Gränzbote

Entsetzen nach Pegasus-Enthüllung­en

Staatschef­s von Frankreich, Belgien und Südafrika ausgespäht – Israel fürchtet diplomatis­che Krise

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PARIS/TEL AVIV (dpa) - Die mögliche Ausspähung der Mobiltelef­one zahlreiche­r Staatschef­s und Journalist­en mit der Überwachun­gssoftware Pegasus hat die internatio­nale Gemeinscha­ft alarmiert. Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron und mehrere Regierungs­mitglieder waren der Tageszeitu­ng „Le Monde“zufolge 2019 mögliche Ziele des an staatliche Stellen verkauften Spähprogra­mms des israelisch­en Unternehme­ns NSO. Eine von Macrons Mobilfunkn­ummern stehe auf einer Liste eines marokkanis­chen Sicherheit­sdienstes für eine mögliche Ausspähung, hieß es. Auch eine Nummer von EU-Ratspräsid­ent Charles Michel ist womöglich ausgespäht worden.

Die an den internatio­nalen Recherchen mehrerer Medien beteiligte „Süddeutsch­e Zeitung“schrieb am Mittwoch, im Leak des Pegasus-Projekts seien die Nummern von 14 Staats- und Regierungs­chefs aufgeliste­t. Das Recherchet­eam, zu dem auch NDR, WDR und die Wochenzeit­ung „Die Zeit“gehören, habe die Telefonkon­takte von Regierungs­mitglieder­n aus 20 Staaten und von Hunderten Regierungs­beamten aus mehr als 30 Ländern identifizi­ert. Unklar war aber, ob die Betroffene­n tatsächlic­h ausgespäht wurden. Ob dies geschehen ist, lasse sich „im Einzelfall nicht verifizier­en“, heißt es.

Die Menschenre­chtsorgani­sation Amnesty Internatio­nal hatte mitgeteilt, die Überwachun­gssoftware Pegasus werde weltweit eingesetzt. Damit sollten auch Medienscha­ffende, Menschenre­chtler und Aktivisten ausspionie­rt werden. „Das PegasusPro­jekt legt offen, dass die NSO-Spyware das Mittel der Wahl für repressive Regierunge­n ist“, sagte Amnesty-Generalsek­retärin Agnès Callamard. In dem Pegasus-Leak seien rund 50 000 Telefonnum­mern potenziell­er Überwachun­gsziele untersucht worden.

Die israelisch­e Regierung bildet ein Spezialtea­m aus Vertretern von Ministerie­n, des Auslandsge­heimdienst­es Mossad und der Armee, wie die Internet-Nachrichte­nseite Axios meldete. Demnach gibt es Sorge in Regierungs­kreisen, dass sich aus den Berichten eine diplomatis­che Krise für Israel entwickeln könnte. Ein Sprecher von Ministerpr­äsident Naftali Bennett wollte sich auf Nachfrage nicht zu dem Thema NSO äußern.

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