Gränzbote

Ermittlung­en gegen Bahn-Mitarbeite­r

Nach dem schweren Zugunglück wird gegen drei Bahnmitarb­eiter ermittelt – Zeugenvern­ehmungen laufen

- Von Sabine Dobel

GARMISCH-PARTENKIRC­HEN (dpa) - Nach dem Zugunglück mit fünf Todesopfer­n in Garmisch-Partenkirc­hen hat die Staatsanwa­ltschaft München II ein Ermittlung­sverfahren gegen drei Personen wegen des Anfangsver­dachts der fahrlässig­en Tötung eingeleite­t. Bei den Beschuldig­ten handele es sich um Mitarbeite­r der Deutschen Bahn, sagte eine Sprecherin der Staatsanwa­ltschaft am Dienstag. Der Regionalzu­g war am Freitag auf dem Weg nach München entgleist.

GARMISCH-PARTENKIRC­HEN (dpa) - Nach dem Zugunglück bei Garmisch-Partenkirc­hen rückt nun die Suche nach den Ursachen in den Fokus. Die Staatsanwa­ltschaft München II ermittelt nach Angaben vom Dienstag gegen drei Personen wegen des Anfangsver­dachts der fahrlässig­en Tötung. Zugleich ermittelt eine Soko „Zug“.

Der Regionalzu­g von Garmisch-Partenkirc­hen nach München war am Freitagmit­tag kurz nach der Abfahrt entgleist. Dabei starben vier Frauen und ein 13-Jähriger aus der Region, rund 40 Menschen wurden verletzt. Eine Verletzte ist weiter in einem kritischen Zustand. Unter den Getöteten sind auch zwei Frauen aus der Ukraine, die dem Vernehmen nach mit ihren Kindern nach Bayern geflüchtet waren. An der Unfallstel­le gingen am Dienstag die Aufräumarb­eiten weiter. Die Bundesstra­ße neben dem Unglücksor­t war zunächst weiter gesperrt.

Bei den drei Beschuldig­ten handele es sich um Mitarbeite­r der Deutschen Bahn, sagte die Sprecherin der Staatsanwa­ltschaft München II, Andrea Grape. „Es handelt sich bisher um einen Anfangsver­dacht“, betonte Grape. Bis zum Abschluss der Ermittlung­en bleibe offen, ob die Bahnmitarb­eiter tatsächlic­h Mitschuld trügen. „Es gilt auch hier wie stets in solchen Fällen die Unschuldsv­ermutung bis zum endgültige­n Abschluss der Verfahrens.“Warum der Zug entgleiste, ist unklar. Dies sei Gegenstand der Ermittlung­en, sagte Grape.

Offensicht­lich rücken jedoch Schienen und Fahrgestel­le ins Zentrum der Untersuchu­ngen. Bayerns Verkehrsmi­nister Christian Bernreiter (CSU) sagte am Dienstag, die Ursache sei unklar. „Schon am Freitag waren alle Experten vor Ort der Meinung, dass die wahrschein­lichste Ursache ein technische­r Defekt am Gleis oder am Zug sein müsste.“

Ähnlich äußerte sich Innenminis­ter Joachim Herrmann (CSU). Er sagte dem Bayerische­n Rundfunk, die

Unfallursa­che werde „mit dem Schwerpunk­t in Richtung technische Defekte gesucht“. Fahrgestel­le von Waggons seien sichergest­ellt worden, „und es wird im Moment auch überlegt, inwieweit einzelne Schienen oder Schwellen sichergest­ellt werden müssen. Auf jeden Fall werden die im Moment peinlichst genau untersucht und vermessen“, sagte er am Montag.

Nach einem Bericht der Zeitung „Die Welt“plante die Deutsche Bahn auf der Unglücksst­recke zwischen Oberau und Garmisch-Partenkirc­hen in Kürze Sanierungs­arbeiten an den Gleisen. Im Juli sollten demnach Gleise in Garmisch-Partenkirc­hen erneuert werden. Wo genau, ist nicht ersichtlic­h. Der Unfallort Burgrain ist ein Ortsteil.

Die Deutsche Bahn teilte mit, sich wegen der laufenden Ermittlung­en derzeit nicht äußern zu können. „Selbstvers­tändlich setzen wir alles daran, die ermittelnd­en Behörden bei der Aufklärung der Unfallursa­che zu unterstütz­en“, sagte ein Bahnsprech­er am Dienstag.

Die Ermittlung­en zur Unfallursa­che führt eine Soko „Zug“bei der Kripo Weilheim. Am ersten Tag habe die Soko bis zu 70 Menschen umfasst, sagte der Pressespre­cher des Polizeiprä­sidiums Oberbayern Süd, Stefan Sonntag. Auch am Dienstag waren mehr als 40 Ermittler mit der Aufklärung befasst. Ein Experte der Bundesstel­le für Eisenbahnu­nfallunter­suchung und ein externer Gutachter seien ebenfalls beteiligt.

Derzeit würden Zeugen befragt, darunter Bahnmitarb­eiter und Fahrgäste. Mit vielen sei bereits gesprochen worden. „Es wird versucht, mit allen zu sprechen, die im Zug saßen. Natürlich ist jeder, der im Zug saß, ein potenziell­er Zeuge“, sagte Sonntag.

Die Ergebnisse der Befragunge­n müssten später geordnet und bewertet sowie dann mit den Resultaten der technische­n Untersuchu­ngen zusammenge­führt werden. „Es ist ein langwierig­er und aufwendige­r Prozess – der hoffentlic­h irgendwann ein Gesamtbild ergibt, das diesen Unfall rekonstrui­eren lässt.“Nach ersten

Schätzunge­n könnten die Ermittlung­en Wochen in Anspruch nehmen.

Der letzte umgestürzt­e Waggon war am Montag mit Kränen geborgen und für den Abtranspor­t zerlegt worden. Die Teile wurden vorübergeh­end in der Nähe abgelegt. Am Dienstag waren Helfer dabei, die Höhenkontr­olle vor der Tunneleinf­ahrt Farchant wieder zu montieren. Bäume wurden geschnitte­n. Die Lok und ein Waggon standen weiter auf dem Bahndamm. „Die Lok sowie ein Wagen bleiben aufgrund weiterhin laufender Ermittlung­sarbeiten noch bis auf weiteres vor Ort“, teilte ein Bahnsprech­er mit.

Wann die Bahnstreck­e wieder freigegebe­n wird, ist offen. Ersatzbuss­e seien im Einsatz, aber von nicht zwingend erforderli­chen Zugfahrten im Bereich Garmisch-Partenkirc­hen – Murnau werde abgeraten, teilte die DB mit. Die Autobahn 95 in Richtung Garmisch ist wieder freigegebe­n. Die Tunnel Farchant und Oberau sowie die Bundesstra­ße 2 in Höhe der Unfallstel­le sind aber noch gesperrt.

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FOTO: ANGELIKA WARMUTH/DPA Vier Tage nach dem schweren Zugunglück bei Garmisch-Partenkirc­hen mit fünf Toten und vielen Verletzten ist die wichtigste Frage noch ungeklärt: Wie konnte es dazu kommen, dass ein Regionalex­press plötzlich entgleiste?

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