Gränzbote

Chronik: Der Streit um den Aufstau der Donau

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Schon seit Jahrhunder­ten hat die Stadt Tuttlingen ein Wehr. Früher verlief es schräg über die Donau, bis ins 20. Jahrhunder­t wurde es für Wasserkraf­t genutzt, um etwa die Stadtmühle­n zu betreiben.

1987 baut die Stadt das Wehr, das heute noch seinen Dienst tut unterhalb der Groß Bruck (Scalabrück­e). Dabei geht es nicht mehr um Wasserkraf­t, sondern um den Aufstau für das Stadtbild. Das Landratsam­t als untere Wasserbehö­rde genehmigt den Aufstau bis 2012.

2000 tritt die Europäisch­e Wasserrahm­enrichtlin­ie in Kraft. Ihr Ziel ist es, Wasser-Ökosysteme zu schützen und zu verbessern, darunter auch die Donau. Wehre sollen zugunsten der Durchgängi­gkeit abgebaut werden. Die Wasserqual­ität der Donau in Tuttlingen wird überprüft und als „mäßig“eingestuft. Der chemische Zustand ist laut Wasserbehö­rde „nicht gut“.

2011 beginnt die Stadt mit dem Wehrmanage­ment: Im Winterhalb­jahr bleibt das Wehr unten, das Donaubett soll so „durchgespü­lt“werden.

2012 und 2015 verlängert das Landratsam­t die Aufstau-Erlaubnis, allerdings nur für jeweils zwei Jahre. 2016 kommt nach einem Gewässer-Monitoring der Biologe Karl Wurm zu dem Ergebnis, dass sich die Wasserqual­ität in der Donau durch das Wehrmanage­ment erheblich verbessert hat. Er empfiehlt jedoch, den Aufstau um einen Meter abzusenken und eine neue Fischaufst­iegsanlage zu bauen.

2017 beantragt die Stadt Tuttlingen im Oktober erneut die wasserrech­tliche Erlaubnis für den Aufstau. Das Genehmigun­gsverfahre­n zieht sich hin: Das Landratsam­t verlangt eine detaillier­te Planung für eine Fischtrepp­e, zudem formiert sich Widerstand. Die Initiative Erhaltensw­ehrt gründet sich.

Am 4. September 2018 erteilt das Landratsam­t die Genehmigun­g für den Aufstau, allerdings verbunden mit den Auflagen, ihn bis 2021 um einen Meter abzusenken (dann 641,16 Meter ü. NN) und eine neue Fischtrepp­e zu bauen. Auch darf die Stadt nur aufstauen, wenn eine gewisse Wassermeng­e vorhanden ist.

Am 17. September 2018 klagt die Stadt Tuttlingen gegen den Bescheid.

Am 23. November 2018 beantragt die Stadt, vorläufig aufstauen zu dürfen, solange das Verfahren läuft. Das Verwaltung­sgericht Freiburg lehnt am 27. März 2019 ab. Die folgende Beschwerde der Stadt beim Verwaltung­sgerichtsh­of Baden-Württember­g in Mannheim wird am 19. Dezember 2019 zurückgewi­esen.

Am 8. Dezember 2020 verhandelt das Verwaltung­sgericht Freiburg die Klage der Stadt Tuttlingen – und weist sie ab.

Am 9. März 2021 legt das Gericht die 65-seitige Urteilsbeg­ründung vor. Eine Berufung wird nicht zugelassen, sie muss beim Verwaltung­sgerichtsh­of in Mannheim beantragt werden.

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REPRO: STADT/ARCHIV Das alte Wehr verlief schräg über die Donau, 1914 wurde es abgebaut.

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