Bär betont: Impfen macht den Unterschied
Patienten in Klinik mehrheitlich ohne Impfung – Seit Mittwoch 103 neue Fälle im Kreis
TUTTLINGEN - Mit Wucht hat sich das Coronavirus im Landkreis Tuttlingen zurückgemeldet. Seit Mittwoch registrierte das Gesundheitsamt 103 Infektionen. Von einer vierten Welle wollte Landrat Stefan Bär nicht sprechen. Auch ließe sich die aktuelle Lage nicht mit der im vergangenen Jahr vergleichen. Bär machte aber klar: „Impfen macht den Unterschied.“
Erstmals seit Ende Mai liegt die Inzidenz im Kreis Tuttlingen – Zahl der Corona-Infektionen pro 100 000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen – über 100. Die 17 Fälle vom Freitag ließen den Wert nochmals ansteigen. Verantwortlich dafür sind maßgeblich Rückkehrer aus dem Auslandsurlaub. „Das sind fast die Hälfte der Fälle“, erklärte der Verwaltungschef. Es habe Tage gegeben, an denen das Gesundheitsamt nur positive Fälle durch Urlauber – vornehmlich aus Kroatien, Serbien und der Türkei – ermittelte. Jetzt würden auch Infektionen durch Kontaktpersonen hinzukommen.
Der Anstieg der Infektionen schlägt sich auch im Klinikum nieder. Wochenlang, so Bär, habe man dort keinen Corona-Patienten gehabt. Am vergangenen Wochenende waren es fünf Menschen. Jetzt sind es elf, eine 59-Jährige muss sogar auf der Intensivstation beatmet werden. „Die Verdoppelung der Zahlen im Klinikum macht uns Sorge“, sagt Bär. Auffällig sei, dass fast alle Patienten, die im Klinikum landen, nicht geimpft sind. Zwar gebe es auch vier „Impfdurchbrüche“– also Menschen, die trotz vollem Impfschutz infiziert worden sind. Dabei handele es sich aber um vier „Hochbetagte“im Alter von 80 Jahren. Zwei habe man nicht unbedingt aus gesundheitlichen Gründen aufnehmen müssen, sondern weil die Betreuung zu Hause nicht gewährleistet war.
Nicht nur gesundheitlich. Die schweren Fälle haben sich bisher gegen die Injektion entschieden. Auch gesellschaftlich wird es für Ungeimpfte schwieriger. Einen positiven Effekt durch die Diskussion um die 2G- (Geimpft, Genesen) oder 3GRegel (auch Getestet) ließe sich beim Impfen feststellen. Es gebe wieder mehr Zulauf am Kreisimpfzentrum (KIZ), so Bär. Dies liege auch daran, dass es bei Kinder- und Jugendlichen ab zwölf Jahren eine verstärkte Nachfrage gebe. Man werde, erklärte Bär, bald auch noch mal mit Schulen in Kontakt treten, um das Impfen voranzutreiben. Aktuell sind im Kreis 52 Prozent der Menschen doppelt geimpft, weniger als im Landesschnitt (58 Prozent). Von den 147 000 Impfungen wurden 86 000 im oder durch das KIZ vorgenommen, der Rest in Arztpraxen. Zur Einordnung der Zahlen sagte Bär, dass im KIZ aber auch 40 Prozent der
Dosen an Menschen aus anderen Kreisen verabreicht worden seien.
Bär warb noch einmal darum, dass sich die Bürger im KIZ impfen lassen sollen. Das Impfzentrum sei nur noch bis zum 30. September offen. Danach müsse man sich einen Termin beim Arzt besorgen. „Das ist deutlich umständlicher.“Die Verwaltung setzt zudem weiter auf den mobilen Impfbus, der bisher 33 von 35 Gemeinden – mitunter mehrfach – angesteuert hat. Termine in Bärenthal und Irndorf waren urlaubsbedingt durch die Gemeinden nicht zu organisieren, sagt der Verwaltungschef. Geplant sei demnächst auch ein Impftermin mit dem Bus im Tuttlinger Gewerbegebiet Gänsäcker. Zusammen mit den Pflegeeinrichtungen im Kreis werden gerade die Drittimpfungen vorbereitet. Dies würde 800 Bewohner betreffen. „Das kriegen wir gut hin“, ist der Landrat optimistisch.
Durch den Impffortschritt sei die Situation mit der des vergangenen Jahres nicht vergleichbar. Auch wenn die Imfpung keine Garantie sei, sich nicht anzustecken, gebe es doch weniger schwer erkrankte. „Trotzdem werden wir das nicht auf die leichte Schulter nehmen“, sagte Bär und mahnte: „Impfen macht den Unterschied.“Bei den Fallzahlen und dem Krankheitsverlauf. Es gebe jetzt die Möglichkeit, sich besser vor dem Coronavirus zu schützen. Und weite Teile der Gesellschaft. Gerade bei den 18- bis 59Jährigen gebe es noch Nachholbedarf.