Belarus vom ESC ausgeschlossen
Beitrag der regierungstreuen Band Galasy ZMesta verstößt gegen die nicht-politische Ausrichtung des Wettbewerbs
MINSK (dpa) - 39 Länder gehen beim Eurovision Song Contest im Mai an den Start. Belarus ist diesmal nicht dabei. Der Song instrumentalisiere den Wettbewerb, sagen die ESC-Verantwortlichen. Von Regierungsseite des ehemaligen Weißrussland wird diese Entscheidung scharf kritisiert.
Die Europäische Rundfunkunion schloss das autoritär geführte Land aus, weil auch das zweite eingereichte Lied nicht den Regeln des Musikwettbewerbes entspreche. Der Rauswurf sorgte am Wochenende bei den Offiziellen in Minsk für Empörung. Der Ausschluss sei politisch motiviert, hieß es. Erst am Samstag gab es bei Protesten in Belarus gegen Machthaber Alexander Lukaschenko mehr als 200 Festnahmen.
Die frühere Sowjetrepublik wollte die Band Galasy ZMesta ins Rennen schicken. Schon deren erster eingereichter Song „Ja nauchu tebja“(„Ich werde dir beibringen“) wurde kurzerhand von den ESC-Verantwortlichen einkassiert. Der Vorwurf: Das Lied stelle „den nicht-politischen Charakter des Wettbewerbs infrage“. Es hatte Beschwerden gegeben, weil der Song mit Zeilen wie „Ich werde dir beibringen, nach der Melodie zu tanzen“in den Augen vieler Menschen die Protestbewegung gegen Lukaschenko verhöhnt.
Belarus bekam eine zweite Chance, um doch noch beim ESC dabei sein zu können, und sollte ein anderes Lied einreichen. Doch auch das fiel durch. Es verstoße gegen die ESC-Regeln, die sicherstellten, „dass der Wettbewerb nicht instrumentalisiert oder in Verruf gebracht wird“, hieß es in einer am Freitagabend veröffentlichten Erklärung der Europäischen Rundfunkunion (EBU). Die genauen Gründe für den Ausschluss wurden nicht genannt. Das zweite Lied handelt unter anderem von einem Fuchs, der einen Hasen fraß und wenig später in einer Schlinge gefangen wurde.
„Die Entscheidung, uns auszuschließen, ist politisch motiviert“, sagte der Chef der Nationalen Staatlichen Fernseh- und Rundfunkgesellschaft von Belarus, Iwan Ejsmont, der Staatsagentur Belta zufolge. Die ESC-Verantwortlichen seien von „Politikern und
Hassern in sozialen Netzwerken“unter Druck gesetzt worden. Die Band selbst zeigte sich entsetzt und sprach von einer „absoluten Schande“: „ESCFreunde, es war uns eine große Freude, diese Farce zu sehen.“
Im vergangenen Jahr gab es über Monate Massenproteste gegen Lukaschenko nach der weithin als gefälscht geltenden Präsidentenwahl am 9. August. Der als „letzter Diktator Europas“kritisierte Staatschef hatte sich nach 26 Jahren an der Macht mit 80,1 Prozent der Stimmen erneut zum Sieger erklären lassen. Die EU erkennt ihn nicht mehr als Präsidenten an. Zehntausende Menschen wurden festgenommen. Viele von ihnen kritisierten massive Polizeigewalt.
Die Gruppe Galasy ZMesta unterstützt Lukaschenko. Wenn man versuche, „das Land zu zerstören, das wir lieben und in dem wir leben, können wir nicht gleichgültig bleiben“, schrieb die Gruppe auf ihrer Homepage. Der ESC wird dieses Jahr zwischen dem 18. und 22. Mai in Rotterdam ausgetragen. Der Wettbewerb war im Vorjahr erstmals in seiner Geschichte ausgefallen.
Deutschland wird diesmal von Jendrik Sigwart und seinem Lied „I Don’t Feel Hate“vertreten. Der 26Jährige hatte sich in einem mehrstufigen Auswahlprozess gegen mehr als 150 Konkurrenten durchgesetzt. Die zuletzt größten deutschen Erfolge hatten Michael Schulte mit einem vierten Platz 2018 und Lena mit dem Sieg 2010 eingefahren.
Ärger droht indes der Musikerin Manizha, die Russland beim Wettbewerb mit dem Lied „Russian Woman“(„Die russische Frau“) vertritt. Wegen eines angeblichen Verstoßes gegen die Würde russischer Frauen prüft das russische Ermittlungskomitee den Song derzeit. Manizha selbst wies diese Vorwürfe vehement zurück.
Die im zentralasiatischen Tadschikistan geborene Sängerin zeigt sich nicht nur mit Frauenrechtsbewegungen solidarisch, sondern etwa auch mit Lesben und Schwulen in Russland. Vor allem aus konservativen Kreisen gab es deshalb Kritik an der Wahl Manizhas. Themen wie Homosexualität gelten in Russland weiterhin als Tabu.