Der Milchpreis bereitet große Sorgen
Öschlehof auf dem Rußberg plant Stall-Neubau – Damit ist ein großes Risiko verbunden
RIETHEIM-WEILHEIM - Seit wie vielen Generationen seine Familie den Öschlehof auf dem Rußberg betreibt, hat Peter Marquardt nicht gezählt. Sein Vater sei jedoch derjenige gewesen, der nach dem Krieg die Landwirtschaft zum Haupterwerb machte. Fest steht auch, dass Sohn Ralf Marquardt den Familienbetrieb weiterführen will. Pläne für einen neuen Stall gibt es bereits. Darin sehen die Landwirte aber auch ein Risiko – denn vor allem der schwankende Milchpreis bereitet ihnen Sorgen.
Die Milchwirtschaft ist die Haupteinnahmequelle der Marquardts. Die Familie bewirtschaftet auf dem Rußberg etwa 114 Hektar Grünland und 15 Hektar Ackerland. Rund 80 Milchkühe leben in dem Stall. Zusammen mit der Nachzucht kommt der Hof auf rund 140 Tiere. „Mein Vater wollte immer einen modernen Betrieb bewirtschaften. 1970 hat er bereits einen Boxenlaufstall gebaut. Das war damals nicht üblich“, erzählt Peter Marquardt im Gespräch mit unserer Zeitung. Mittlerweile ist der Stall aber in die Jahre gekommen. Deshalb soll ein Neubau her. „Es war klar, wenn der Junior weitermacht, muss das Gebäude auf Vordermann gebracht werden“, so der 62-Jährige.
Damit sich die Investition in das neue Gebäude lohnt, ist dabei auch eine Erweiterung angedacht. Künftig soll Platz sein für 120 Milchkühe und deren Nachzucht. Die Pläne dafür haben die Marquardts auch schon im Gemeinderat vorgestellt. „Die Kapazität muss etwas erhöht werden, sonst ist das Ganze nicht wirtschaftlich“, erklärt Ralf Marquardt. „Das eigentliche Ziel ist aber nicht, mehr Tiere zu halten, sondern das Tierwohl zu erhöhen“, so der 29jährige Landwirtschaftsmeister. Da er Tag für Tag mit den Tieren arbeite, habe dieses für ihn einen hohen Stellenwert. „Ich hätte schon ein schlechtes Gewissen, wenn es den Kühen nicht gut geht“, sagt er.
Schon jetzt nutzt Ralf Marquardt verschiedene technische Lösungen, um das Wohlergehen der Tiere im Blick zu behalten. So trägt beispielsweise jede Milchkuh ein Halsband mit einem Sensor. Der zeichnet ihre Bewegungen auf, misst, wie viel sie frisst und wie sie wiederkäut – ein Fitnesshalsband, sozusagen. Stimmt etwas nicht, erhält Ralf Marquardt sofort eine Nachricht auf sein Smartphone. Krankheiten erkennt er auf diese Weise viel schneller, als es mit bloßem Auge ersichtlich wäre. „Auch dadurch ist es möglich, die Tiere länger zu halten“, sagt der junge Landwirt. Zwischen sechs und sieben Jahre alt werden die Milchkühe auf dem Öschlehof laut Ralf Marquardt. Das ist älter als der Durchschnitt, der nach Angaben des Bundesinformationszentrums Landwirtschaft bei fünf bis sechs Jahren liegt.
Ein weiteres Hilfsmittel ist der vollautomatische Melkroboter, der nun seit zehn Jahren im Einsatz ist. Diesen können die Kühe selbstbestimmt ansteuern, wann immer ihnen danach ist. Die Maschine findet mit Hilfe von Sensoren den Euter, reinigt ihn und beginnt zu melken. Anschließend desinfiziert sich die Maschine selbst und die nächste Kuh kann gemolken werden. Auch darin sehen Peter und Ralf Marquardt Vorteile für das Tierwohl: Zum einen, weil die Kühe, die viel Milch geben, mehrmals am Tag zum Melken gehen können – dadurch füllen sich die Euter nicht so stark, was für die Kühe wiederum angenehmer ist. Und zum anderen: Bevor die Milch in den großen Tank geleitet wird, wird sie untersucht. Treten auffällige Werte auf, wird die Milch entsorgt und wiederum der Landwirt informiert.
Im Schnitt 34 Cent gibt es am Ende pro Liter Milch. Geht es nach Ralf Marquardt, sollte der Milchpreis aber stabil bei etwa 40 Cent liegen, damit die Landwirte gut wirtschaften und planen können. Da der Milchpreis aber deutlich darunter liege und auch schwanke, sei das schwierig. „Das Stallprojekt zum Beispiel läuft Jahrzehnte, bis es abgeschlossen ist. Den Milchpreis weiß man nicht einmal für das nächste Jahr“, erläutert Ralf Marquardt. Deshalb sei auch nicht verwunderlich, dass die Anzahl der landwirtschaftlichen Betriebe in Deutschland zurückgeht, während die Größe der einzelnen Betriebe wächst: Nur in größeren Einheiten ist das Geschäft wirtschaftlich.
Bleibt nur die Frage, wie der Milchpreis dauerhaft angehoben werden kann. Auch Peter und Ralf Marquardt haben dafür keine Patentlösung parat. Ein Teil des Problems liege am Handel: „Wenn der Discounter heute sagt, die Butter wird billiger, dann müssen alle anderen mitziehen“, so Ralf Marquardts Beobachtung. Peter Marquardt sieht gleichzeitig ein Problem auf der Seite der Verbraucher: „Die Masse der Käufer entscheidet nach dem Geldbeutel“, sagt er. Hilfreich fänden die beiden Landwirte zum Beispiel, auf Lebensmitteln besser kenntlich zu machen, was aus der Region kommt und zu welchen Standards es produziert wurde. „Die Verbraucher sind oft unwissend“, findet Peter Marquardt.