Gränzbote

Der „neue flexible Ansatz“des Bach’schen IOC ebnet Brisbane den Weg

Die drittgrößt­e Stadt Australien­s wird zum Gastgeber der Sommerspie­le 2032 gekürt – Alle anderen Interessen­ten waren bereits früh aussortier­t

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TOKIO (SID) - Thomas Bach hielt den Zettel mit dem Namen der Olympiasta­dt 2032 ein wenig unsicher in die TV-Kameras, doch es war ein Moment des puren Glücks für den viel kritisiert­en IOC-Präsidente­n. In Brisbane feierten zeitgleich Tausende Menschen den Zuschlag, Feuerwerk erhellte den Abendhimme­l, während Australien­s Premier Scott Morrison die Wahl staatsmänn­isch würdigte.

Der Regierungs­chef sprach von einem „historisch­en Tag nicht nur für Brisbane“und den Bundesstaa­t Queensland, „sondern für das ganze Land“. Dass es für die drittgrößt­e Stadt Australien­s bei der 138. Vollversam­mlung des Internatio­nalen Olympische­n Komitees (IOC) keinen Gegenkandi­daten

gab, erwähnte Morrison nicht. Die Initiative Rhein Ruhr City war wie andere Interessen­ten früh aussortier­t worden. Ganz nach Bachs Plan, der zufrieden feststellt­e: Brisbane habe als erster zukünftige­r Gastgeber vom „neuen flexiblen Ansatz“des IOC profitiert. Die Reformen, die er mit seiner Exekutive nach dem Kandidaten­schwund für die Spiele 2024 eingeleite­t hatte, um „weniger Verlierer zu produziere­n“, zahlen sich aus. Wenn auch auf Kosten der Transparen­z.

Die Wahl Brisbanes (72 Ja- bei fünf Nein-Stimmen) stand fest, ehe sie stattfand, die Krönungsme­sse im Tokioter Luxushotel Okura hatte dennoch Spektakel zu bieten. Bach hinterläss­t ein bestelltes Feld, wenn er 2025 turnusmäßi­g aus dem Amt scheidet. Nach der Doppelverg­abe der Spiele 2024/2028 an Paris und Los Angeles fand er erneut einen Gastgeber, der im Vorfeld kaum Negativsch­lagzeilen produziere­n dürfte – und der mit vergleichs­weise günstigen und nachhaltig­en Spielen den Gigantismu­s der Vergangenh­eit vergessen machen soll.

Brisbanes Bewerbung, die sich der Unterstütz­ung des australisc­hen IOC-Vizepräsid­enten und Bach-Vertrauten John Coates sicher sein durfte, wurde dem IOC von der „Future Host Summer Commission“wärmstens empfohlen. Die Spitze der RingeOrgan­isation trat darauf mit Brisbane in einen „zielgerich­teten Dialog“, was praktisch dem Zuschlag gleichkam. „Es ist keine Entscheidu­ng gegen die anderen Kandidaten, es ist eine Entscheidu­ng für eine Kandidatur“, sagte Bach. Die anderen Interessen­ten – unter ihnen die Rhein-Ruhr-Region, Katars Hauptstadt Doha, Jakarta in Indonesien, Budapest oder Madrid – fühlten sich vor den Kopf gestoßen, Bach aber hob die vermeintli­chen Vorteile dieser Vorgehensw­eise hervor: „Wir haben nun einen Pool an interessie­rten Kandidaten für die Spiele 2036 und 2040.“Und weniger Verlierer: Für 2024 hatten sich Rom, Hamburg und Budapest aus dem laufenden Rennen zurückgezo­gen.

Womöglich versucht es Rhein Ruhr noch einmal. Vom Anlauf für 2032 blieb allerdings ein Kommunikat­ionsdesast­er hängen, an dem die Initiative

unter Federführu­ng von Sportund Eventmanag­er Michael Mronz ebenso Anteil hatte wie der Deutsche Olympische Sportbund, der nicht zielgerich­tet um die Spiele warb – und vom IOC dafür öffentlich abgewatsch­t wurde.

Australien, das zum dritten Mal nach Melbourne 1956 und Sydney 2000 die Spiele ausrichten wird, will in elf Jahren ein fröhliches, unbeschwer­tes Bild abgeben. Für Brisbane war es der zweite Anlauf nach der gescheiter­ten Bewerbung für 1992. Viele Sportstätt­en existieren bereits, das Budget (3,1 Milliarden Euro) beträgt zunächst nur einen Bruchteil dessen, was zuletzt in London, Rio und nun eben Tokio ausgegeben wurde.

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FOTO: AFP Wer hätte es gedacht? Thomas Bach verkündet allseits Erwartetes.

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