Engagiert suchen Geflüchtete Antworten
Veranstaltung des Heuberger Boten – Landratsamt informiert über Sozialleistungen
SPAICHINGEN - Welche Papiere braucht welches Amt? (Siehe unten) Wie viel Unterstützung gibt es, wenn ich einen Minijob antrete? (270 Euro werden angerechnet) Zählt eine Wohnung in der Ukraine als Vermögen, wenn ich nicht weiß, ob sie morgen noch existiert? (Es geht um die Frage der Verwertbarkeit, und das ist in dem Fall wohl nicht der Fall) Wo kann ich mein Kind betreuen lassen, wenn ich einen Sprachkurs machen will und wo geht das? (Die Sprachkursträger und Gemeinden bemühen sich um Lösungen und sind Ansprechpartner) Bekomme ich auch einen Alleinerziehendenzuschlag, wenn mein Mann in der Ukraine ist? (Ja, wer allein mit Kind hier ist gilt als alleinerziehend) Gibt es einen Sozialfriseur für wenig Geld? (Friseure suchen immer wieder Modelle für die Auszubildenden) Lebhaft und engagiert haben geschätzt knapp 150 Ukrainerinnen – ein paar Männer und einige Kinder waren auch gekommen – am Dienstag im MartinLuther-Haus die Gelegenheit genutzt, Antworten aus erster Hand zu bekommen.
Der Informationsabend wurde veranstaltet vom Heuberger Boten. Redaktionsleiterin Regina Braungart freute sich bei der Begrüßung über die („für Deutschland eigentlich untypische“) spontane Zusage aus dem Landratsamt und von der evangelischen Kirchengemeinde, deren Diakonin Gritli Lücking, sie koordiniert auch die Aktivitäten der Spaichinger Flüchtlingshilfe seit 2015, ebenfalls zur Versammlung stieß.
Bei der seit Kriegsausbruch unermüdlich ihren Landsleuten helfenden Spaichingerin Iryna Kaehler waren nach der gut besuchten Veranstaltung in der Stadthalle, als sich Arbeitgeber und Arbeitsinteressierte trafen, jede Menge Fragen eingegangen. Dazu kommt, dass ukrainische Geflüchtete der Wechsel der Zuständigkeit für Sozialleistungen vom Aufenthalts- und Integrationsamts hin zum Jobcenter beziehungsweise Sozialamt zum 1. Juni bevorsteht. Das bedeutet, dass die Leistungen für Erwachsene über 15 und unter 65 von dort ihre Zahlungen zum Lebensunterhalt, für Wohnung, Schulbus, Krankenkasse und anderes bekommen und je nach Möglichkeiten auch Hilfe zur Aufnahme einer Arbeit.
Wie sehr die Lage der Geflüchteten zwiegespalten ist, und wie oft das Jobcenter pragmatische Lösungen anstrebt, zeigte sich gerade zum Beispiel in der Frage des Besitzes in der Ukraine. Alles was über 60 000 Euro an Vermögen für eine Person existiert, jede weitere Person 30 000 Euro, muss angegeben werden. Eine Wohnung oder ein Haus, das morgen schon zerbombt sein könnte? Natürlich könne man hier nicht davon ausgehen, dass auf dieses Vermögen zugegriffen werden könne, sagte der Leiter des Jobcenters, Joachim Schwarzfischer, der über eineinhalb Stunden lang Frage um Frage beantwortete. Eine andere Frau fragte, wie es wirke, wenn sie als Selbstständige ihr kleines Unternehmen online versuche weiter zu führen, um ihren Angestellten wenigstens ein bisschen Verdienst zu ermöglichen, sie selbst aber nichts bekomme. Man zwinge sie natürlich nicht, ihre Firma zu schließen, um hier Unterstützung zum Lebensunterhalt zu bekommen.
Wer Sozialleistungen bekommt, muss auch jede Veränderung wie Wohnsitzwechsel, Abwesenheit und anderes vorab melden, bis zu drei Wochen Abwesenheit im Jahr wirke sich nicht auf die Leistungen aus, mehr wird entsprechend gekürzt. Meldungen müssen entweder persönlich oder per Festnetzanschluss mitgeteilt werden.
Schwarzfischer war mit seiner Stellvertreterin Linda Mellien gekommen. Im Anschluss informierte Sozialamtsleiter Fabian Biselli mit seiner Stellvertreterin Claudia Hagen über Möglichkeiten der Arbeit zum Beispiel in der Pflege, wo jetzt ein Kurs aufgelegt werden soll, der auch die deutsche Sprache vermittelt und anderes.
Der Leiter der GAST, der Registrierungsstelle in Tuttlingen, Bengt Krezer, ergänzte zum Schluss Informationen zum Sozialen und gab den Geflüchteten eine Telefonnummer und eine Emailadresse mit für Anliegen, die jenseits der finanziellen Fragen liegen. Das Integrationsmanagement des Landkreises unterstützt – wie die Integrationsmanager der Gemeinden wie etwa in Aldingen und Spaichingen, im Bereich Arbeit, Bildung und Schule, Gesundheit, Wohnen und Mobilität. Außerdem wurde ein Termin mittwochs zwischen 9 und 12 Uhr im Insel-Café in der Selbsthilfekontaktstelle, Oberamteistraße 17 in Tuttlingen für ukrainische Frauen eingerichtet. Hier sollen sie sich austauschen können und Unterstützung bekommen.
Um die Arbeitsstellen müssen sich die Frauen in der Regel selbst kümmern, es gibt aber Arbeitsvermittler, die Gespräche anbieten und Vorschläge machen.