Pippo Pollina braucht das Publikum
Konzert auf dem Honberg: Besinnlich, temperamentvoll und perfekt abgestimmt
TUTTLINGEN - Der sizilianische Singer-Songwriter Pippo Pollina und sein Landsmann, der Klarinettist und Saxofonist Roberto Petroli, haben ihr Publikum am Dienstagabend auf dem Honberg begeistert. Das italienische Duo bot eine faszinierende musikalische Reise mit perfektem Zusammenspiel, teils besinnlich, teils temperamentvoll.
Pippo Pollina ist Stammgast, seit er 1994 zum ersten Mal in Tuttlingen aufgetreten ist. Nicht nur im Honbergzelt, auch im Rittergarten, auf der „Bühne im Anger“und in der Stadthalle war er zu erleben. An diesem Abend ist er nicht alleine gekommen, sondern hat den hervorragenden italienischen Klarinettisten und Saxofonisten Roberto Petroli mitgebracht, der in vielen Stilrichtungen zuhause ist. Dieser ist schon seit vielen Jahren genialer Instrumentalpartner von Pippo Pollina. Mit einem Kniefall beginnt der Cantautore
den Abend. „Es ist schon bizarr zu sehen, wie Sportmannschaften vor dem Spiel auf die Knie gehen als Symbol gegen Rassismus und Ungerechtigkeit.“So beginnt er mit einem Lied, das er im Gedenken an den Boxer Cassius Clay – der ebenfalls gegen Rassismus kämpfte – geschrieben hat.
„Es ist ein magischer Ort hier oben und wir haben gutes Wetter“, freut sich der Liedermacher, der mit seiner Familie in Zürich lebt. Er erzählte seine Geschichten, plaudert mit dem Publikum, begleitet mit Gitarre und Klavier und immer wieder im Duo mit Roberto Petroli. Die beiden bieten fetziges Zusammenspiel, dazwischen gibt es rockige und jazzige Solis mit Saxofon oder Klarinette von Petroli, die beim Publikum ankommen. Von einer Wanderung, bei der die Zusammenarbeit mit Konstantin Wecker entstanden ist, erzählt Pippo Pollina oder von seiner Zeit als Straßenmusiker in Amsterdam. In Erinnerung daran spielt das Duo das Lied von Jaques Brel „Amsterdam“, adaptiert ins Italienische. Der Liedermacher berichtet von seiner Geburtsstadt Palermo, wo die Menschen nur im August Beziehung zum Meer hätten und die Strände bevölkerten. Dies inspiriert zum temperamentvollen Titel „Mare, Mare, Mare“.
„Es ist so schön, auf der Bühne zu sein“, sagt er. Nicht nur das Konzert selbst, sondern auch die Liturgie dazu bereite ihm große Freude. Was er im Lockdown alles gemacht habe: zusammen mit Roberto ein Tonstudio gebaut, einen Roman und neue Lieder geschrieben für ein Album, das im Januar 2022 erscheint. „Wir spüren es alle: Kunst braucht Publikum und Publikum braucht Kunst.“Es folgte noch ein flottes Lied und zum Schluss frenetischer Beifall, Zurufe. Über drei Zugaben konnten sich die Besucher freuen, „Camminando“durfte dabei nicht fehlen. Ganz leise verabschiedete sich Pippo Pollina dann im Schwyzer Deutsch: „Gute Nacht miteinand.“