Tuttlinger Reitverein muss investieren
Geld für Reitplatz und weitere Maßnahmen werden benötigt – Gutes Miteinander von Verein und Pächter
Nur so rentiert sich der Betrieb der Anlage auf Dauer.
TUTTLINGEN - Die Situation des Reitvereins Tuttlingen ist weiter angespannt. Zumindest aber herrscht mit dem vor rund einem Jahr neu gewählten Vorsitzenden Norbert Mattes an der Spitze eine ruhige Atmosphäre im Verein, auch mit dem Pächter Steffen Giesser. Neue Konzepte sollen die Lage am Standort der Reitanlage verbessern und neue Einnahmequellen generieren. Das ist dringend notwendig.
Norbert Mattes hat den Reitverein im September vergangenen Jahres übernommen, nachdem der alte Vorstand um Barbara Eitel zurückgetreten war. Bei seiner Übernahme als Vorsitzender war durch fehlende Unterlagen nicht klar, wie schlecht es um den Reitverein bestellt ist.
Der erste Schritt zur Besserung ist jetzt gemacht. Mattes brachte Licht ins Dunkle und arbeitete viel auf. Die finanzielle Lage: „Der Verein hat knapp 400 000 Euro Schulden. 13 800 Euro davon sind Verpflichtungen an die Stadtwerke Tuttlingen“, sagte Norbert Mattes bei der Infoveranstaltung am vergangenen Montag, an der rund 25 Mitglieder teilnahmen. Die Schulden stammen hauptsächlich vom Bau der neuen Reitanlage und werden über Jahrzehnte planmäßig getilgt. Mattes betonte: „Der Verein ist gar nicht so schlecht finanziell dran, wie es nach außen dargestellt wird.“
Außerdem herrsche ein friedliches und ruhiges Miteinander ohne Streitereien und Unstimmigkeiten, die es einst noch unter dem alten Vorstand gegeben haben soll. Auch mit Steffen Giesser, der seit April vergangenen Jahres Pächter ist, aber aufgrund von rechtlichen Auflagen mehrerer Behörden nur etwa die Hälfte seiner 40 Pferde auf der Reitanlage des Vereins unterbringen kann, verstehe sich der Vorsitzende gut. Giesser muss den Rest seiner Pferde in umliegenden Bestallungen unterbringen und kann auch nur in Notfällen auf der Reitanlage übernachten. Da die Reitanlage keine Wohnung besitzt, fährt er täglich vom Brigachtal nach Tuttlingen – eine unzufriedene und zeitaufwändige Situation für ihn, zumal nachts häufiger die Pferde nicht beaufsichtigt werden könnten, sagte er.
Norbert Mattes kennt die Umstände genau. Er will Abhilfe schaffen und vieles an der Reitanlage verbessern. Neben einer Tribüne, einem Schulungsraum, einem verbesserten Waschplatz und der vorgeschriebenen Bepflanzung soll vor allem ein Reitplatz geschaffen werden. Mit einem Reitplatz könnten beispielsweise Turniere stattfinden, die wiederum Geld einbringen würden. Ebenso würde ein Schulungsraum einen Mehrwert bieten oder eine Wohnung für den Pächter. Baugenehmigungen seien vorhanden. „Es ist bisher nur nichts gebaut worden“, gab Mattes zu verstehen. Denn: Um diese Maßnahmen umzusetzen, muss der Verein Geld in die Hand nehmen. Das hat er nicht.
Finanziell kann der Verein das ohne einen Kredit von der Bank nicht stemmen, denn der Reitverein generiert aktuell durch die Tilgungen der Schulden am Jahresende keinen nennenswerten Gewinn.
Mattes rechnet mit Geld von der Bank, wenn der Verein ein schlüssiges Konzept vorlegen kann. Zudem müssen in diesem Masterplan die behördlichen Vorgaben, wie die vom Veterinäramt und dem Naturschutzbund, erfüllt und berücksichtigt werden. Dafür brauche es Überzeugungsarbeit, aber auch Gutachten. „Die Anlage muss so optimiert werden, dass sie funktional ist und den Pächter wirtschaftlich für den Reitbetrieb weiterbringt. Der Verein ist im Zugzwang. Wir müssen deshalb dieses Konzept schaffen“, appellierte er hilfesuchend an seine Mitglieder.
Norbert Mattes schätzt seinen Pächter und weiß genau: „Wenn wir
Steffen Giesser als Pächter nicht hätten, geht hier gar nichts. Er leistet am Standort viel gemeinnützige Arbeit und investiert sogar privat.“Der Verein könne allein schon aus Personalgründen einen Reitbetrieb alleine gar nicht mehr stemmen. Der Reitverein müsse sich daran gewöhnen, dass er dafür einen Betreiber benötige.
Damit sich der Reitbetrieb für den Pächter wirtschaftlich lohne, seien mindestens 40 seiner Pferde nötig, die auf der Anlage untergebracht werden müssten. Darum ist der Verein bemüht, weitere angrenzende Flächen zu bekommen, um die rechtlichen und behördlichen Vorgaben zu erfüllen. „Hier tut sich ein kleines bisschen was, aber noch nicht so, wie wir uns das vorstellen“, erklärte der Vorsitzende und verwies darauf, dass die Stadt den Reitverein bei der Suche nach Flächen unterstütze. Aktuell seien laut Giesser 35 Pferde im Stall untergebracht, davon zehn Pensionspferde und genauso viele zur Ausbildung sowie 15 Schulpferde und Ponys.
Da die Reitanlage an einem vielbefahrenen Radweg zwischen Möhringen und Tuttlingen liegt, will der Verein zusätzliche Einnahmen, wie mit einem Kuchenverkauf oder Ponyreiten an Sonntagen schaffen. Fest steht: Es kommt an vielen Stellen und mit dem Erstellen eines schlüssigen Konzepts einiges an Arbeit auf den Verein zu. Aus diesem Grund appellierte der Vorsitzende in der Infoveranstaltung um Unterstützung seiner Mitglieder. Die Ämter als stellvertretender Vorsitzender und Schriftführer sind unbesetzt. Am Montag stellte sich dafür niemand von den 25 Mitgliedern zur Verfügung. Mattes hofft allerdings, bis zur geplanten Hauptversammlung nach den Sommerferien Mitglieder gefunden zu haben, die ihn unterstützen.
„Der Verein hat eine lange Tradition, und ich sehe eine Zukunft für den Verein. Ich bin optimistisch, dass wir in vier Jahren das 100-jährige Bestehen feiern können“, lauteten seine abschließenden Worte.