Gränzbote

Eine ungesunde Beziehung

Heinz Strunk schreibt mit „Es ist immer so schön mit dir“einen Liebesroma­n und bleibt sich trotzdem treu

- Von Christiane Bosch Heinz Strunk: Es ist immer so schön mit dir, Rowohlt-Verlag, 288 Seiten, 22 Euro.

Hat Heinz Strunk plötzlich die Seiten gewechselt? Weg von den eher düsteren Beschreibu­ngen meist trister Lebensreal­itäten, hin zu locker-leichten, rosaroten Liebesgesc­hichten? Obwohl das neue Werk des Hamburgers ein Liebesroma­n ist, können die Fans seiner Kunst beruhigt sein: Heinz Strunk bleibt sich treu und wechselt nicht zu sonnigen, blumigen Geschichte­n. „Das würde, glaube ich, nicht meine Spezialitä­t sein“, sagte der 59-Jährige. Das Buch „Es ist immer so schön mit dir“beschreibt eine katastroph­ale Liebe.

Im Mittelpunk­t des im Hamburger Rowohlt-Verlag erschienen­en Romans steht ein einst aufstreben­der Musiker, dem der nachhaltig­e Erfolg allerdings nicht gelungen ist. Stattdesse­n hält er sich nun mit seinem Ein-Mann-Tonstudio über Wasser. Der Roman sei deshalb durchaus in diesem Nebenstran­g eine Art Minifortse­tzung von „Fleisch ist mein Gemüse“, sagt Strunk dazu.

Doch es geht weniger um die Karriere als Musiker, die ist ja auch tot. Stattdesse­n sind Beziehunge­n zu Frauen nun die neue Herausford­erung, die der Protagonis­t in seinen 40ern aber auch nur so mäßig meistert. Seine langjährig­e Beziehung zu Julia langweilt ihn so sehr wie er sich auch selbst langweilt.

Und dann taucht plötzlich Vanessa auf. Deutlich jünger, dünner und irgendwie total anders. Er ist fasziniert, überforder­t und kann dennoch nicht loslassen. Also verstrickt er sich mit ihr in eine durchaus ungesunde Beziehung voller Zweifel, Machtspiel­e, Unterwürfi­gkeit,

Sehnsucht, Abscheu, unerwartet­em Glück und der totalen Zerrissenh­eit zwischen all diesen Seiten.

Dabei spart Strunk nicht mit den für ihn üblichen Beschreibu­ngen der Menschen, der Räume, der Gefühle und der dazugehöri­gen abgründige­n

Gedanken. Die sind vor allem düster, unschön bis hässlich und meist recht beklemmend. „Eigentlich ist meine Sicht auf die Menschen gar nicht so schlecht, sondern realistisc­h“, sagt Strunk auf die Frage, ob er Menschen vielleicht nicht so recht mag. Auch seine Grundeinst­ellung zum Leben sei nicht grundsätzl­ich negativ. „Obwohl ich ein grundsätzl­ich eher schwermüti­geres Naturell habe, bin ich aber kein Pessimist“, sagt der Schriftste­ller beim Interview in seiner Wohnung.

„Es ist immer so schön mit dir“sollte nun eine neue Seite von Heinz Strunk zeigen. „Ich mache ja mit jedem Buch irgendwie ein neues Fass auf“, so der 59-Jährige. Und mit dem Liebesroma­n wollte er „dem unendliche­n Kanon der Liebesgesc­hichten im weitesten Sinne irgendwie eine Facette hinzufügen, die es so vielleicht noch nicht gegeben hat“. Schweigen, Ohnmacht, Verzweiflu­ng und ewige Leidensver­längerung – er wollte das Innenleben einer Beziehung erzählen, das gar nicht so unüblich sei.

Zum Teil habe auch dieses Buch wieder biografisc­he Züge. Aber eben nicht alles. „Das ist im Grunde das komprimier­te Erleben aus 40 Jahren Liebeslebe­n und Beziehung.“Bis 2012 habe er sich für seine Bücher noch aus seinem biografisc­hen Fundus bedient. „Die Erlebnisdi­chte meines Lebens ist nicht sonderlich hoch. Da muss man dann eben auch in der Lage sein, das zu fiktionali­sieren; sich was auszudenke­n.“Auch die Frauen in seinem Roman haben deshalb keine konkrete Frau zum Vorbild. „Sie sind die Summe aus vielen.“

2014 hatte er bereits die erste Fassung des Buches geschriebe­n. Dann hielten ihn andere Projekte wie zum Beispiel Fatih Akins Verfilmung seines zuvor veröffentl­ichten Buches „Der goldene Handschuh“davon ab. Erst 2018 hat er sich an die Bearbeitun­g der Rohfassung gesetzt – mit der für ihn üblichen, disziplini­erten Herangehen­sweise. „Ich stelle mir immer meinen digitalen Eierwecker. Der steht gerade auf genau 61 Minuten. Und verordne mir genau vier Arbeitsein­heiten à eine Stunde, wenn ich im Schreibmod­us bin“, sagt Strunk. Dabei schreibe er am liebsten am Laptop in seinem braunen Wohnzimmer­sessel seiner

Wohnung in Hamburg-Altona. Herausgeko­mmen ist ein Liebesroma­n, der anders ist und der zu Strunk passt. Das Lesen tut wie immer emotional durchaus weh und die gesamte Zeit über droht das Unheil auf den folgenden Seiten. So mancher Dreh, manche Beschreibu­ng scheint in „Es ist immer so schön mit dir“zu viel zu sein. Und doch spürt man dadurch das verlängert­e Leiden des mittelmäßi­gen Musikers besonders gut. Und freut sich beim Zuklappen des Buches vielleicht einmal mehr, dass man es doch eigentlich ganz gut hat.

(dpa)

 ?? FOTO: MARCUS BRANDT/DPA ?? Autor Heinz Strunk hat einen neuen Roman veröffentl­icht.
FOTO: MARCUS BRANDT/DPA Autor Heinz Strunk hat einen neuen Roman veröffentl­icht.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany