Gränzbote

Ein Bus jede halbe Stunde

Mit der Mobilitäts­garantie soll auch auf dem Land das Auto überflüssi­g werden – In Baden-Württember­g gibt es bereits einen solchen Plan

- Von Dorothee Torebko und Katja Korf

BERLIN - Ein Bus, der stündlich von Dorf zu Dorf fährt, und das bis in die Nacht: Das ist in der Schweiz ganz normal. Dort haben die Bürger in Dörfern mit 100 Einwohnern das Recht auf ein dichtes und zuverlässi­ges Netz von Bussen und Bahnen. In Deutschlan­d ist man davon noch weit entfernt. Die Verhandler einer möglichen Ampel-Koalition tüfteln gerade aus, wie sich die Mobilität auf dem Land und in den Speckgürte­ln der Städte so weit verbessern lässt, dass das Auto größtentei­ls obsolet wird und der ländliche Raum nicht abgehängt wird. Eine Idee: die Mobilitäts­garantie.

Die haben sich bereits SPD und Grüne in ihr Wahlprogra­mm geschriebe­n, die FDP hat sich bisher nicht ausdrückli­ch dafür ausgesproc­hen. Die Idee besagt, dass es mindestens einmal stündlich, besser noch alle 30 Minuten, ein Mobilitäts­angebot in allen deutschen Ortschafte­n geben soll. Einige Bundesländ­er sind schon sehr weit. So haben sich Baden-Württember­g und Sachsen zu einer Mobilitäts­garantie verpflicht­et. In den meisten Bundesländ­ern ist davon noch nicht die Rede. Dabei ist die Initiative der Länder und Kommunen wichtig. Denn sie bestimmen, welche Bus- und Bahnlinien betrieben werden.

Dass der Nahverkehr auf dem Land stärker gefördert werden soll, befürworte­t der Geschäftsf­ührer des Bahn-Lobbyverba­nds Allianz pro Schiene, Dirk Flege. Im Moment sei eine gute Versorgung der Bevölkerun­g auf dem Land mit Bussen und Bahnen eine freiwillig­e Aufgabe, sie müsse jedoch verpflicht­end werden. „Erst dann haben die Bürger und Bürgerinne­n eine echte Alternativ­e zum Auto“, sagt Flege. Der BahnLobbyi­st rechnet nicht damit, dass eine flächendec­kende Mobilitäts­garantie in dieser Legislatur­periode umgesetzt werden kann. Schon eher könne sie bis zum „Ende des Jahrzehnts“realisiert werden.

Baden-Württember­gs grünschwar­ze Landesregi­erung hat bereits eine Mobilitäts­garantie vereinbart. Ab 2030 soll von 5 Uhr morgens bis Mitternach­t flächendec­kend ein Halbstunde­ntakt gelten. Kostenpunk, zunächst bis 2026 laut Verkehrsmi­nister Winfried Hermann (Grüne): rund 600 Millionen Euro. Wie Kommunen und Land sich diese aufteilen und woher das Geld kommen soll, ist noch umstritten.

Der Bund ist zwar nicht unmittelba­r für die Mobilität auf dem Land verantwort­lich. Er sorgt aber über die Regionalis­ierungsmit­tel für das Geld. Längst fordern Verbände wie Allianz pro Schiene oder der Verkehrscl­ub Deutschlan­d eine deutliche Aufstockun­g der Mittel. So könnte zum Teil auch die Mobilitäts­garantie finanziert werden. Andere Finanzieru­ngsmöglich­keiten sehen vor, dass man Dritte – etwa Unternehme­n – zur Kasse bittet.

Doch der Staat kann auch auf andere Weise finanziell unterstütz­en. Der Sprecher des Bahn-Konkurrent­en Transdev, Tobias Heinemann, schlägt eine staatliche Förderung von Jobtickets vor. So können die rund 240 000 Landesbedi­ensteten im Südwesten seit 2016 von einem Jobticket profitiere­n. Das Land erstattet dabei 25 Euro der Kosten für Abokarten in Bus und Bahn.

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FOTO: STEFFEN LANG Haltestell­e in Ziegelbach, einem Teilort der oberschwäb­ischen Stadt Bad Wurzach: Auch solche Dörfer sollen künftig angebunden werden.

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