Schaufenster-Check soll Läden stärken
Trossinger Geschäfte machen mit bei Projekt der IHK zur Belebung der Innenstädte
TROSSINGEN - Innenstädte gegen die Konkurrenz aus dem Internet stärken - das ist Sinn und Zweck eines „Schaufenster-Checks“, an dem sich mehrere Trossinger Geschäfte beteiligt haben. Federführend bei der Aktion in mehreren Städten war die IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg. Eine Expertin gab Trossinger Geschäftsleuten Tipps, wie sie ihre Schaufenster attraktiver und moderner gestalten können.
Das Modehaus Weinmann ist an diesem Morgen die erste Station von Simone Mader, Innenstadtberaterin Standortpolitik der IHK, und Karin Wahl, Visual Merchandiserin aus Köln. Die gelernte Schaufenstergestalterin ist ausgewiesene Expertin für das Thema, hat drei Bücher zur Gestaltungsfrage von Geschäften zwecks „optischer Verkaufsförderung“geschrieben. „Früher lag die Konzentration auf dem Schaufenster - heute sehen wir das Unternehmen als Ganzes, von der Außenwirkung über die Umkleidekabinen bis zum Lager. Alles muss harmonisch zusammenpassen.“
Häufigstes Manko bei Schaufenstern sei das Licht, erläutert Wahl. „Oft sind sie zu dunkel.“Oder Neonröhren sorgten für „kaltes Licht, das die Waren nicht leuchten lässt“. Richtig angebrachte Punktstrahler ließen die Waren dreidimensional erscheinen, „und die Farben können leuchten“. Gang und gebe sei zudem weiter, dass die Gestaltung, die früher Dekorateuren oblag, heute von Geschäftsinhabern oder Verkaufspersonal übernommen werde - „und die haben das nicht gelernt“.
So ist es auch beim Modehaus Weinmann. Mit Inhaber Alexander Keller nehmen Wahl und Mader die Schaufenster unter die Lupe. „Die Handstellungen der Schaufensterpuppen stimmen nicht“, stellt Karin Wahl mit geübtem Blick fest. „Da ist eine Überarbeitung notwendig.“Keller antwortet, dass in der Tat einige „Arme ausgetauscht wurden“. Weiteres Thema: Die Puppen sind weiß. „Da kommen die Farben knalliger raus“, meint Keller. „Das ist bei schwarzen genauso“, weiß Wahl. Sie rät zudem, die Strahler „immer seitlich von oben zu setzen, nicht zentral - das gibt die höchste Lichtausbeute“. In den Schaufenstern habe er bereits LED-Leuchten, beantwortet Keller eine weitere Frage. „Das kommt auch im Laden - immer eins nach dem anderen.“30 000 Euro würden fällig, um das Modehaus mit seinen 400 Quadratmetern komplett mit LED auszurüsten.
Auch für das Ladeninnere hat Karin Wahl Anregungen: Die kleine Schneiderei hinter der Kasse hält sie für „versteckt - das müssen Sie zeigen, die Kunden müssen den Schneiderinnen zugucken können“. Zwecks „gläserner Produktion“schlägt sie vor, „das Handwerk als Herzstück in den Mittelpunkt zu rücken“- mitten ins Geschäft. „Weiß jeder Stammkunde, dass Ihr Maßschneiderei seid?“, will Mader wissen. „In das Frontschaufenster muss ein Schild rein mit der Kernkompetenz Gratisänderungen“, schlägt Wahl vor. Keller reagiert aufgeschlossen auf die Tipps - hält es jedoch für „bautechnisch schwierig umsetzbar“, die Änderungsschneiderei mitten ins Geschäft zu verlegen - die schließlich auch nicht immer besetzt sei, „und dann steht sie leer“.
„Die meisten Kunden kommen gezielt zu uns“, berichtet Alexander Keller. In Trossingen gebe es „nicht so viel Laufkundschaft wie in anderen Städten“, erläutert er den beiden Frauen. Und: der Bereich an der Hauptstraße unterhalb des RudolfMaschke-Platzes sei weniger belebt.
Wahl und Mader sind an diesem Tag bei vier weiteren Trossinger Geschäften zum „Schaufenster-Check“. Bei Optik Betzler, Mode Bilger, dem Bettenfachgeschäft Traumform und bei SmartKomp. In ähnlicher Form sind sie in diesen Tagen auch in Furtwangen, St. Georgen, Spaichingen, Rottweil und Sulz auf Tour. Der Check ist eine von mehreren Maßnahmen, die die IHK für die örtlichen Händler und Dienstleister organisiert. Ein wichtiges Instrument, um bei dem Projekt in den sechs Orten Handlungsempfehlungen für mögliche Problemfelder zu geben, sind laut Mader Befragungen von Passanten zur Aufenthaltsqualität und Attraktivität der Innenstädte. Bei der Parkplatzsituation habe Trossingen „eher gut abgeschnitten“, berichtet sie. Auch die Veranstaltungen in der Stadt seien positiv bewertet worden. Ein Thema, das schon vor Jahren moniert wurde, sind hingegen weiterhin die Öffnungszeiten: Viele Trossinger Geschäfte schließen über Mittag. Befragte Passanten hätten sich gewünscht, die Pause auf eine Stunde zu beschränken und zeitlich zu vereinheitlichen, sagt Simone Mader.
Auch beim Digitalcheck von Unternehmen beim Projekt „Attraktive Innenstadt“mitsamt kostenlosen Online-Check ist die IHK, wie berichtet, involviert. In den kommenden Wochen will Mader die Ergebnisse der Umfragen mit den „örtlichen Entscheidungsträgern“besprechen. In einen Maßnahmenkatalog zur Belebung der Innenstädte sollen auch die Ergebnisse von Workshops in jeder der sechs Orte fließen, an denen sich Bürger beteiligen könnten - wann diese sind, stehe noch nicht fest. „Es sollen Strukturen geschaffen werden, um sich auszutauschen, sich zu treffen und Maßnahmen auf die Straße zu bringen“, sagt die Innenstadtberaterin, die selbst im Handel tätig ist, zur Zielsetzung.
Das Förderprojekt, das das Land initiiert hatte, laufe zunächst noch bis Ende des Jahres - eine Verlängerung sei jedoch möglich. „Wir wollen so noch länger helfen“, sagt Mader. Denn gerade mit Blick auf die Auswirkungen der Corona-Krise seien gezielte Schritte zur Attraktivitätssteigerung der Innenstädte „wichtiger denn je“.
„Weiß jeder Stammkunde, dass Ihr Maßschneiderei seid?“
Simone Mader