Politik nicht nur für Metropolen
Die Pendlerpauschale soll abgeschafft werden, fordert der Chef des Umweltbundesamtes. Begründung: Sie sei klimaschädlich. Der Verband der Automobilindustrie ist entrüstet, die Ampel-Verhandler von FDP und Grünen haben dem Vorschlag eine Absage erteilt. Damit haben sie vollkommen recht.
Auf der Weltklimakonferenz ringen Staaten um Lösungen, es gibt dramatische Appelle von Entwicklungsländern, die unmittelbar vom Klimawandel betroffen sind, das Thema steht oben auf der Agenda der Ampel-Koalitionäre. Der große Handlungsdruck dürfte dem letzten Zweifler bewusst sein.
Es darf kein Stein auf dem anderen bleiben, wenn kommende Generationen nicht in einer zerstörten Welt aufwachsen sollen. Es muss jeder Steuervorteil unter die Lupe genommen werden. Dazu gehören das Dienstwagen-Privileg und die Frage, warum Diesel steuerlich begünstigt wird.
Aber die Pendlerpauschale sollte unangetastet bleiben. Wer sie abschafft, bestraft die arbeitende Bevölkerung dafür, dass sie zur Arbeit fährt. Und er sorgt für eine Spaltung der Gesellschaft. Längst herrscht ein Gefälle der Lebenswirklichkeiten zwischen Stadt und Land. Auf der einen Seite die Minderheit, für die es kein Problem ist, zum Job durch die Stadt zu radeln. Auf der anderen Seite die Mehrheit, für die das Auto mangels Alternativen unabdingbar ist. Es sind zwei Realitäten mit unterschiedlichen Bedürfnissen. Für beide sollte gute Politik gemacht werden, nicht nur für die Metropolen.
Die Abschaffung der Pendlerpauschale trifft außerdem nicht nur Autofahrer. Auch Radfahrer und Bahnpendler müssten auf Steuerrückzahlungen verzichten. Nicht das Pendeln ist das Problem, sondern die Art und Weise – also dass zu häufig Benzinund Dieselautos genutzt werden. Wer daran etwas ändern will, muss fossile Treibstoffe teurer machen, Elektromobilität fördern, die Ladesäuleninfrastruktur ebenso massiv ausbauen wie das Bus- und Bahnnetz. Eine Debatte über die Abschaffung der Pendlerpauschale dagegen nützt niemandem. Im Gegenteil: Sie schadet.