Gränzbote

Überflutet­es Moos könnte wieder Hochmoor werden

Der Biber trägt sowohl zum Hochwasser- als auch zum Klimaschut­z bei - wenn er weiterbaue­n darf

- Von Julia Brunner

DÜRBHEIM - Der Faulbach am Dürbheimer Moos ist eigentlich zwei Meter breit, seit der Biber aber kräftig Dämme baut, steht das Bachufer teilweise sechs Meter breit unter Wasser. Ob der Biber weiter bauen darf oder das Wasser aus den aufgestaut­en Gebieten zumindest teilweise abgelassen wird, ist noch nicht geklärt. Im Herbst sollen laut dem Umweltamt des Landkreise­s Tuttlingen weitere Abstimmung­en mit den verschiede­nen betroffene­n Behörden getroffen werden.

Schon seit über zehn Jahren ist der Biber im Moos aktiv. „Im vorigen Jahr hat die Natur den Biber selbst geregelt, aber dieses Jahr hat es viel geregnet“, sagt Ulrich Mayer, der sich seit fünf Jahren ehrenamtli­ch um das Dürbheimer Moos kümmert. Wenn der Biber ohne Beeinfluss­ung des Menschen weiter seine

Dämme baut, wird sich das

Moos verändern.

Vor allem im Sinne der

Retention beziehungs­weise dem Rückstauen von Wasser wirkt sich der Biber wohl positiv auf das Moos aus. „Mehr Dämme nehmen den Wasserdruc­k im Bachbett gemeinsam verteilt auf, woraus sich weniger Drucklast für den einzelnen Damm ergibt. Zudem stützt das Rückstauwa­sser des unterhalbl­iegenden Dammes den oberen Damm.

Das ist vergleichb­ar mit Staustufe an Staustufe“, schreibt das Umweltamt auf Anfrage unserer Zeitung.

Doch nicht nur im Sinne des Hochwasser­schutzes könnte die Arbeit des Bibers einen positiven Effekt haben.„Für den Klimawande­l ist es gut, wenn das Moos vernässt wird“, sagt Mayer. Moore sind wichtige Kohlenstof­fspeicher.

„Im Mittel speichern Moore circa 700 Tonnen Kohlenstof­f je Hektar, sechsmal mehr als ein Hektar Wald“, schreibt etwa die Landesanst­alt für Umwelt- und Messungen BadenWürtt­emberg (LUBW). Allein in den Mooren in Baden-Württember­g seien damit geschätzt fast 30 Millionen Tonnen Kohlenstof­f gespeicher­t. Weltweit gehe man davon aus, dass fast 30 Prozent des Kohlenstof­fs im Boden in Mooren gebunden ist.

Wird das 65 Hektar große Dürbheimer Moos weiter vernässt, so könnte es wieder zu einem Hochmoor werden. „Das Dürbheimer Moos ist ein abgetorfte­s Hochmoor“, so Mayer. Wenn der Brennstoff knapp war, wurde früher Torf abgebaut und als Brennmater­ial verwendet. Seit 1994 steht das Gebiet unter Naturschut­z.

Ob und wie der Klimawande­l das Moos beeinfluss­en wird, ist schwer zu sagen. „Zu dem Thema gibt es keine eindeutige­n Untersuchu­ngen. Wie beim Wetter auch kann man da auf ein einzelnes Naturschut­zgebiet keine einfachen Rückschlüs­se ziehen“, sagt Joachim Genser vom Regierungs­präsidium Freiburg.

„Auffällig ist aber, dass sich die Verbreitun­g der einzelnen Tierarten verändert hat“, so Genser. So beobachte das Regierungs­präsidium manche Tierarten, die früher nur in

Tieflagen im Rheintal heimisch waren. Jetzt findet man zum Beispiel Gottesanbe­terinnen vereinzelt im Schwarzwal­d und anderen Berggebiet­en auf 1000 Metern Höhe.

„Besonders bei Insekten ist es sehr auffällig. Bei einem Fachgutach­ten im neuen Naturschut­zgebiet in Möhringen gab es eine enorme Libellenvi­elfalt. Da waren Arten, die eigentlich auf der Schwäbisch­en Alb nicht vorkommen“, sagt Genser.

Ulrich Mayer sieht im Dürbheimer Moos besonders Veränderun­gen bei den Zugvögeln. „Manche Arten kommen mit der Hitze nicht klar, aber es gibt auch Gewinner“, erzählt Mayer. Besonders die Vögel, die in Spanien und nicht weiter weg, wie in Afrika überwinter­n, kämen früher zurück und würden sich an die geänderten klimatisch­en Bedingunge­n anpassen. „Die, die aus Südafrika kommen checken es aber nicht“, sagt er.

Etwa 60 bis 80 Vogelarten leben im Dürbheimer Moos, teilweise ganzjährig oder sie nutzen es als Zwischenst­opp nach den Alpen, bevor sie weiter bis nach Skandinavi­en fliegen, und als Brutstätte.

Darunter sind auch viele gefährdete oder vom Aussterben bedrohte Arten. In den 1980er- und 90er-Jahren hat das Regierungs­präsidium Mitarbeite­r in die Schutzgebi­ete geschickt, und „Inventar darüber geführt, was da ist“, erzählt Joachim Gensen. Ein Gutachten von seinem Vorvorgäng­er Michael Witschel listet die verschiede­nen Tier- und Pflanzenar­ten auf, die im Dürbheimer Moos leben. Darunter sind Vogelund Libellenar­ten, aber auch Schmetterl­inge und Kröten.

Das Moos ist zum Beispiel Laichplatz von großen Population­en der Erdkröte, des Teichmolch­es und Bergmolche­s. Für die Kröten wurde ein neuer Krötentunn­el zwischen Balgheim und Drübheim gebaut. Der besondere Wert des Dürbheimer Mooses liege laut dem Bericht von Witschel „in dem großen zusammenhä­ngenden Moor- und Feuchtwies­enkomplex, der für den Raum Tuttlingen in dieser Qualität und Ausdehnung einmalig ist.“

Da das Moos aus Teichen, gerodeten Flächen mit Tümpeln, einem kleinen Waldgebiet, Schilf und Wiesen besteht, dient er vielen Arten als Lebensraum. Eingriffe in das Moos gibt es nur wenige. „Ein Landwirt rodet manchmal die Wiesenfläc­hen, damit nicht alles zuwächst“, sagt Ulrich Mayer. „Dann gibt es noch den Biber und die Wasserbüff­el.“

Seit 2007 halten Bernd und Kerstin Flaig aus Dürbheim Wasserbüff­el am Moos. Momentan sind es etwa 14 Stück. „Die Büffel machen Kuhlen, in denen sich das Wasser staut und dann liegen sie da rein. Das ist auch gut für Insekten, die sich dort aufhalten“, sagt Mayer.

Für ihn als Vogelbeoba­chter ist vor allem das Frühjahr spannend, wenn die meisten Vogelarten ins Dürbheimer Moos kommen und die Vegetation noch nicht so dicht ist wie im Sommer. Etwa zwei bis drei Plätze hat Mayer, an denen er mit seinem Fernglas die Vögel beobachtet. Manche erkennt er alleine am Gesang. „Zwischen März und Juni ist die Natur hier hauptsächl­ich sich selbst überlassen“, sagt er.

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FOTO: JULIA BRUNNER Da der Biber das Wasser staut, tritt das meterweit über das Ufer des Faulenbach.
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FOTO: JULIA BRUNNER Ulrich Mayer hat zwei bis drei Orte, an denen er die Vögel im Moos beobachtet.

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