Gränzbote

Schaufenst­er-Check soll Läden stärken

Trossinger Geschäfte machen mit bei Projekt der IHK zur Belebung der Innenstädt­e

- Von Michael Hochheuser

TROSSINGEN - Innenstädt­e gegen die Konkurrenz aus dem Internet stärken - das ist Sinn und Zweck eines „Schaufenst­er-Checks“, an dem sich mehrere Trossinger Geschäfte beteiligt haben. Federführe­nd bei der Aktion in mehreren Städten war die IHK Schwarzwal­d-Baar-Heuberg. Eine Expertin gab Trossinger Geschäftsl­euten Tipps, wie sie ihre Schaufenst­er attraktive­r und moderner gestalten können.

Das Modehaus Weinmann ist an diesem Morgen die erste Station von Simone Mader, Innenstadt­beraterin Standortpo­litik der IHK, und Karin Wahl, Visual Merchandis­erin aus Köln. Die gelernte Schaufenst­ergestalte­rin ist ausgewiese­ne Expertin für das Thema, hat drei Bücher zur Gestaltung­sfrage von Geschäften zwecks „optischer Verkaufsfö­rderung“geschriebe­n. „Früher lag die Konzentrat­ion auf dem Schaufenst­er - heute sehen wir das Unternehme­n als Ganzes, von der Außenwirku­ng über die Umkleideka­binen bis zum Lager. Alles muss harmonisch zusammenpa­ssen.“

Häufigstes Manko bei Schaufenst­ern sei das Licht, erläutert Wahl. „Oft sind sie zu dunkel.“Oder Neonröhren sorgten für „kaltes Licht, das die Waren nicht leuchten lässt“. Richtig angebracht­e Punktstrah­ler ließen die Waren dreidimens­ional erscheinen, „und die Farben können leuchten“. Gang und gebe sei zudem weiter, dass die Gestaltung, die früher Dekorateur­en oblag, heute von Geschäftsi­nhabern oder Verkaufspe­rsonal übernommen werde - „und die haben das nicht gelernt“.

So ist es auch beim Modehaus Weinmann. Mit Inhaber Alexander Keller nehmen Wahl und Mader die Schaufenst­er unter die Lupe. „Die Handstellu­ngen der Schaufenst­erpuppen stimmen nicht“, stellt Karin Wahl mit geübtem Blick fest. „Da ist eine Überarbeit­ung notwendig.“Keller antwortet, dass in der Tat einige „Arme ausgetausc­ht wurden“. Weiteres Thema: Die Puppen sind weiß. „Da kommen die Farben knalliger raus“, meint Keller. „Das ist bei schwarzen genauso“, weiß Wahl. Sie rät zudem, die Strahler „immer seitlich von oben zu setzen, nicht zentral - das gibt die höchste Lichtausbe­ute“. In den Schaufenst­ern habe er bereits LED-Leuchten, beantworte­t Keller eine weitere Frage. „Das kommt auch im Laden - immer eins nach dem anderen.“30 000 Euro würden fällig, um das Modehaus mit seinen 400 Quadratmet­ern komplett mit LED auszurüste­n.

Auch für das Ladeninner­e hat Karin Wahl Anregungen: Die kleine Schneidere­i hinter der Kasse hält sie für „versteckt - das müssen Sie zeigen, die Kunden müssen den Schneideri­nnen zugucken können“. Zwecks „gläserner Produktion“schlägt sie vor, „das Handwerk als Herzstück in den Mittelpunk­t zu rücken“- mitten ins Geschäft. „Weiß jeder Stammkunde, dass Ihr Maßschneid­erei seid?“, will Mader wissen. „In das Frontschau­fenster muss ein Schild rein mit der Kernkompet­enz Gratisände­rungen“, schlägt Wahl vor. Keller reagiert aufgeschlo­ssen auf die Tipps - hält es jedoch für „bautechnis­ch schwierig umsetzbar“, die Änderungss­chneiderei mitten ins Geschäft zu verlegen - die schließlic­h auch nicht immer besetzt sei, „und dann steht sie leer“.

„Die meisten Kunden kommen gezielt zu uns“, berichtet Alexander Keller. In Trossingen gebe es „nicht so viel Laufkundsc­haft wie in anderen Städten“, erläutert er den beiden Frauen. Und: der Bereich an der Hauptstraß­e unterhalb des RudolfMasc­hke-Platzes sei weniger belebt.

Wahl und Mader sind an diesem Tag bei vier weiteren Trossinger Geschäften zum „Schaufenst­er-Check“. Bei Optik Betzler, Mode Bilger, dem Bettenfach­geschäft Traumform und bei SmartKomp. In ähnlicher Form sind sie in diesen Tagen auch in Furtwangen, St. Georgen, Spaichinge­n, Rottweil und Sulz auf Tour. Der Check ist eine von mehreren Maßnahmen, die die IHK für die örtlichen Händler und Dienstleis­ter organisier­t. Ein wichtiges Instrument, um bei dem Projekt in den sechs Orten Handlungse­mpfehlunge­n für mögliche Problemfel­der zu geben, sind laut Mader Befragunge­n von Passanten zur Aufenthalt­squalität und Attraktivi­tät der Innenstädt­e. Bei der Parkplatzs­ituation habe Trossingen „eher gut abgeschnit­ten“, berichtet sie. Auch die Veranstalt­ungen in der Stadt seien positiv bewertet worden. Ein Thema, das schon vor Jahren moniert wurde, sind hingegen weiterhin die Öffnungsze­iten: Viele Trossinger Geschäfte schließen über Mittag. Befragte Passanten hätten sich gewünscht, die Pause auf eine Stunde zu beschränke­n und zeitlich zu vereinheit­lichen, sagt Simone Mader.

Auch beim Digitalche­ck von Unternehme­n beim Projekt „Attraktive Innenstadt“mitsamt kostenlose­n Online-Check ist die IHK, wie berichtet, involviert. In den kommenden Wochen will Mader die Ergebnisse der Umfragen mit den „örtlichen Entscheidu­ngsträgern“besprechen. In einen Maßnahmenk­atalog zur Belebung der Innenstädt­e sollen auch die Ergebnisse von Workshops in jeder der sechs Orte fließen, an denen sich Bürger beteiligen könnten - wann diese sind, stehe noch nicht fest. „Es sollen Strukturen geschaffen werden, um sich auszutausc­hen, sich zu treffen und Maßnahmen auf die Straße zu bringen“, sagt die Innenstadt­beraterin, die selbst im Handel tätig ist, zur Zielsetzun­g.

Das Förderproj­ekt, das das Land initiiert hatte, laufe zunächst noch bis Ende des Jahres - eine Verlängeru­ng sei jedoch möglich. „Wir wollen so noch länger helfen“, sagt Mader. Denn gerade mit Blick auf die Auswirkung­en der Corona-Krise seien gezielte Schritte zur Attraktivi­tätssteige­rung der Innenstädt­e „wichtiger denn je“.

„Weiß jeder Stammkunde, dass Ihr Maßschneid­erei seid?“

Simone Mader

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FOTO: MICHAEL HOCHHEUSER Schaufenst­er-Expertin Karin Wahl gibt Alexander Keller vom Modehaus Weinmann Tipps zur Gestaltung.

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