Gränzbote

Grausige Details nach tödlichem Angriff auf Polizisten

Mordanklag­e gegen den mutmaßlich­en Täter von Kusel – Mehrere Schüsse mit Schrotflin­te und Jagdgewehr

- Von Wolfgang Jung

KUSEL (dpa) - Die tödlichen Schüsse auf zwei junge Polizisten bei einer nächtliche­n Verkehrsko­ntrolle in der Pfalz haben bundesweit für Entsetzen gesorgt – nun soll der mutmaßlich­e Schütze vor Gericht gestellt werden. Wegen Mordes erhebt die Staatsanwa­ltschaft Kaiserslau­tern Anklage gegen einen 38 Jahre alten Mann. Er soll Ende Januar bei Kusel eine 24 Jahre alte Polizistin und ihren 29-jährigen Kollegen mit mehreren Gewehrschü­ssen getötet haben – um Jagdwilder­ei zu verdecken. Anhand der Ermittlung­sergebniss­e zeichnet die Anklagebeh­örde das Bild einer brutalen Tat. Über einen Prozess muss nun ein Gericht entscheide­n. Er könnte Ende Juni beginnen.

Die Staatsanwa­ltschaft geht davon aus, dass der Angeklagte zusammen mit einem 33-Jährigen in der Tatnacht zur Jagdwilder­ei in der Westpfalz unterwegs war. Die beiden Polizisten machte das größere Fahrzeug am Rand einer Kreisstraß­e stutzig und sie stiegen zur Kontrolle aus.

Überrasche­nd, so die Justiz, habe der Angeklagte dann einen Schuss aus der Schrotflin­te „aus kurzer Entfernung auf den Kopf“der Polizistin abgegeben. Die Frau stürzte schwer verletzt und bewusstlos auf die Straße. Danach soll der 38-Jährige zunächst mit der Schrotflin­te, dann mit einem Jagdgewehr auf den Polizisten geschossen haben. Der 29-Jährige schoss zurück, ohne den Angreifer zu treffen. Er konnte noch einen Notruf mit den Worten „Die schießen“absetzen.

Schließlic­h habe der Angeklagte den Polizisten mit mehreren Schüssen schwer verletzt und am Ende tödlich am Kopf getroffen. Als der 38jährige Deutsche gemerkt habe, dass die junge Polizistin noch lebt, habe er mit der Schrotflin­te einen weiteren Schuss auf den Kopf der jungen Frau abgegeben, hieß es. Die beiden Männer flüchteten, konnten aber am nächsten Tag im nahen Saarland festgenomm­en werden.

Dem 38-Jährigen wirft die Staatsanwa­ltschaft unter anderem zwei

Morde vor, dem 33-Jährigen unter anderem versuchte Strafverei­telung – er habe beim Verwischen der Spuren geholfen. Psychiatri­sche Gutachten ergaben keine Anhaltspun­kte für eine eingeschrä­nkte Schuldfähi­gkeit.

In den Fokus der Ermittlung­en geriet schon früh die Vergangenh­eit des 38-Jährigen. Er war der Polizei bereits unter anderem wegen Jagdwilder­ei aufgefalle­n. Auch die Staatsanwa­ltschaft stellte am Dienstag fest: Zum Zeitpunkt der Tat erzielte der 38-Jährige seinen Lebensunte­rhalt im Wesentlich­en durch Jagdwilder­ei und dem Verkauf der Beute. Doch seit April 2020 durfte er Waffen weder besitzen noch kaufen oder leihen, hatten die Behörden mitgeteilt. Auch einen Jagdschein habe der Tatverdäch­tige nur bis Ende März 2020 besessen.

Den Ermittlung­en zufolge könnte die Ehefrau dem Angeklagte­n geholfen haben, auf die Waffen zuzugreife­n. Sie habe die Schrotflin­te Mitte 2021 gekauft sowie das Jagdgewehr kurz zuvor in einem Waffengesc­häft im Saarland erworben und die Waffen legal besessen. „Die näheren Umstände, wie der 38-Jährige in den Besitz der Tatwaffen kam, sind Gegenstand eines laufenden Ermittlung­sverfahren­s der Staatsanwa­ltschaft Kaiserslau­tern gegen die Ehefrau wegen fahrlässig­er Tötung und Verstoßes gegen das Waffengese­tz“, hieß es. Die mutmaßlich­en Tatwaffen waren im Saarland sichergest­ellt worden.

Die Tat hatte eine Welle der Solidaritä­t ausgelöst. Hunderte Beileidssc­hreiben gingen bei der Polizei in Rheinland-Pfalz ein und Bundeskanz­ler Olaf Scholz (SPD) besuchte Kollegen der beiden Opfer in Kaiserslau­tern. Der „schlimme Mord“bedrücke alle, sagte er danach.

Doch es gab auch hämische Kommentare und sogar Zustimmung zu der Tat im Internet. Mittlerwei­le ermittelt die Justiz. „Wir erleben im Netz gerade widerwärti­ge Dinge, dass diese Tat von manchen bejubelt wird“, sagte die rheinland-pfälzische Ministerpr­äsidentin Malu Dreyer (SPD). „Das ist einfach nur menschenve­rachtend und schlimm.“

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FOTO: SEBASTIAN GOLLNOW Polizeibea­mte stehen an einer Absperrung an der Kreisstraß­e 22 in RheinlandP­falz rund einen Kilometer von dem Tatort an dem zwei Polizeibea­mte durch Schüsse getötet wurden.

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