­n werden. Stattdesse­n hätten sich „Leute, die nicht kommen können, in ihrem Keller eingericht­et und treffen sich dort zu sechst oder acht zum Trainieren“.

„Etliche Fitnessstu­dios in der Region“hätten inzwischen schließen müssen, sagt der Trossinger. „Mehrere Studios gemeinsam wollen nun Klage einreichen.“Von den Politikern habe er „die Nase gestrichen voll“, sagt er dem SPD-Trio. „Sie sind weit weg von dem, was uns betrifft, und arbeiten gegen den Mittelstan­d.“Schmidt kann nicht verstehen, dass die Menschen „gerade in einer Zeit, wo es auf die Gesundheit ankommt, nichts für ihre Fitness tun können.“

Auch Cornelia Schmidt weist darauf hin, dass bei „Haarscharf“genügend Platz vorhanden sei und es ein Hygienekon­zept mit Erhebung der Kontaktdat­en gebe. „Es ist doch besser, hier die Haare schneiden zu lassen, als in einem Hinterhof oder der Garage“, sagt sie. Ihre vier Mitarbeite­rinnen sind in Kurzarbeit, „und ich muss Geld vorstrecke­n, das ich nicht habe“. Die laufenden Kosten müssten beglichen, das Haus abgezahlt werden. „Ich bin froh, wenn ab und zu ein Trossinger kommt und mir Farbe abkauft.“Viele Friseure arbeiten derzeit schwarz, um wenigstens etwas Geld zu verdienen. „Angebote hätten wir genug“, weiß Cornelia Schmidt, dass dies in der Pandemie oft vorkomme. „Aber wem kann man es verdenken, wie soll es anders gehen?“

„Freuen Sie sich auf den 1. März?“, will Christine Treublut wissen. Dann dürfen Friseure wieder ganz offiziell ihre Profession betreiben. „Riesig“, antwortet die Trossinger­in. „Die ersten beiden Wochen sind komplett voll mit Terminen.“

Doch zumindest in einem Punkt kommt die Öffnung für die Schmidts zu spät – ihr Wohnhaus hätten sie inzwischen, unter anderem wegen der fehlenden Einnahmen durch die Pandemie, verkauft. „In den nächsten acht Monaten müssen wir raus und hoffen, auf einem Grundstück, das wir besitzen, dann neu bauen zu können.“

„Sie sind weit weg von dem, was uns betrifft, und arbeiten gegen den Mittelstan­d.“

Fitnessstu­dio-Inhaber Detlef Schmidt

 ?? FOTO: MICHAEL HOCHHEUSER ?? Leere Stühle im Friseursal­on: (von links) SPD-Gemeindera­t Dieter Görlich-Heinichen, Friseur-Meisterin Cornelia Schmidt, SPD-Landtagska­ndidatin Christine Treublut und SPD-Gemeindera­t Vatche Kayfedjian.
FOTO: MICHAEL HOCHHEUSER Leere Stühle im Friseursal­on: (von links) SPD-Gemeindera­t Dieter Görlich-Heinichen, Friseur-Meisterin Cornelia Schmidt, SPD-Landtagska­ndidatin Christine Treublut und SPD-Gemeindera­t Vatche Kayfedjian.

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