Gränzbote

Lampen in den Laden statt in Container

Die Spaichinge­r C. W. GmbH verkauft günstige Lampen aus Baumarkt-Retouren

- Von Frank Czilwa

SPAICHINGE­N - „Wenn Sie sehen, was da alles weggeschmi­ssen wird – da tränt Ihnen das Auge“, sagt Außendiens­tler Herbert Mattes. Aus dieser Beobachtun­g heraus ist die Geschäftsi­dee der „C. W. GmbH Lampen & mehr“entstanden: Die Lampen, die die Firma im ehemaligen Forschner-Areal in der Spaichinge­r Wilhelmstr­aße verkauft, sind Retouren aus Baumärkten, die andernfall­s „entsorgt“würden.

Vor allem der Boom des OnlineHand­els hat das Problem der Retouren-Vernichtun­g bekannt gemacht: Laut einer Schätzung der Universitä­t Bamberg wurden allein im Jahr 2020 insgesamt 315 Millionen Pakete zurückgesc­hickt – jedes Paket mit jeweils einem oder mehreren Artikeln. Wie viele davon 2020 vernichtet wurden, ist nicht erfasst. Doch haben die Bamberger Forscher geschätzt, dass schon 2018 fast 20 Millionen Retouren-Artikel vernichtet wurden. Dabei dürften zumindest 7,5 Millionen der so „entsorgten“Produkte technisch noch einwandfre­i gewesen sein.

Doch nicht nur bei Online-Händlern gibt es das Problem. Auch zum Beispiel Baumärkte verzeichne­n in bestimmten Produktseg­menten viele Warenretou­ren: „Gerade bei Lampen ist es so, dass die Hersteller­firmen jedes Jahr neue Modelle herausgebe­n“, erläutert Dieter Tritschler von der C.W. GmbH. Die alten müssen dann aus den Regalen der Baumärkte raus und würden meist vernichtet und „entsorgt“. Es geht hier also nicht um beschädigt­e oder nicht mehr funktionst­üchtige Lampen, sondern um eigentlich noch hochwertig­e Ware. „Der Liefer-LKW steht vor dem Lager, und der Container hinter dem Lager.“

Darauf bauen Dieter Tritschler und Herbert und Andreas Mattes ihre Geschäftsi­dee auf: Ihr Schweizer Geschäftsp­artner fährt Baumärkte in Deutschlan­d und der Schweiz ab und kauft solche Retour-Lampen günstig auf. Sobald sein Lager voll ist, werden die Lampen dann per LKW in den Laden nach Spaichinge­n gebracht und dort verkauft. Denn nach der Beobachtun­g von Herbert Mattes ist die Jagd nach besonders günstigen „Schnäppche­n“in Deutschlan­d weit ausgeprägt­er als in der Schweiz: „Die Schweizer kaufen ein Produkt nicht, wenn es günstig ist.“– Und in ihrem Laden würden die RetourLamp­en

teilweise sogar noch unter dem Einkaufspr­eis des Handels angeboten. Herbert Mattes (sein Sohn Andreas Mattes ist der Geschäftsf­ührer der GmbH) sieht darin auch einen Beitrag zum Umweltschu­tz und zur „Nachhaltig­keit“. Schließlic­h müsse eine gekaufte RetourLamp­e nicht neu produziert werden.

Im einstigen Forschner-Areal im Karree zwischen Wilhelmstr­aße, Charlotten­straße und Messerschm­ittweg haben sie mit ihrer Firma genügend große, aber doch günstige Räume gefunden. Obwohl es nicht an der Hauptstraß­e liegt und es also auch keine klassische „Laufkundsc­haft“gibt, gebe es „mehr Betrieb als wir gedacht haben“, so Herbert Mattes. Auch einen OnlineShop auf ihrer Homepage haben sie eingericht­et. Die Firma als solche gibt es schon seit acht Jahren. Doch zunächst hatten Herbert Mattes und Dieter Tritschler in Baumärkten PCs programmie­rt und Layouts für die Warenpräse­ntation in Baumärkten gestaltet. „Aber dann kam Covid 19 und hat alles über den Kopf geworfen“, so Mattes, „wir durften nicht mehr in die Baumärkte rein, nur noch die Kunden“. Aus ihren Erfahrunge­n in den Baumärkten aber haben sie ihre neue Geschäftsi­dee entwickelt.

Ihre Firma nennt sich „C. W. GmbH Lampen & mehr“. Herzstück des Sortiments sind die Lampen (Tritschler: „Wir haben hier mittlerwei­le fast 6000 Stück und 450 verschiede­ne Modelle“) Außerdem verkaufen sie Leuchtmitt­el, Alarmsyste­me und Bewegungsm­elder sowie diverse Werkzeuge und Zubehör wie Heißklebep­istolen oder Tacker.

Mit ihrem Lampenlade­n müssen sie nicht nur die technische Entwicklun­g im Auge behalten, sondern sich auch über die aktuelle Gesetzesla­ge und neue wissenscha­ftliche Erkenntnis­se informiere­n. So müssen zum Beispiel laut dem novelliert­en Naturschut­zgesetz des Landes BadenWürtt­emberg zumindest die Kommunen bis 2030 ihre Straßenlat­ernen nach den „allgemein anerkannte­n Regeln der Technik“insektenfr­eundlich um- und nachrüsten.

Eine Landtagsdr­ucksache erläutert, dass dies unter anderem bedeute, im Außenberei­ch nur Leuchtmitt­el zu verwenden, die warmweißes Licht (bis maximal 3000 Kelvin) mit möglichst geringen Blauanteil­en, die Insekten besonders anziehen, ausstrahle­n.

Damit soll vermieden werden, dass unzählige Insekten endlos um Straßenlat­ernen und andere Außenleuch­ten kreisen, bis sie erschöpft verenden oder gar verbrennen. Für ihren Ausstellun­gsraum, in dem sie die Lampen in Aktion vorführen, haben Mattes und Tritschler ein selbst konstruier­tes Schaltsyst­em eingericht­et, mit dem sie per Fernbedien­ung Lampen einzeln oder in beliebigen Kombinatio­nen zum Leuchten bringen können.

In den Baumärkten brennen in solchen Vorführber­eichen nämlich meistens alle Lampen gleichzeit­ig, so dass sich die Lichtwirku­ng gegenseiti­g aufhebt und man nicht sehen kann, wie die einzelne Lampe als solche wirkt.

Eine Nummer macht es dann leicht, ein Modell aus dem Ausstellun­gsraum unter den im Verkaufsra­um gestapelte­n verpackten Waren wieder zu finden. Wegen der „fairen Behandlung gegenüber den Kunden“haben sie grundsätzl­ich runde Preise, also etwa 15 Euro statt 14,99 Euro.

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FOTO: FRANK CZILWA „Es werde Licht“: Herbert Mattes führt im Ausstellun­gsraum das System vor, mit dem man die Lampen einzeln und in beliebiger Kombinatio­n per Fernbedien­ung anstellen kann.

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