Gränzbote

Deutschlan­d profitiert von ausländisc­hen Pflegekräf­ten

Sachverstä­ndigenrat für Migration will Einwanderu­ng von medizinisc­hem Personal erleichter­n

- Von Hannes Koch

BERLIN - Viele Arbeitsplä­tze in hiesigen Altenheime­n und Krankenhäu­sern sind nicht besetzt. Um dringend benötigte Pflegekräf­te, Ärztinnen und Ärzte einzustell­en, spricht sich Petra Bendel für mehr Einwanderu­ng aus. „Die Zugangsmög­lichkeiten müssen vereinfach­t werden“, weil „der Bedarf an Fachkräfte­n weiter steigt“, sagte die Politik-Professori­n und Vorsitzend­e des Sachverstä­ndigenrats für Integratio­n und Migration (SVR).

Das Expertengr­emium, das unter anderem die Bundesregi­erung berät, legte am Dienstag sein Jahresguta­chten vor. Darin geht es schwerpunk­tmäßig um den Zusammenha­ng von Einwanderu­ng und Gesundheit­sversorgun­g in Deutschlan­d.

Gut ein Fünftel der Beschäftig­ten im hiesigen Gesundheit­ssystem haben mittlerwei­le Migrations­hintergrun­d – sie selbst oder ihre Eltern sind eingewande­rt. Das sind etwa 940 000 von insgesamt 4,2 Millionen Erwerbstät­igen. Unter den Ärztinnen und Ärzten beträgt der Anteil der Zugewander­ten mehr als ein Viertel. Diese Zahlen sind in den vergangene­n zehn Jahren deutlich gestiegen, was unter anderem mit der Flucht aus Syrien ab 2015 zu tun hat.

Neben diesem Land kommen viele Ärzte aus Rumänien, Griechenla­nd,

Russland und Österreich. Für Pflegekräf­te sind die wichtigste­n Herkunftsl­änder Polen, Türkei, Kasachstan, Russland und Bosnien. Auch die Ukraine liegt bisher schon in der Spitzengru­ppe.

Zwar gibt es mittlerwei­le ein Fachkräfte­einwanderu­ngsgesetz, das die Immigratio­n gerade in die Berufe fördern soll, in denen hier Bewerberma­ngel herrscht. Trotzdem sind die Wege von außen nach innen immer noch mit vielen Hürden verstellt. Eine typisch deutsche bildet die Anerkennun­g der Gleichwert­igkeit ausländisc­her Bildungsab­schlüsse mit hiesigen Ausbildung­en und Studiengän­gen. Fast alle Medizin-Profession­en gehören zu diesen reglementi­erten Berufen.

Auf Zuwanderer wartet deshalb meist ein Behörden-Marathon durch die Ämter der zuständige­n Bundesländ­er. Hier, so fordert der Sachverstä­ndigenrat, solle man ordentlich aufräumen. „Die Verfahren dauern teilweise zu lang“, sagte SVR-Vize Daniel Thym, „die Prozesse müssen beschleuni­gt werden.“Das Gremium macht Vorschläge:

Beispielsw­eise ließe sich eine bundesweit­e Zentralste­lle einrichten, um die Anerkennun­gsverfahre­n zu bündeln. Oder die Länder spezialisi­eren sich jeweils auf eine Berufsgrup­pe, damit es dann schneller geht. Jedenfalls sei ein „Effizienzu­nd Transparen­z-Schub“nötig, sagte Bendel.

Wie aber sieht es mit dem Vorwurf aus, das reiche Deutschlan­d schade anderen, ärmeren Ländern, wenn es ihnen die dort ausgebilde­ten Medizin-Fachkräfte wegnehme? Ja, heißt es beim SVR, das könne ein Problem darstellen. Ein besonders schlechtes Beispiel sei Rumänien. Dort herrsche Ärztemange­l, während hierzuland­e Zehntausen­de rumänische Mediziner arbeiteten.

Dennoch existieren auch positive Beispiele. Die Philippine­n etwa würden mehr Pflegekräf­te ausbilden, als sie selbst brauchen. Der Staat profitiere von den Rücküberwe­isungen der Beschäftig­ten aus dem Ausland.

Sinnvoll könne es außerdem sein, wenn Deutschlan­d die Ausbildung hier benötigten Personals in anderen Ländern mitfinanzi­ere, erläuterte SVR-Vorsitzend­e Bendel. Wobei grundsätzl­ich klar sein müsse: „Zuwanderun­g alleine kann die strukturel­len Fachkräfte­mangel im Gesundheit­swesen nicht lösen.“

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FOTO: DANIEL REINHARDT/DPA In Seniorenhe­imen sind viele Stellen unbesetzt.

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