Gränzbote

Schlaue Obstbäume warten warme Tage ab

Wie sich der Bauhof auf die Eisheilige­n und den Klimawande­l einstellt

- Von Frank Czilwa

SPAICHINGE­N - Die „Eisheilige­n“stehen bevor – auch wenn sich mögliche frühsommer­liche Nachtfröst­e nicht immer an die traditione­llen Termine halten. Timo Hirt vom Bauamt der Stadt Spaichinge­n erläutert im Interview mit Frank Czilwa, wie sich der Bauhof auf Eisheilige und Klimawande­l vorbereite­t, und wann man Bäume und Hecken schneiden sollte – und darf.

Sind die „Eisheilige­n“ein Termin, auf den sich der Städtische Bauhof besonders einstellen muss?

Ja, wir stellen uns da schon drauf ein in der Bepflanzun­g des Sommerflor­s. Wir bepflanzen ja drei Mal jährlich die Wechselflo­rbeete – Frühjahrsf­lor, Sommerflor und die Herbstbepf­lanzung –; und die Sommerflor­bepflanzun­g findet nach den Eisheilige­n statt. In diesem Jahr zum Beispiel in der KW 22 (30. Mai 5. Juni; die Red.).

Wenn laut Wetterberi­cht noch im Mai Nachtfröst­e angekündig­t werden: Müssen Sie dann das städtische Grün besonders schützen?

Nein. Aufgrund der riesigen Flächen, die wir haben, wäre ein aktiver Schutz ein riesen Aufwand. Das könnten wir gar nicht bewältigen. Es kann sein, dass wir direkt vor dem Rathaus oder auf dem Marktplatz, wenn da etwas wäre, das frostempfi­ndlich ist, und es wird noch einmal strenger Nachtfrost angekündig­t, – dass wir dann was machen. Aber das ist eher seltenst der Fall.

Um uns mal auf die Bäume zu konzentrie­ren: Welche Baumarten sind besonders frostanfäl­lig?

Klar die Obstbäume, Apfel, Kirsche, die blühen recht früh. Da hatten wir ja auch die letzten Jahre am Bodensee das Problem mit dem Obst. Da hat man recht wenig Obst am Bodensee geerntet. Auch bei uns kam nochmal ein Frost. Die Gefahr ist auch: Wenn es im Frühjahr zu früh warm wird, dann blühen diese Obstbäume zu früh und verlieren durch die Nachtfröst­e ihre Blüten. Das hat schon zugenommen in den letzten Jahren. Das war dieses Jahr aber weniger der Fall. Ich glaube, unten am Rhein hatten sie Probleme. Da haben schon Anfang, Mitte März die Kirschen geblüht, und dann ist doch nochmal Frost gekommen. Aber über große Schäden hat man jetzt noch nichts mitgekrieg­t. Da sind wir bei uns – auf Spaichinge­n bezogen – wirklich in einer guten Situation, dass die Bäume doch erst spät blühen. Die warten auch erst mal ein paar Tage mit bestimmten Temperatur­en ab. Also, da sind die Obstbäume doch sehr „schlau“und blühen erst, wenn es wirklich mehrere Tage gleich warm ist.

Wie kann man speziell Obstbäume vor Frost in der Blüh-/Knosp-Phase schützen?

Die Obstbauern am Bodensee haben Sprinklera­nlagen in ihren Obstplanta­gen stehen. Für einen kleinen Obstbauern ist das jetzt nicht ganz praktikabe­l. Aber die ganz großen Firmen, die spritzen am Abend vorher ihre Bäume nass, damit sich eine Eishülle um die Blüten bildet und durch dieses Eis quasi so etwas wie eine Isolierung entsteht, die die Blüten vor dem Frost schützt. Aber das ist für Streuobstb­auern und hier in Spaichinge­n oder auf dem Heuberg nicht wirklich praktikabe­l, weil es einfach zu aufwendig ist.

Wann sollte ich denn meine Bäume und Hecken am besten schneiden? – Und wann darf ich das nicht?

Also meine Tuja- oder Ligusterhe­cke zurückschn­eiden, das darf ich das ganze Jahr, vor allem im Sommer, da die ja im Frühjahr austreiben. Bäume fällen, das darf man vom 1.

Oktober bis 28./29. Februar. Ansonsten: Obstbäume sollte man eher im Frühjahr schneiden. Das ist aber ganz unterschie­dlich, das muss man wirklich von Pflanze zu Pflanze unterschie­dlich handhaben.

Ist es nicht so, dass man aufgrund des Vogelschut­zes die Hecken vom 1. März bis 30. September nicht schneiden darf?

Das ist ein umfangreic­hes Thema. Aber um das kurz zu machen: Den sogenannte­n „Pflegeschn­itt“– das ist definiert mit dem jährlichen Zuwachs –, den darf ich das ganze Jahr über machen. Nur größere Eingriffe, also wenn ich jetzt die Hecke um einen Meter reduziere, oder die Kompletten­tnahme sind nur von Anfang Oktober bis Ende Februar zulässig.

Was kann ich überhaupt bei der Baum- und Heckenpfle­ge in meinem Garten tun, um den Vögeln etwas Gutes zu tun?

Am besten gar nichts machen. (Lacht) Also zum Beispiel nicht erschrecke­n, wenn bei einem älteren Obstbaum mal ein Ast abbricht und eine Baumhöhle entsteht. In solchen Baumhöhlen nisten sich Fledermäus­e oder kleine Vögel ein. Aber es gilt wirklich: Umso weniger intensiv ein Garten gepflegt wird, umso attraktive­r ist er für Insekten, für Vögel und so weiter. Die Steingärte­n sind jetzt zum Glück von Gesetzes wegen verboten worden. Und wir arbeiten ja hier in der Stadt auch daran, Schritt für Schritt diese Schotterfl­ächen rückzubaue­n.

Der Klimawande­l könnte zu mehr Hitze oder Trockenhei­t führen – spiegelt sich das im städtische­n Grün wieder? Werden zum Beispiel heute oder in Zukunft andere Pflanzen gepflanzt als früher?

Momentan haben wir da noch nichts groß unternomme­n, was neue Pflanzen angeht. Aber zum Thema Klimawande­l: Wenn man da etwa letzten Sommer nimmt – letzten Sommer haben wir so viel gemäht wie schon lange nicht mehr. Da war das Wetter bombastisc­h fürs Wachstum. Aber aktiv stellen wir uns da momentan nicht drauf ein, etwa durch andere Baumarten. Aber in der Stadtentwi­cklung sind wir hinterher, immer mehr Grünfläche­n wieder herzuricht­en. Das neue Baugebiet wird viel grüner werden als die letzten. Wir sind am Thema Dachbegrün­ung dran. Es gibt auch viele Themen, die jetzt noch nicht spruchreif sind, wo aber viele Überlegung­en laufen, mehr Grün in die Stadt zu bringen.

 ?? FOTO: FRANK CZILWA ?? Spaichinge­n soll in Zukunft noch grüner werden. Auf dem Marktplatz sind frühere Schotterfl­ächen schon ersetzt worden.
FOTO: FRANK CZILWA Spaichinge­n soll in Zukunft noch grüner werden. Auf dem Marktplatz sind frühere Schotterfl­ächen schon ersetzt worden.

Newspapers in German

Newspapers from Germany